ZWR - Das Deutsche Zahnärzteblatt 2010; 119(7/08): 374-375
DOI: 10.1055/s-0030-1263242
Colloquium

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York

Digitale Röntgendiagnostik - Auswahl intelligenter Software für eine sichere Diagnose

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Korrespondenzadresse

Dr. Christian Ehrensberger

Zum Gipelhof 8

60594 Frankfurt am Main

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Publication Date:
19 August 2010 (online)

 
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Viele Vorteile sprechen für die digitale Röntgendiagnostik, die sich dementsprechend auch sehr schnell etabliert hat. Neue technische Entwicklungen ermöglichen hochaufgelöste Aufnahmen. Um das volle Potenzial dieser Technik auszuschöpfen, bedarf es jedoch zusätzlich einer leistungsfähigen Software, die aus den primär erzeugten Rohdaten auf die Diagnose abgestimmte Bilddarstellungen erzeugt. Der folgende Text beschreibt, wie eine Software die Diagnose wirksam unterstützen kann.

Grundsätzlich ist eine sichere und genaue Diagnose von mehreren Faktoren abhängig: von einem geschulten Blick und medizinischer Erfahrung, aber auch von einem guten und optimal eingestellten Monitor und nicht zuletzt von der aussagekräftigen Darstellung der erfassten Informationen mittels einer leistungsstarken Röntgen-Software. Sie muss allerdings bei der gesamten Verarbeitung von den Rohdaten bis zum diagnosefähigen Bild "dental denken". Die Basis dafür bilden bestimmte mathematische Algorithmen, wie z. B. die Fourier-Transformation. In der Praxis ist es mitunter hilfreich, eine Vorstellung von diesen Grundlagen zu gewinnen - ohne deshalb gleich das theoretische Niveau eines Mathematikers erreichen zu müssen. Wie also wird Software "fit für dental", und wie schöpft der Zahnarzt dies für seine Diagnose optimal aus?

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Funktionsweise der intelligenten Software

Software hat die Aufgabe, die erfassten Daten so zu verarbeiten und darzustellen, dass der behandelnde Arzt möglichst auf einen Blick die für seine Diagnose wichtigen Informationen klar und deutlich sieht. In vielen wissenschaftlichen Programmen spielen dabei Filterfunktionen eine wichtige Rolle. Sie blenden unnötige Informationen aus und heben wesentliche Strukturen oder Details hervor. Eine gute Röntgen-Software für den Zahnarzt stellt deshalb Filter für unterschiedliche Zwecke zur Verfügung und hebt auf dem Monitor speziell die Strukturen hervor, die für die jeweilige diagnostische Fragestellung relevant sind [1].

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Abb. 1 Mathematische Kontrastschärfung durch Fast-Fourier-Transformation: Feinstrukturen mit Dimensionen zwischen 0,05 und 0,7 mm (für den Filter 1) oder zwischen 0,1 und 0,7 mm (für den Filter 2) werden im Kontrast geschärft. Anschaulich gesprochen ist dies genau der "Berg", den die Transferfunktion formt.

Digitale Röntgenaufnahmen beinhalten eine immense Menge von Daten: Moderne Speicherfolienscanner erzeugen beispielsweise Primärdaten mit 16 bit oder 65 536 Graustufen. Das menschliche Auge wäre schon mit einem Bruchteil davon restlos überfordert. Dennoch ist die Fülle an Information nutzbar, wobei es allerdings auf die richtige Verarbeitung und bildliche Aufbereitung ankommt.

Dazu bedient sich "intelligente" Software (z. B. die Imaging-Software DBSWIN, Dürr Dental) spezieller mathematischer Algorithmen und fasst diese zu Filtern zusammen. Bei der digitalen Verarbeitung von Bilddaten spielt die sogenannte Fast-Fourier-Transformation eine zentrale Rolle [2]. Sie macht periodisch wiederkehrende Funktionen sichtbar und wird sehr häufig als Hilfsmittel für strukturelle Analysen jeder Art genutzt.

