Aktuelle Dermatologie 2011; 37(10): 360-362
DOI: 10.1055/s-0030-1256719
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Mollusken im Erwachsenenalter

Mollusca contagiosa in AdulthoodA.  Rudolph1 , T.  William1 , D.  Demmler1 , E.  L.  Marcus1 , C.  Resch1 , M.  Fischer1
  • 1Klinik für Dermatologie und Venerologie, HELIOS-Klinikum Aue
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Dr. Andreas Rudolph

Klinik für Dermatologie und Venerologie
HELIOS-Klinikum Aue

Gartenstraße 6
08280 Aue

Email: andreas.rudolph@helios-kliniken.de

Publication History

Publication Date:
29 August 2011 (online)

Table of Contents #

Zusammenfassung

Mollusca contagiosa sind eine häufige Infektionskrankheit durch das Molluscipoxvirus, die vor allem Kleinkinder und Jugendliche mit atopischer Dermatitis betrifft. Im Erwachsenenalter sind Mollusken dagegen selten und oft ein Hinweis auf eine Immunsuppression. Wir berichten über fünf Patienten im Alter zwischen 49 und 83 Jahren, bei denen sich am Stamm und im Gesicht multiple, hautfarbene, gedellte Papeln entwickelten, die histologisch jeweils als Mollusken gesichert werden konnten. Bei wenigstens drei der Patienten bestand eine klinisch relevante Immunsuppression.

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Abstract

Mollusca contagiosa is a common infectious disease caused by Molluscipox virus, which primarily affects small children and adolescents with atopic dermatitis. In adulthood, molluscum is rare and often a sign of immunosuppression. We are reporting on five patients between 49 and 83 years of age in whom multiple, skin-colored, pitted papulae developed on the trunk and face. These could be confirmed histologically as molluscum. Clinically-relevant immunosuppression was present in at least three of the patients.

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Einleitung

Mollusca contagiosa sind im Kindes- und Kleinkindalter eine weit verbreitete, gutartige Infektionskrankheit durch das Molluscipoxvirus, die vor allem bei Patienten mit gestörter Hautbarriere (z. B. Atopische Dermatitis) auftritt [1]. Im Erwachsenenalter hingegen sind Mollusken seltener. Nur etwa 10 % aller Erkrankungsfälle treten jenseits des 15. Lebensjahres auf [2]. Allerdings zeigte sich gerade in dieser Altersgruppe in den USA zwischen 1966 und 1983 eine Verzehnfachung der Behandlungsfälle [3].

Im Erwachsenenalter treten Mollusken überwiegend bei gesunden Personen im Genitalbereich auf und werden dann als sexuell übertragene Erkrankung gewertet [1]. Ein extragenitaler Befall kann hingegen auf eine Immunsuppression hinweisen und bedarf daher unbedingt einer weiteren Abklärung [1]. Dies betrifft insbesondere klinisch atypische Fälle mit disseminierter oder atypischer Verteilung sowie ungewöhnlich großen oder ulzerierenden Mollusken [4]. Allerdings können auch klinisch weniger auffällige Formen von Mollusca contagiosa als Zeichen einer gestörten Immunantwort auftreten. Gleichwohl lässt sich nicht bei allen Patienten eine aktuelle Einschränkung der Immunabwehr nachweisen. Diese Variabilität der adulten Mollusca contagiosa soll anhand einer Fallserie von fünf Patienten dargestellt werden.

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Falldarstellung

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Patient 1

Bei dem 49-jährigen Patienten war seit sechs Jahren eine okuläre Form einer Myasthenia gravis bekannt. Seither erfolgte eine Therapie mit 50 mg Azathioprin täglich, ergänzt durch zeitweise Prednisolongaben. Zudem war vor vier Jahren ein Prostatakarzinom diagnostiziert worden. Seit sechs Monaten entwickelten sich zahlreiche erythematöse Knötchen und Knoten mit zentraler Delle am Unterbauch sowie an Penis, Skrotum und den Innenseiten der Oberschenkel. Nach histologischer Sicherung als Molluscum contagiosum wurden die übrigen Mollusken mittels Elektroschlinge und scharfem Löffel abgetragen. Ferner erfolgte der serologische Ausschluss einer HIV-Infektion. Das prostataspezifische Antigen lag im Normbereich.

