Der Klinikarzt 2010; 39(5): 263
DOI: 10.1055/s-0030-1262377
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Erniedrigte Natriumspiegel – Tolvaptan korrigiert Hyponatriämien effektiv und sicher

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Publication Date:
12 July 2010 (online)

 
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Im Rahmen der Laborroutine bei Hospitalisierung werden bei 15-30 % der Patienten erniedrigte Natriumspiegel gemessen. Laut Prof. Johannes Hensen, Hannover, sind Plasma-Natriumspiegel unter 125 mmol/l als schwere Hyponatriämie definiert, bis 130 mmol/l als moderate und bis 135 mmol/l als leichte Hyponatriämie. "Die Symptome einer akuten Hyponatriämie, die seit weniger als 12 Stunden besteht, sind oft dramatisch mit Erbrechen, Krampfanfällen, Atemproblemen, Benommenheit oder Koma und einer Mortalität von 50 %", so Hensen. Aber auch eine chronische, seit mindestens 3 Tagen bestehende Hyponatriämie sei mit erhöhter Mortalität vor und nach Entlassung verbunden [1]. Ihre Symptome seien mit Kopfschmerzen, Übelkeit, Gewichtsabnahme, Muskelkrämpfen, Störungen von Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Antrieb, Gangunsicherheit und Stürzen allerdings eher unspezifisch.

Hensen warnte davor, die Auswirkungen einer Hyponatriämie zu unterschätzen und führte dies am Beispiel des erhöhten Risikos von Stürzen und Knochenbrüchen aus. So war in einer Studie bei 21,3 % der Patienten mit Hyponatriämie vs. 5,3 % der Patienten ohne Hyponatriämie ein Sturz Grund der Hospitalisierung [2]. In eine andere Untersuchung waren je 364 Patienten einer Notfallambulanz mit bzw. ohne Knochenbrüche eingeschlossen. Die Inzidenz einer Hyponatriämie war bei ersteren auf mehr als das Doppelte (9,1 vs. 4,1 %) erhöht [3]. In einer aktuellen retrospektiven Studie mit 1408 konsekutiven Patientinnen, deren Knochendichte gemessen wurde, erwies sich schon eine milde Hyponatriämie als ein unabhängiger Risikofaktor für Knochenbrüche [4].

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SIADH als Ursache der Hyponatriämie

"Eine häufige Ursache der Hyponatriämie ist das Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion, kurz SIADH", erklärte Prof. Joseph G. Verbalis, Washington D. C. (USA). "Die meisten Patienten mit SIADH haben unangemessen erhöhte ADH-Spiegel", so Verbalis. Die Osmolalität ihres Blutplasmas ist erniedrigt, im Harn dagegen sind Natriumausscheidung und Osmolalität erhöht. Das Serum-Kreatinin ist erniedrigt bis niedrig-normal. Ein SIADH trete häufig bei Patienten mit Erkrankungen der Lunge oder des Zentralnervensystems, mit Krebserkrankungen oder HIV-Infektion, nach Operationen oder bei Einnahme bestimmter Antidepressiva, Antiepileptika oder Schmerzmittel auf.

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Tolvaptan bindet stärker an den V2-Rezeptor

Die Wirkung von ADH oder Vasopressin kann durch ADH-Rezeptor-Antagonisten, die Vaptane, inhibiert werden. In Europa ist ausschließlich Tolvaptan (Samsca®) zur Therapie von Patienten mit Hyponatriämie aufgrund von SIADH zugelassen. Es bindet 1,8-mal stärker als ADH an den V2-Rezeptor. Tolvaptan erhöhte in der doppelblinden, randomisierten, placebokontrollierten Phase-III-Studie SALT-1 den Natriumspiegel der Patienten an Tag 4 und Tag 30 signifikant: von durchschnittlich 128,5 über 133,9 auf 135,7 mmol/l. In der Placebogruppe stiegen die Werte von 128,7 mmol/l lediglich auf 129,7 bzw. 131,0 mmol/l. Die vergleichbare Studie SALT-2 zeigte ähnliche Ergebnisse [5]. Und in der vierjährigen offenen Nachbeobachtungsphase beider Studien, SALTWATER, stabilisierte Tolvaptan den Natriumspiegel im Normbereich. "In allen Studien fiel der Natriumspiegel nach Absetzen rasch ab", betonte Verbalis.