Bei der Fast-Fourier-Transformation wird ein Signal in seine Bestandteile, d. h. seine verschiedenen Frequenzen, zerlegt. Man kann sich das als ein Paket von vielen Frequenzfiltern gleicher Bandbreite und gleichen Abstands vorstellen. Jeder einzelne Filter wirkt dabei wie ein Rauschunterdrücker. Da aber das Rauschen in Bildern in der Regel hochfrequent ist, findet man diese Störungen im Frequenzspektrum eines Bildes immer am Rand. Entfernt man diesen und transformiert das so veränderte Frequenzspektrum zurück, erhält man ein nahezu rauschfreies Bild. Es ist wie bei einem Verstärker, der akustische Signale, wie z. B. Musik, verstärkt und damit von Rauschen und zufälligen Störgeräuschen befreit.

Mithilfe der Fast-Fourier-Transformation entrauscht und schärft die "intelligente" Software digitale Röntgenaufnahmen. Zur Reduktion der Fülle an Informationen aus hochaufgelösten Aufnahmen würde ein Standardprogramm Raster z. B. von Quadranten oder Sechsecken über das Bild legen und dann "blind" über die Grauwerte der einzelnen Bildpunkte innerhalb dieser Struktureinheiten mitteln. Ergebnis wäre ein Durchschnittswert pro Quadrant oder Wabe. Damit gehen allerdings viele Röntgeninformationen verloren.

Eine auf dentale Fragestellungen abgestimmte "intelligente" Software sucht dagegen nach Strukturgrößen, die z. B. typisch für ein bestimmtes Krankheitsbild sind - wie etwa einer kariösen Läsion. Anschließend werden die charakteristischen Grauwerte verstärkt, sodass die Graustufen-Strukturen für das menschliche Auge erkennbar sind [1]. Die Kariesfilter erhöhen z. B. den Kontrast für die kariescharakteristischen Feinstrukturen bis zum 4-Fachen des Ausgangswertes.

Zur gezielten Erkennung typischer Strukturen kann der Anwender zwischen verschiedenen mathematischen Algorithmen bzw. Filtern wählen, z. B. Karies-, Paro- oder Endo-Filter. Diese optimieren das Bild dann für die spezielle Diagnose, z. B. hebt die Karieseinstellung einen beginnenden Kariesbefall im Approximalbereich oder entzündliche Erscheinungen im apikalen Bereich hervor.

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Abb. 2 Intelligente Filter (z. B. Kariesfilter) auf Basis der Fast-Fourier-Transformation sind in DBSWIN für verschiedene diagnostische Fragestellungen implementiert. A) Originalaufnahme B) mit Kariesfilter 1.

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Abb. 3 In der Praxis wählt der Behandler den Filter (z.B. Endo-Filter 1) aus, der ihn bei der Diagnose am besten unterstützt. Auch individuelle Einstellungen sind möglich, denn von Natur aus sieht jeder Mensch etwas anders.

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Kombination mit aktueller Hardware in der Zahnarztpraxis

Bei der digitalen Diagnostik werden zunehmend Speicherfolien verwendet. Gegenüber Sensoren bieten sie zumeist eine höhere Ortsauflösung und einen größeren Belichtungsspielraum. Es gibt sie in allen dentalen Formaten, sie können mit bestehenden Röntgenanlagen verwendet werden und sind relativ robust und ökonomisch. In der Praxis können sie mehrere 100 Mal belichtet und wieder gelöscht werden. Die fertigen Bilder stehen zudem innerhalb von Sekunden zur Verfügung.

Leistungsstarke Speicherfolienscanner (z.B. VistaScan, Dürr Dental) erzeugen heute ohne Weiteres Auflösungen von 20 Linienpaaren pro Millimeter. D. h. 2 Linien mit einer Breite von je 25 ?m sind noch unterscheidbar. Die hohe Detailschärfe des VistaScan-Systems beruht auf dem patentierten Photon-Collecting-System (PCS). Im Kern besteht diese Technik aus einem schnell drehenden, feinen Laserstrahl, einem Doppel-Parabolspiegel und einem leistungsstarken Photomultiplier. Damit sind die Voraussetzungen für eine sehr hohe Auflösung, einen hohen Grauwertbereich und eine sehr große Lichtsammeleffizienz gegeben.