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Patient 2

Der bei Diagnosestellung der Mollusken 70-jährige Patient mit Zustand nach nodulärem malignen Melanom am Rücken (Tumordicke: 2,2 mm; Clark Level IV) mit inguinaler Lymphknotenfilia rechts wurde anschließend mit einer adjuvanten Immuntherapie mit Interferon alpha-2b im Niedrigdosisschema über 18 Monate behandelt. Vier Jahre nach Erstdiagnose des Melanoms traten gedellte Papeln an der rechten Wange auf. Die Histologie nach den durchgeführten Exzisionsbiopsien bestätigte die klinische Verdachtsdiagnose von Mollusca contagiosa. Das übrige Integument war unauffällig. Nach Befundeingang erfolgte der serologische Ausschluss einer HIV-Infektion. Allerdings fanden sich in den nachfolgenden Staginguntersuchungen im Ultraschall und CT neu aufgetretene Lymphknotenmetastasen paraaortal und im Bereich der Iliakalgefäße rechts.

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Patient 3

Eine 78-jährige Patientin mit Zustand nach Mamma-Ca und adjuvanter Radiatio entwickelte nach etwa fünf Monaten ein Knötchen am Kinn, das exzidiert wurde und histologisch das Bild einer Dellwarze zeigte. Nach drei Monaten kam es zum erneuten Auftreten einer einzelnen Molluske am linken Augenlid ([Abb. 1]), die kürettiert und ebenfalls histologisch gesichert wurde. Die HIV-Serologie war negativ. In den durchgeführten Staginguntersuchungen ergab sich kein Anhalt für ein Rezidiv des Mammakarzinoms.

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Abb. 1 Molluscum contagiosum periorbital (Patient 3).

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Patient 4

Eine 83-jährige Patientin litt seit mehr als 20 Jahren an einer Rheumatoidarthritis. Eine immunsupprimierende Therapie mit Methotrexat wurde seit fünf Jahren verordnet. Die Patientin berichtete über das Aufschießen von zahlreichen hautfarbenen Papeln am Stamm sowie betont an den Extremitäten innerhalb eines halben Jahres. Es imponierte keine zentrale Eindellung. Es bestand ein ausgeprägter Juckreiz. Unter einer Lokalbehandlung mit einem kaliumhydroxidhaltigen Externum sahen wir die Rückbildung einzelner Papeln, aber auch die Entwicklung neuer Knötchen. Nach histologischer Sicherung wurden die Mollusken mittels scharfen Löffels entfernt. Nach einigen Wochen rezidivierten die Papeln mit jetzt stammbetontem Auftreten. Die erneute Kürettage führte zu einer vollständigen Abheilung.

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Patient 5

Ein 50-jähriger Patient wurde in der Klinik für Psychiatrie aufgrund einer generalisierten Angststörung bei paranoider Persönlichkeitsstruktur stationär behandelt. Weitere Erkrankungen oder eine immunsuppressive Medikation lagen nicht vor. Eine dermatologische Vorstellung erfolgte wegen eines juckenden Knötchens am rechten Ohrläppchen ([Abb. 2]), das übrige Integument war unauffällig. Die Exzision zur histologischen Sicherung wurde durchgeführt. Nebenbefundlich bestanden Ohrrhagaden mit Nachweis einer Lokalinfektion durch Candida albicans. Eine Atopische Dermatitis lag nicht vor. Nach Befundeingang erfolgte ein serologischer Ausschluss einer HIV-Infektion. Es ergab sich auch kein Hinweis auf eine sonstige immunsuppressive Erkrankung (Diabetes, orientierende Tumorsuche negativ).

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Abb. 2 Molluscum am Ohrläppchen (Pfeil) mit begleitender Candidainfektion (Patient 5).

