Pneumologie 2010; 64(8): 462
DOI: 10.1055/s-0030-1263036
Pneumo-Fokus

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Tuberkulose – Passivrauchen ist Risikofaktor

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Publication Date:
05 August 2010 (online)

 
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In den letzten Jahren konnte gezeigt werden, dass Rauchen das Risiko für eine Tuberkulose erhöht. Unklar war bisher, ob ein solcher Zusammenhang auch für das Passivrauchen gilt. C. C. Leung et al. von der Universität Hong Kong sind dieser Frage nun nachgegangen. Arch Intern Med 2010; 170: 287–292

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Auch passives Rauchen kann zu Tuberkulose führen (Bild: pixelio/Thorsten Freyer).

Für ihre Studie nutzten die Autoren die Datenbank eines Gesundheitsdienstleisters für ältere Menschen in Hong Kong. In die retrospektive Analyse gingen Personen ein, die zwischen Januar 2000 und Dezember 2003 in die Datenbank aufgenommen worden waren. Neben demografischen Angaben waren im Rahmen der Aufnahme auch Lebensstilfaktoren wie Nikotin- und Alkoholkonsum erfasst worden, wobei gezielt die Frage nach einer Exposition gegenüber Passivrauch gestellt wurde. Diese Daten glichen die Autoren mit einem hongkongweiten Tuberkuloseregister und einem Sterberegister ab. Alle Teilnehmer waren dabei eindeutig durch die Nummer ihres Personalausweises identifizierbar. Der Beobachtungszeitraum erstreckte sich bis Ende Dezember 2008.

Insgesamt gingen in die Analyse 15 486 Frauen im Alter zwischen 65 und 74 Jahren ein, die nie in ihrem Leben geraucht hatten und mit ihrem Ehemann zusammenlebten. 3799 von ihnen (24,5 %) waren Passivrauch ausgesetzt. Im Beobachtungszeitraum traten 114 Fälle einer aktiven Tuberkulose auf, davon 83 (70,9 %) mit ausschließlicher Lungenbeteiligung, 24 (20,5 %) mit ausschließlich extrapulmonaler Manifestation und 10 (8,5 %) Mischformen. Insgesamt 69 Fälle (59 %) wurden durch eine Kultur bestätigt, der Rest anhand des klinischen Verlaufs. Passivrauchen war eingangs unabhängig mit einer obstruktiven Lungenerkrankung (Odds Ratio [OR] 1,43) und einem Diabetes mellitus (OR 1,13) assoziiert. In der Nachbeobachtungszeit zeigte sich zudem nach Anpassung an mögliche Störfaktoren eine Korrelation mit der Entwicklung einer aktiven (relatives Risiko [RR] 1,49) und einer kulturbestätigten Tuberkulose (RR 1,70). Passivrauchen trug in 13,7 % der Fälle zu einer aktiven und in 18,5 % der Fälle zu einer kulturbestätigten Tuberkulose bei.

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Fazit

Ähnlich wie aktives Rauchen prädisponiert auch die passive Exposition gegenüber Tabakrauch im Haushalt zur Entwicklung einer Tuberkulose. Nationale Tuberkuloseprogramme sollten diese Erkenntnis berücksichtigen, so die Autoren.

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Kommentar zur Studie

Nach den Worten von N. L. Benowitz haben diese Ergebnisse für das öffentliche Gesundheitswesen vielfältige Konsequenzen. So müssten alle Länder ein umfassendes Rauchverbot in der Öffentlichkeit aussprechen. Weiterhin seien ausführliche Informationen der Bevölkerung über die Gefahren des Passivrauchens nötig sowie über die Wichtigkeit eines freiwilligen Nikotinverzichts in Wohnungen und Fahrzeugen. Für Ärzte sei es geboten, Patienten routinemäßig nach Passivrauchen zu befragen und betroffene Personen zu ihren Gesundheitsrisiken zu beraten. Die vorliegende Studie zeigt nach seiner Ansicht auch, dass das Problem des Passivrauchens vor allem Frauen in weniger entwickelten Ländern betrifft.

Arch Intern Med 2010: 170: 289–291

Dr. Johannes Weiß, Bad Kissingen

 
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Auch passives Rauchen kann zu Tuberkulose führen (Bild: pixelio/Thorsten Freyer).