Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz haben ein erhöhtes Risiko, eine Anämie
zu entwickeln. ESA ("Erythropoiesis Stimulating Agents") sind potente Substanzen,
um der Blutarmut von Dialysepatienten zu begegnen. Erythropoetin (EPO) stimuliert
die Bildung von roten Blutkörperchen, weshalb sich Forschungsanstrengungen hierauf
konzentrieren.
Je "normaler", desto besser?
Je "normaler", desto besser?
"ESA verbessern vor allem Herzfunktion, Mortalität, Morbidität und Lebensqualität
von anämischen Dialysepatienten", erklärte Dr. Fernando Carrera, Leiria (Portugal).
Daher dachten viele Nephrologen, eine komplette "Normalisierung" des Hb-Werts (Hb:
Hämoglobin) auf 13 g/dl und mehr sei das zu erreichende Ziel. Die Ergebnisse der CHOIR[1]- und CREATE[2]-Studien mit niereninsuffizienten Patienten, die noch nicht dialysepflichtig waren,
wiesen 2006 allerdings darauf hin, dass hohe Hb-Zielwerte keinen Patientenbenefit
mit sich bringen [1], [2]. Im Gegenteil waren die Mortalität und das Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen
erhöht [1], [2]. Die FDA ("US Food and Drug Administration") und die EMA ("European Medicines Agency")
empfahlen daraufhin 2007 niedrigere Hb-Zielwerte [3], [4]. Parallel dazu gab die NFK ("US National Kidney Foundation") einen Anhang zu ihren
KDOQI-Richtlinien (KDOQI: "Kidney Disease Outcomes Quality Initiative") heraus, der
einen Hb-Zielbereich von 11-12 g/dl empfiehlt [5].
Hb-Zielwerte revidiert
Hb-Zielwerte revidiert
Zu dieser Zeit war die placebokontrollierte, doppelblinde, randomisierte TREAT[3]-Studie mit über 4 000 Patienten schon im Gange. Sie untersuchte die kardiovaskulären
Benefits eines Hb-Werts von 13 g/dl für anämische Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz
und Diabetes vom Typ 2. Die Autoren publizierten die Resultate im November 2009 [6]. Sie zeigten keinen Benefit in der Mortalität und im kardiovaskulären bzw. renalen
Outcome. Außerdem war das Risiko für einen Hirnschlag, eine Thromboembolie und Krebs
im Vergleich zum Placeboarm erhöht.
"Sicherlich sollten wir bei Dialysepatienten konservativere Hb-Zielwerte zwischen
10-12 g/dl anpeilen und die Geschwindigkeit überdenken, mit der wir die Anämie bei
Patienten korrigieren, die noch keine ESA erhalten haben", so Carrera. Dies sollte
allerdings nicht die wichtige Rolle der ESA-Therapie schmälern, die sie bei den meisten
Dialysepatienten spielt. Derzeit erwarten Nephrologen die Ergebnisse des "FDA public
advisory committee", das den Gebrauch von ESAs in der Behandlung der Anämie bei chronischer
Niereninsuffizienz neu bewertet.
Strenge EMA-Zulassungskriterien
Strenge EMA-Zulassungskriterien
Wie Dr. Helen Philips, Royal Lemington Spa (GB), ausführte, gibt es zurzeit viele
verschiedene ESA. Jedes dieser Biopharmazeutika wird über eine andere Zelllinie hergestellt,
weshalb sich ihre posttranslationalen Glykosilierungsprofile voneinander unterscheiden
- sogar, wenn sie dieselbe Aminosäuresequenz haben [7]. Die EMA hat für die Zulassung von Biosimilars strenge Regularien herausgegeben:
Die Substanz muss eine Bioaktivität von 80-125 % der Referenzsubstanz haben. Die EMA
hat bislang nur ein Epoetin-Biosimilar - Epoetin zeta - für die subkutane Gabe (s.
c.) zugelassen [8].
Biosimilar Epoetin zeta ist therapeutisch äquivalent zu Epoetin alfa
Biosimilar Epoetin zeta ist therapeutisch äquivalent zu Epoetin alfa
Um Daten für die Zulassung zu sammeln, führten Krivoshiev et al. eine randomisierte,
parallele Phase-III-Studie durch [9]. An der 28 Wochen dauernden Untersuchung nahmen 462 niereninsuffiziente Patienten
mit Anämie teil. Die Autoren wollten hiermit die therapeutische Äquivalenz und Langzeittoleranz
von subkutanem Epoetin zeta und der Referenz, subkutanem Epoetin alfa, zeigen. In
einer 12-16-wöchigen Einlaufphase stabilisierten die Wissenschaftler die 1-3-mal wöchentlich
gegebenen s. c.-Dosierungen von Epoetin zeta, sodass die Patienten einen Hb-Wert von
10-12 g/dl hatten. Danach wechselten die Patienten entweder auf Epoetin alfa (n =
230) oder sie blieben bei Epoetin zeta (n = 232).
Der Durchschnitts-Hb-Wert während der letzten 4 Wochen der Behandlung war 10,94 ±
0,84 g/dl bei Epoetin zeta und 11,02 ± 0,94 g/dl bei Epoetin alfa. Der Unterschied
zwischen den Konzentrationen lag innerhalb der Grenzen, die der statistische Test
für therapeutische Äquivalenz definiert (± 0,5 g/dl). Die durchschnittlichen Epoetindosierungen
blieben ebenfalls im vordefinierten Äquivalenzbereich von ± 45 I. E./kg/Woche. Im
Nebenwirkungsprofil konnten die Wissenschaftler keine Unterschiede zwischen Epoetin
alfa und zeta feststellen. Wie sie schlossen, sind Epoetin alfa und zeta therapeutisch
äquivalent. Die Zulassung eines Epoetin-Biosimilars zur subkutanen Anwendung erweitert
die therapeutischen Möglichkeiten, speziell für Prädialysepatienten und diejenigen,
die eine ambulante Dialyse nutzen, erklärte Philips.
Christian Schäfer, Stuttgart
Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der Hospira Deutschland GmbH,
München.
Die Beitragsinhalte stammen vom Symposium "A new chapter in the story of anaemia care:
new options for established therapies" im Rahmen des ERA-EDTA-/DGfN-Kongresses, veranstaltet
von der Hospira Deutschland GmbH, München.
Der Autor ist Mitarbeiter des Georg Thieme Verlags, Stuttgart.
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