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Diskussion

Mollusca contagiosa sind eine vorwiegend im Kindesalter auftretende Infektionskrankheit, wobei die Virusübertragung von Mensch zu Mensch oder durch Autoinokulation erfolgt. Eine gestörte Hautbarriere, insbesondere im Rahmen einer Atopischen Dermatitis, gilt als klassischer prädisponierender Faktor. Obwohl neuere Untersuchungen in Japan die Korrelation zwischen Atopischer Dermatitis und Mollusca contagiosa in Frage stellen [5], sprechen sowohl die klinische Erfahrung als auch andere Studien für eine Bedeutung des Atopischen Ekzems bei der Manifestation der Erkrankung [1].

Im Unterschied zum Kindesalter sind Mollusca contagiosa bei Erwachsenen wesentlich seltener, gleichzeitig aber wegen der möglichen Assoziation mit immunsuppressiven Erkrankungen von diagnostischer Bedeutung. Typische, mit adulten Mollusken assoziierte Erkrankungen sind eine HIV-Infektion, Tumorerkrankungen, Organtransplantationen, die Einnahme immunsuppressiver Medikamente sowie angeborene Immundefekte [1]. Klinisch geben ein extragenitaler Befall, ein eruptives Auftreten bei Erwachsenen ohne Barrierestörung und ungewöhnlich große Mollusken einen Hinweis auf eine Immunsuppression [4]. Insbesondere bei der HIV-Infektion ist das Auftreten von Mollusken als klinischer Marker für eine zunehmende Immunschwäche zu werten [6]. Neuere Untersuchungen deuten darauf hin, dass zumindest bei HIV-positiven Patienten ein Defizit an Th17-Zellen sowie den von dieser Zellpopulation freigesetzten Zytokinen IL-1beta, IL-6 und IL-23 für die Manifestation von Mollusca contagiosa bedeutsam sind [7].

Auch bei den hier vorgestellten Patienten war in drei Fällen eine eingeschränkte Immunantwort gegeben. Insbesondere bei Patient 2, bei dem das Auftreten der Mollusken mit einem Rezidiv der Tumorerkrankung assoziiert war, belegt die mögliche Markerfunktion von adulten Mollusken eine eingeschränkte Immunitätslage. In einem Fall (anamnestisch Mamma-Ca) war die aktuelle Immunsuppression fraglich. Nur bei Patient 5 war keine eingeschränkte Immunantwort nachweisbar, obwohl die parallel bestehende retroaurikuläre Candida-Infektion dies klinisch vermuten ließ. Auch in der Literatur sind immer wieder Fälle von Mollusca contagiosa im Erwachsenenalter ohne Immundefekt beschrieben [8], wobei konkrete Angaben zur Häufigkeit fehlen. Die Fahndung nach einem Immundefekt bleibt gleichwohl unerlässlich.

Neben der Markerfunktion für immunsuppressive Erkrankungen sind Mollusken im Erwachsenenalter nicht selten eine sexuell übertragbare Erkrankung [1]. Hierfür spricht insbesondere eine Manifestation im Genitalbereich sowie der perigenitalen Region. Zusätzlich scheinen aber auch Tätowierungen einen Übertragungsweg darzustellen [9].

Differenzialdiagnostisch sind bei Mollusken im Erwachsenenalter Milien, Hidrozystome, Xanthome, Xanthelasmen, aber auch Syringome sowie plane und vulgäre Warzen auszuschließen [1].

Die Therapie der Mollusken besteht meist in der chirurgischen Abtragung mittels Excochleationen, Elektroschlinge, Kryotherapie oder ggf. Exzision. Medikamentös kann Kaliumhydroxid oder Imiquimod lokal angewendet werden [10]. Auch die Lasertherapie (CO2-Laser, Erbium-YAG-Laser, Farbstoff-Laser) sowie Vitamin A-Säure-haltige Cremes werden zur Behandlung eingesetzt. Allerdings konnte in einer Metaanalyse kein Vorteil einer Therapie gegenüber der Spontanheilung nachgewiesen werden [11]. Ein abwartendes Verhalten ist im Falle von adulten Mollusken im Unterschied zum Kindesalter aus unserer Sicht jedoch problematisch, da zumindest bei bestehender Immunsuppression eine Spontanheilung weniger wahrscheinlich ist.

