Z Orthop Unfall 2010; 148(3): 264
DOI: 10.1055/s-0030-1255499
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Lumbale Spinalkanalstenose - Verbessert ein interspinöser Spreizer die Ergebnisse der Dekompressionschirurgie?

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Publication Date:
21 June 2010 (online)

 
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Zahlreiche interspinöse Spreizer werden als Alternative und Ergänzung zur konventionellen Chirurgie der symptomatischen Lumbalkanalstenose angeboten. Der interspinöse Spreizer "Coflex TM" wurde weltweit mehr als 14000-mal implantiert. Ziel der Studie war es, die Ergebnisse der alleinigen Dekompression mit den Ergebnissen der Dekompression und einer zusätzlichen "Coflex"-Implantation zu vergleichen. Dies sind 1-Jahres-Ergebnisse einer prospektiven Studie von 60 Patienten.

Does an interspinous device (Coflex) improve the outcome of decompressive surgery in lumbar spinal stenosis? One-year follow up of a prospective case control study of 60 patients. Eur Spine J 2010;19:283–289.

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Material und Methoden

60 Patienten des Wirbelsäulenzentrums des Klinikum Neustadt, Holstein mit mono- oder bisegmentaler Dekompression wurden in die Studie eingeschlossen. In Gruppe 1 wurden 30 Patienten nur dekomprimiert, in Gruppe 2 wurden 30 Patienten mit Dekompression und zusätzlicher "Coflex"-Implantation behandelt (Abb. [1]). Prä- und postoperativ wurden der Oswestry Disability Index (ODI), der Roland-Morris Score (RMS), die VAS-Schmerzskala und die schmerzfreie Gehstrecke (GS) erhoben. Postoperative Kontrollen wurden nach 3, 6 und 12 Monaten durchgeführt.

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Abb. 1 Interspinöser "Coflex"-Spreizer bei Lumbalkanalstenose L4/5 (Bild: Chirurgische Klinik und Poliklinik der Universität Rostock).

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Ergebnisse

In beiden Gruppen fanden sich zu allen Nachuntersuchungsterminen signifikante Verbesserung (p<0,001) des ODI, des RMS, der VAS-Schmerzskala und der Gehstrecke. Nach einem Jahr fanden sich keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen bez. aller untersuchten Parameter, einschließlich der Patientenzufriedenheit. Ein relevanter Beleg für die Wirksamkeit des interspinösen Spreizers "Coflex TM" konnte durch die Studie nicht erbracht werden. Die Autoren halten daher randomisierte kontrollierte Studien für notwendig, um die exakte Indikation für interspinöse Spreizer zu definieren.

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Kommentar

Die symptomatische therapieresistente lumbale Spinalkanalstenose stellt eine gesicherte Indikation zur operativen Dekompression dar. Ziel ist eine optimale Dekompression und der Erhalt bzw. die Wiederherstellung der Segmentstabilität. Interspinöse Implantate versprechen im Rahmen der Non-Fusion-Technik eine Reduktion des intradiskalen Druckes, die Entlastung der Facettengelenke, Straffung der Ligamente und eine Erweiterung der Neuroforamina und des Spinalkanals. Durch die zitierte Studie, die nach Angaben der Autoren die weltweit erste publizierte prospektiv kontrollierte vergleichende Untersuchung ist, konnte kein Benefit der zusätzlichen Spreizerimplantation nachgewiesen werden.

Die Studie weist durch den kurzen Nachuntersuchungszeitraum, die fehlende Randomisierung und die Patientenzahl gewisse Schwachpunkte auf. Sie verdeutlicht aber sehr gut die Problematik, dass bisher harte medizinische Daten, die einen Vorteil der interspinösen Spreizer belegen, fehlen.

Dr. med. Markus Beck

Dr. med. Markus Beck
Chirurgische Klinik und Poliklinik der Universität Rostock, Abt. für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie

Email: markus.beck@med.uni-rostock.de

 
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Abb. 1 Interspinöser "Coflex"-Spreizer bei Lumbalkanalstenose L4/5 (Bild: Chirurgische Klinik und Poliklinik der Universität Rostock).