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Fit für den Röntgenalltag

Eine leistungsfähige Röntgen-Software bietet dem Zahnarzt ein unterstützendes Hilfsmittel für die digitale Röntgendiagnose. Das menschliche Auge wird damit wirkungsvoll unterstützt. Mit zahlreichen Filtern kann man sehr gezielt krankhafte Veränderungen oder andere Strukturen schon früher bzw. präziser erkennen als beim Einsatz von Standard-Software - etwa eine D1-Läsion in der Kariesdiagnostik oder eine ISO-06-Feile in der Endodontie.

Der Zahnarzt sollte daher bei der Auswahl seiner Software darauf achten, dass sie über spezifische Filter basierend auf der Fast-Fourier-Transformation verfügt und so eine gezielte Diagnosestellung ermöglicht. Wichtig ist auch die Möglichkeit, die Software möglichst unkompliziert an persönliche Bedürfnisse anpassen zu können. Denn jedes Auge sieht Graustufen (genau wie Farben) etwas anders, und so kann eine auf den Behandler abgestimmte Individualisierung bei bestimmten medizinischen Fragestellungen die Treffsicherheit der Diagnose nochmals erhöhen.

Eine intuitive Bedienung und einfache Vernetzbarkeit der beschriebenen Systeme sollten bei aktueller Software als selbstverständlich vorausgesetzt werden. Darüber hinaus ist auf ein sicheres Datenmanagement über SQL-Datenbanken zu achten. Damit arbeitet das Team im Alltag schnell, Ausfälle sind nahezu unmöglich, und es können derart große Datenmengen verarbeitet werden, dass der Anwender sich auch darum erst gar keine Gedanken zu machen braucht. Die komfortable Anbindung an Abrechnungsprogramme ermöglicht die Schnittstelle VDDS media (Verband Deutscher Dentalsoftware Unternehmen e. V.), die eigens auf zahnmedizinische Anwendungen optimiert ist. Damit ist die Aufgabe, Patientendaten, Röntgendaten, Bildvorschauen und vieles mehr innerhalb eines Praxisnetzwerks zu übergeben, gelöst.

Über die problemlose Funktionsfähigkeit in der eigenen Praxis hinaus möchten immer mehr Zahnärzte interessante und schwierige Fälle mit Kollegen diskutieren und dazu auch digitales Bildmaterial austauschen. Dazu hat sich als Standard DICOM (Digital Imaging and Communications in Medicine) etabliert. Einer der Vorteile besteht im Standardeinsatz von Röntgenbildern mit 16 bit, während die im jpg-Format üblichen 8 bit oft mit einem Qualitätsverlust verbunden sind.

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Fazit

Ein perfektes Zusammenspiel von Hardware und Software schafft die besten Voraussetzungen für ein leistungsfähiges Gesamtsystem. Damit werden das Datenmanagement als Grundvoraussetzung, die zahnärztliche Diagnose als die Basis für Prophylaxe und Therapie sowie die fachliche Kommunikation mit niedergelassenen Kollegen und ggf. Universitäten wirkungsvoll unterstützt. Eine wesentliche Komponente stellen speziell bei der Aufbereitung der Rohdaten für die visuelle Beurteilung am Bildschirm effektive Software-Filter dar. Zugegeben: Ihre Komplexität und Eleganz sind für den Nichtmathematiker zuweilen erst nach eingehendem Studium vollkommen zu durchschauen. Der Blick auf das Ergebnis auf dem Monitor dagegen überzeugt auf Anhieb.

Literatur beim Verfasser

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Zum Gipelhof 8

60594 Frankfurt am Main

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Abb. 1 Mathematische Kontrastschärfung durch Fast-Fourier-Transformation: Feinstrukturen mit Dimensionen zwischen 0,05 und 0,7 mm (für den Filter 1) oder zwischen 0,1 und 0,7 mm (für den Filter 2) werden im Kontrast geschärft. Anschaulich gesprochen ist dies genau der "Berg", den die Transferfunktion formt.

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Abb. 2 Intelligente Filter (z. B. Kariesfilter) auf Basis der Fast-Fourier-Transformation sind in DBSWIN für verschiedene diagnostische Fragestellungen implementiert. A) Originalaufnahme B) mit Kariesfilter 1.

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Abb. 3 In der Praxis wählt der Behandler den Filter (z.B. Endo-Filter 1) aus, der ihn bei der Diagnose am besten unterstützt. Auch individuelle Einstellungen sind möglich, denn von Natur aus sieht jeder Mensch etwas anders.