Die vorgestellte Fallserie verdeutlicht, dass in Anbetracht der zunehmenden durchschnittlichen Lebenserwartung sowie der steigenden morbiditätsbedingten oder iatrogenen Immunsuppression auch im höheren Lebensalter mit dem Auftreten von Mollusca contagiosa gerechnet werden muss. Die klinische Ausprägung ist dabei sehr variabel.

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Literatur

  • 1 Skerlev M, Husar K, Sirotkovic-Skerlev M. Molluscum contagiosum. Von der pädiatrischen Dermatologie zur sexuell übertragbaren Infektion.  Hautarzt. 2009;  60 472-476
  • 2 Pannell R S, Fleming D M, Cross K W. The incidence of molluscum contagiosum, scabies and lichen planus.  Epidemiol Infect. 2005;  133 985-991
  • 3 Plantin P. Molluscums contagiosums.  Arch Pediatr. 2007;  14 1157-1159
  • 4 Smith K J, Yeager J, Skelton H. Molluscum contagiosum: its clinical, histopathologic, and immunohistochemical spectrum.  Int J Dermatol. 1999;  38 664-672
  • 5 Hayashida S, Furusho N, Uchi H et al. Are lifetime prevalence of impetigo, molluscum and herpes infection really increased in children having atopic dermatitis?.  J Dermatol Sci. 2010;  60 173-178
  • 6 Gur I. The epidemiology of Molluscum contagiosum in HIV-seropositive patients: a unique entity or insignificant finding?.  Int J STD AIDS. 2008;  19 503-506
  • 7 Milner J D, Sandler N G, Douek D C. Th17 cells, Job's syndrome and HIV: opportunities for bacterial and fungal infections.  Curr Opin HIV AIDS. 2010;  5 179-183
  • 8 Luque Aranda R. Molluscum contagiosum in a patient with no risk factors.  Eur J Ophthalmol. 2006;  16 621-623
  • 9 De Giorgi V, Grazzini M, Lotti T. A three-dimensional tattoo: molluscum contagiosum.  CMAJ. 2010;  182 382
  • 10 Lin H Y, Linn G, Liu C B et al. An immunocompromised woman with severe molluscum contagiosum that responded well to topical imiquimod: a case report and literature review.  J Low Genit Tract Dis. 2010;  14 134-135
  • 11 van der Wouden J C, van der Sande R, van Suijlekom-Smit L W et al. Interventions for cutaneous molluscum contagiosum.  Cochrane Database Syst Rev. 2009;  4 CD004767

Dr. Andreas Rudolph

Klinik für Dermatologie und Venerologie
HELIOS-Klinikum Aue

Gartenstraße 6
08280 Aue

Email: andreas.rudolph@helios-kliniken.de

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Literatur

  • 1 Skerlev M, Husar K, Sirotkovic-Skerlev M. Molluscum contagiosum. Von der pädiatrischen Dermatologie zur sexuell übertragbaren Infektion.  Hautarzt. 2009;  60 472-476
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  • 8 Luque Aranda R. Molluscum contagiosum in a patient with no risk factors.  Eur J Ophthalmol. 2006;  16 621-623
  • 9 De Giorgi V, Grazzini M, Lotti T. A three-dimensional tattoo: molluscum contagiosum.  CMAJ. 2010;  182 382
  • 10 Lin H Y, Linn G, Liu C B et al. An immunocompromised woman with severe molluscum contagiosum that responded well to topical imiquimod: a case report and literature review.  J Low Genit Tract Dis. 2010;  14 134-135
  • 11 van der Wouden J C, van der Sande R, van Suijlekom-Smit L W et al. Interventions for cutaneous molluscum contagiosum.  Cochrane Database Syst Rev. 2009;  4 CD004767

Dr. Andreas Rudolph

Klinik für Dermatologie und Venerologie
HELIOS-Klinikum Aue

Gartenstraße 6
08280 Aue

Email: andreas.rudolph@helios-kliniken.de

Zoom Image

Abb. 1 Molluscum contagiosum periorbital (Patient 3).

Zoom Image

Abb. 2 Molluscum am Ohrläppchen (Pfeil) mit begleitender Candidainfektion (Patient 5).