Bei Rauchern besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Körpergewicht und dem
Risiko, ein Lungenkarzinom auszubilden. Nichtraucher sind hiervon nicht betroffen.
Das belegt eine von W.P. Koh et al. in Singapur durchgeführte epidemiologische Untersuchung.
Br J Cancer 2010; 102: 610-614
In der Literatur wird seit Längerem der Verdacht geäußert, dass der Body-Mass-Index
(BMI) bei Rauchern ein eigenständiges Risiko für die Entwicklung eines Lungenkarzinoms
darstellt. Bisherige Studien konnten diesen Zusammenhang allerdings wegen methodischer
Probleme nicht eindeutig klären. Vermutet wird, dass bei asymptomatischem Untergewicht
ein per se gesteigerter Grundumsatz vorliegt, der auch die Proliferation von Karzinomzellen
potenziert.
Die in Singapur zwischen 1993 und 2006 durchgeführte prospektive Studie erfasste die
Daten von 63 257 Einwohnern chinesischer Herkunft. Tendenziell liegt bei dieser Bevölkerungsgruppe
ein niedriger BMI vor, sodass sich diese Population besonders für den Studienansatz
eignet. Die Forscher unterteilten die Teilnehmer in 4 Gewichtsklassen (BMI > 28, 28-24,
24-20 und < 20 kg m-2). Sowohl Raucher als auch Nichtraucher nahmen teil. Patienten mit einer Kachexie
aufgrund bekannter Begleiterkrankungen wurden nicht in die Studie aufgenommen. Im
Beobachtungszeitraum erfasste man alle Teilnehmer, bei denen ein Lungenkarzinom diagnostiziert
wurde. Diese Daten lieferte das Singapore-Cancer-Register. Bei der Auswertung zeigte
sich, dass die Teilnehmer in der Gruppe mit dem geringsten BMI (< 20 kg m-2) bei ausgeprägtem Nikotinabusus ein um den Faktor 11 erhöhtes Risiko (Hazard Ratio)
für die Ausbildung eines Lungenkarzinoms aufwiesen. Bei Norm- oder Übergewicht (BMI
> 28 kg m-2) war das Karzinomrisiko bei ebenfalls starken Rauchern nur um den Faktor
6 potenziert. Dies zeigte sich jeweils im Vergleich zu Nichtrauchern gleicher BMI-Klasse.
Die statistische Auswertung ergab eine inverse, dosisabhängige (Zigaretten-pro-Tag-)
Beziehung zwischen Lungenkarzinomrisiko und Körpergewicht. Dieser Zusammenhang war
nicht geschlechtsabhängig. Auch bei einigen Nichtrauchern waren Lungenkarzinome aufgetreten.
Deren Inzidenzraten ließen keinen Zusammenhang mit dem Körpergewicht (BMI) erkennen.
Bei ausgeprägtem Nikotinabusus wiesen die Studienteilnehmer mit dem geringsten Körpergewicht
das höchste Risiko für ein Lungenkarzinom auf (Bild: creativ collection).