Fallbericht
Der 67 Jahre alte Patient wurde uns zur Evaluierung einer paratracheal rechts gelegenen
Raumforderung zugewiesen. Vor mehreren Monaten hatte der Patient einen Verkehrsunfall
erlitten. Im Rahmen der sich anschließenden Diagnostik wurde ein Röntgenbild des Thorax
angefertigt. Hier zeigte sich ein kleiner Rundherd im rechten Oberlappen sowie Hinweise
für eine mediastinale Lymphknotenvergrößerung. Das daraufhin angefertigte Thorax-CT
erbrachte einen auf 24 × 31 mm vergrößerten paratracheal rechts gelegenen Lymphknoten
sowie zwei kleine in direkter Nachbarschaft gelegene Lymphknoten. Der nativradiologisch
dargestellte Rundherd kam als 6 mm durchmessender verkalkter Befund zur Darstellung
und wurde als nicht malignitätsverdächtig eingestuft ([Abb. 1]). Ein Abdomen-CT dokumentierte einen Normalbefund.
Abb. 1 TCT mit Darstellung des vergrößerten Lymphknotens paratracheal rechts.
Vor 19 Jahren war ein Hypernephrom mittels einer linksseitigen Nephrektomie behandelt
worden. Der Patient hatte eine bekannte Koronarsklerose und nahm Nitroglycerin bei
Bedarf. Er hatte bis vor 25 Jahren geraucht und 10 pack years akkumuliert. Er befand
sich subjektiv in seinem gewohnten Gesundheitszustand und war normal belastbar. Außer
einem intermittierend auftretenden trockenen Husten bestanden keine Symptome. Insbesondere
Schmerzen, Dyspnoe, Gewichtsverlust, Fieber und Nachtschweiß wurden verneint.
Bei der Untersuchung bot sich ein wacher, voll orientierter Patient in gutem Allgemeinzustand
mit mäßiger Adipositas (109 kg bei 171 cm Körpergröße). Die Vitalparameter waren unauffällig.
Die körperliche Untersuchung erbrachte Normalbefunde, insbesondere war die Schilddrüse
normal tastbar. Sämtliche Lymphknotenstationen waren palpatorisch unauffällig.
Die Laboruntersuchungen erbrachten Normalwerte für Hämoglobin, Leukozyten, Thrombozyten,
Gerinnungsstatus und Elektrolyte. Das Kreatinin war mit 1,2 mg/dl (Normwert unter
1,1) leicht erhöht; die glomeruläre Filtrationsrate auf 58,5 ml/min (Normwert 80 – 140)
leicht vermindert. Das CRP betrug 16,7 mg/l (Normwert < 5). Das Urinsediment war unauffällig.
Die Spirometrie, arterielle Blutgasanalyse und das EKG erbrachten jeweils Normalbefunde.
Wir führten eine endobronchiale Ultraschalluntersuchung durch. Das Bronchialsystem
stellte sich unauffällig dar; insbesondere fand sich kein endoluminaler Tumorbefund.
Der beschriebene suspekte Lymphknoten wurde auf Höhe der Azygosvene lokalisiert und
mit einer Größe von 30 × 25 mm gemessen. Es erfolgten zwei transbronchiale Feinnadelaspirationen
unter direkter sonografischer Sicht. Die zytologische Aufarbeitung des Untersuchungsmaterials
erbrachte Zellen eines Nierenzellkarzinoms ([Abb. 2]).
Abb. 2 Zytologie mit Darstellung von Zellen eines Nierenzellkarzinoms.
Der Patient wurde einer Strahlentherapie unter Einschluss der Lymphknotenmetastase
und der beiden benachbarten Lymphknoten in das Bestrahlungsfeld unterzogen. Über 20
Tage wurde eine kumulative Dosis von 50,4 Gray gegeben. Die Therapie wurde ohne nennenswerte
Nebenwirkungen vertragen. Das 8 Wochen später angefertigte TCT ergab eine Stable Disease.
Daten für ein operatives Vorgehen nach erfolgter Radiatio liegen international nicht
vor, daher wurde der Patient in die Verlaufskontrolle übernommen. 3 Monate später
befand sich der Patient weiter in gutem Allgemeinzustand und bot keine Symptomatik.
Das Verlaufs-CT zeigte mediastinal weiterhin eine stabile Situation. Neu aufgetreten
war ein beidseits paramediastinales Infiltrat, das gut mit einer Strahlenpneumonitis
vereinbar war. Das ACT dokumentierte jedoch 2 osteolytische Metastasen (5 × 8 mm linkes
Darmbein und 13 × 13 mm im LWK 5). Aktuell wird eine zielgerichtete Therapie mit Sunitinib
durchgeführt.
Diskussion
Vergrößerte mediastinale Lymphknoten ohne einen erkennbaren Primärtumor können eine
diagnostische Herausforderung darstellen. Die Differenzialdiagnostik umfasst entzündliche
Prozesse wie eine Pneumonie, Tuberkulose und die Sarkoidose. Unter den malignen Tumoren
verdienen Lymphome (sowohl Hodgkin- als auch Non-Hodgkin-Lymphome) besondere Beachtung.
Eine von einem extrathorakalen Tumor ausgehende Metastasierung muss ebenfalls berücksichtigt
werden. Häufig vorliegende Primärtumoren sind hierbei das Magenkarzinom, Kolonkarzinom,
Mammakarzinom sowie weitere gynäkologische Tumoren, das Melanom und das Nierenzellkarzinom.
Das CT unseres Patienten zeigte lediglich einen vergrößerten paratrachealen Lymphknoten.
Es bot sich kein Anhalt für ein Lokalrezidiv im Resektionsbereich der linken Niere;
die erhaltene rechte Niere stellte sich ebenfalls unauffällig dar. In der Ära vor
Verfügbarkeit des endobronchialen Ultraschalls war die Mediastinoskopie die einzige
verfügbare diagnostische Methode bei suspekten hoch-paratrachealen Befunden. Wir konnten
die Diagnose mittels einer minimal-invasiven Technik mit einer äußerst geringen Komplikationsrate
sichern [1].
Patienten mit einem Nierenzellkarzinom erleiden ein Tumorrezidiv üblicherweise in
den ersten 5 Jahren nach Behandlung des Primärtumors. Ein progressionsfreies Überleben
von mehr als 15 Jahren ist ungewöhnlich [2]
[3]. In der internationalen Literatur finden sich vereinzelt Arbeiten über spät-rezidivierende
Fälle eines Nierenzellkarzinoms, meistens mit Auftreten einer pulmonalen Metastasierung
[4]
[5]
[6]. Die chirurgische Resektion wird – zumindest bei Vorliegen singulärer Metastasen
– als effektivster Behandlungsansatz angesehen. Es lassen sich hier 5-Jahres-Überlebensraten
von 21 – 60 % erzielen [7]
[8]
[9]. Mittels einer systemischen zielgerichteten Therapie mit Sunitinib, einem kleinen
Molekül, das multiple Thyrosinkinasen inhibitiert, können mediane Überlebenszeiten
von 26,4 Monaten erzielt werden. Unter Gabe von Interferon-alpha liegt das mittlere
Überleben bei 21,8 Monaten. Die Interferongabe ist jedoch mit einer erheblich höheren
Nebenwirkungsrate verbunden [10].