Die Selektivität von Tolvaptan für den V2- Rezeptor ist nach Worten des amerikanischen Endokrinologen ein Vorteil für die Verträglichkeit: "Das in den USA zugelassene Conivaptan blockiert zusätzlich den V1a-Rezeptor, was zu einem Blutdruckabfall führen kann. Dies wird bei 4-8 % der Patienten beobachtet." Bei Tolvaptan sei die häufigste unerwünschte Wirkung Mundtrockenheit, so Verbalis.

Hensen warnte vor zu rascher Korrektur einer Hyponatriämie, um ein Demyelinisierungssyndrom zu vermeiden: "Der Natriumspiegel im Plasma sollte um höchstens 10-12 mmol/l in 24 Stunden sowie um höchstens 18 mmol/l in 48 Stunden erhöht werden." Serum-Natriumspiegel und Volumenstatus der Patienten müssten zu Therapiebeginn regelmäßig kontrolliert werden, deshalb müsse die Einleitung der Behandlung trotz der oralen Darreichungsform von Tolvaptan als Tablette immer im Krankenhaus erfolgen.

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Hyponatriämie-Patienten können von Tolvaptan profitieren

Verbalis präsentierte abschließend einen Therapiealgorithmus für Patienten mit euvolämischer Hyponatriämie aufgrund SIADH: "Bei schweren Symptomen wie Erbrechen, Krampfanfällen, Atemproblemen oder Koma wird mit hypertoner, also 3 %iger, Kochsalzlösung behandelt, eventuell gefolgt von Wasserrestriktion und Gabe eines ADH-Rezeptorblockers, wenn die akute Symptomatik beseitigt ist", erklärte er. "Bei moderaten Symptomen wie Übelkeit, Verwirrung, Desorientierung und verändertem Mentalstatus kann mit ADH-Rezeptorblockern oder hypertoner Kochsalzlösung begonnen werden, gefolgt von Wasserrestriktion." Bei leichten Symptomen wie Kopfschmerz, Konzentrations- und depressiven Affektstörungen könne eine Einschränkung der Flüssigkeitsaufnahme versucht werden. Die Gabe eines ADH-Rezeptorblockers sei hier aber gegebenenfalls indiziert bei Patienten mit Gangunsicherheit und/oder hohem Frakturrisiko oder wenn eine Einschränkung der Flüssigkeitsaufnahme wirkungslos war oder nicht toleriert wurde.

Simone Reisdorf, Erfurt-Linderbach

Mit freundlicher Unterstützung von Otsuka Pharma GmbH, Frankfurt a. M.

Quelle: Symposium "Hyponatraemia secondary to SIADH - New Therapy Options" am 04. März 2010 in Leipzig im Rahmen des 53. Symposions der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie und der Jahrestagung der Slowakischen Gesellschaft für Endokrinologie. Veranstalter: Otsuka Pharma GmbH, Frankfurt a. M.

Die Autorin ist freie Journalistin

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Literatur

  • 01 Waikar S S, et al . Am J Medicine. 2009;  122 857-865
  • 02 Renneboog B , et al . Am J Medicine. 2006;  119 71.e1-8
  • 03 Sandhu H S, et al . Int Urol Nephrol. 2009;  41 733-737
  • 04 Kinsella S , et al . Clin J Am Soc Nephrol. 2010;  5 275-280
  • 05 Schrier R W, et al . N Engl J Med. 2006;  355 2099-2112
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Literatur

  • 01 Waikar S S, et al . Am J Medicine. 2009;  122 857-865
  • 02 Renneboog B , et al . Am J Medicine. 2006;  119 71.e1-8
  • 03 Sandhu H S, et al . Int Urol Nephrol. 2009;  41 733-737
  • 04 Kinsella S , et al . Clin J Am Soc Nephrol. 2010;  5 275-280
  • 05 Schrier R W, et al . N Engl J Med. 2006;  355 2099-2112