Die chronische Niereninsuffizienz (CKD: "chronic kidney disease") hat weltweit eine
hohe Prävalenz. Die renale Anämie tritt in der Regel erstmals bei Patienten im CKD-Stadium
3 auf, wenn die eGFR ("estimated glomerular filtration rate") unter 60 ml/min/1,73
m2 fällt. Sie ist mit einer erhöhten Mortalität und Morbidität assoziiert [1], erklärte Prof. Michéle Kessler, Nancy (Frankreich), auf dem ERA-EDTA/DGfN-Kongress
in München. Die Einführung von ESA ("Erythropoiesis Stimulating Agents") war für die
Morbidität, die Mortalität und das Management der Anämie sehr hilfreich.
C.E.R.A. bietet zahlreiche Vorteile
C.E.R.A. bietet zahlreiche Vorteile
Eines der dringendsten Probleme bleibt bei chronisch niereninsuffizienten Patienten,
die noch nicht dialysepflichtig sind, die renale Anämie, betonte Kessler. Denn deren
Hb-Wert (Hb: Hämoglobin) liegt oft unter dem empfohlenen Zielbereich von 11-12 g/dl
[2], [3]. Der zurückhaltende Gebrauch von ESA bei diesen Patienten könnte mit der notwendigen
häufigen Anwendung der kurzwirksamen Medikamente und deren Einfluss auf die Patientencompliance
zusammenhängen. Methoxypolyethylenglykol-Epoetin beta (C.E.R.A.: "continuous erythropoetin
receptor activator"; MIRCERA®) könnte das Anämiemanagement bei nicht dialysepflichtigen
CKD-Patienten erleichtern und zu einem frühzeitigeren Therapiebeginn ermuntern: Das
Medikament erlaubt monatliche Dosierungsintervalle, bereitet den Patienten weniger
Schmerzen bei der Injektion und erfordert weniger Applikationen pro Jahr [2].
Wie die ARCTOS[1]-Studie [3] zeigen konnte, korrigiert C.E.R.A. die Anämie bei niereninsuffizienten Prädialysepatienten,
die noch kein ESA erhalten haben, und erhöht den Hb-Wert gleichmäßig und stetig bei
einer Dosis alle 2 Wochen, erläuterte Kessler. Die "ARCTOS-extension-study" demonstrierte
die Langzeitsicherheit von C.E.R.A.: Eine 1-mal monatliche Gabe hält den Hb-Wert auch
in der Erhaltungsphase im angestrebten Bereich [2].
CORDATUS-Studie: C.E.R.A. korrigiert effizient und sicher
CORDATUS-Studie: C.E.R.A. korrigiert effizient und sicher
Mit der Phase-III-Studie CORDATUS[2] wurde die Möglichkeit untersucht, die Anämie effektiv mit der 1-mal monatlichen
s.c.-Gabe von C.E.R.A. zu korrigieren [4]. Die erwachsenen Studienteilnehmer im CKD-Stadium 3/4 hatten zu Beginn eine Hb-Konzentration
von weniger als 10,5 g/dl (Abb. [1]). Insgesamt 307 Patienten wurden randomisiert und auf den primären Endpunkt "Hb-Response-Rate"
überprüft. Wie die Studienergebnisse zeigen, korrigiert C.E.R.A. die Anämie effektiv:
94,1 % der C.E.R.A.-Gruppe und 93,5 % der Darbepoetin-alfa-Gruppe erfüllten das Response-Kriterium.
Die Veränderung des Hb-Ausgangswerts war 1,62 g/dl bei C.E.R.A. und 1,66 g/dl bei
Darbepoetin alfa. Der primäre Endpunkt wurde erreicht.
Abb. 1 Hb-Werte über die Zeit bei der Applikation von C.E.R.A. (1-mal monatlich) im
Vergleich zu Darbepoetin alfa (wöchentlich/alle 2 Wochen).
Die Analyse der sekundären Endpunkte ergab, dass C.E.R.A.-Patienten einen flachen
und gleichmäßigen Hb-Anstieg hatten. In den ersten 8 Wochen der ESA-Gabe hatten bei
C.E.R.A. signifikant weniger Patienten einen Hb-Wert von über 12 g/dl als bei Darbepoetin
alfa (25,8 % versus 47,7 %; p < 0,0001) (Abb. [1]). Bei C.E.R.A. konnten die Patienten weitgehend mit derselben Dosis behandelt werden,
während bei Darbepoetin-Patienten die Dosis stärker schwankte. Die Inzidenz der meist
milden bis moderaten Nebenwirkungen war in beiden Gruppen ähnlich, wobei Bluthochdruck
die häufigste war.
Langfristige Hb-Stabilität ist wichtig
Langfristige Hb-Stabilität ist wichtig
Bei terminal niereninsuffizienten Patienten, die ESA erhalten, ist eine große Variabilität
des Hb-Werts mit einer schlechten Prognose, einer erhöhten Hospitalisationsrate und
einer höheren Mortalität assoziiert [5], [6], [7], erklärte Dr. Aleix Cases, Barcelona (Spanien). Bei kurzwirksamen ESAs verursachen
häufig veränderte ESA-Dosierungen Fluktuationen im Hb-Wert. Das Ziel einer optimalen
ESA-Therapie ist es, Hb-Werte in den Zielbereich zu korrigieren, Hb-Werte langfristig
im Zielbereich zu stabilisieren, die Dosis weniger häufig zu adjustieren und die Applikationsfrequenz
zu reduzieren.
In den Erhaltungsstudien MAXIMA[3] [8] und PROTOS[4] [9] blieb der Hb-Wert von circa 70 % der Patienten, die 1-mal monatlich C.E.R.A. erhielten,
innerhalb von ± 1 g/dl stabil. Dies war unabhängig vom Geschlecht, Alter und Diabetesstatus.
Wie die beiden Studien außerdem zeigten, gab es nach der Umstellung von kurzwirksamen
ESA auf C.E.R.A. keine Schwankungen des Hb-Wertes [8], [9]. Weiterhin sind weniger Dosierungsänderungen mit C.E.R.A. als mit einem Vergleichs-ESA
nötig [10]. Die exklusiv in Deutschland durchgeführte MIRACEL[5]-Studie konnte belegen, dass nach einem Wechsel von kurzwirksamen ESA und Darbepoetin
alfa auf 1-mal monatlich appliziertes C.E.R.A. die Hb-Werte stabil im Zielbereich
blieben [11]. Schließlich konnten Locatelli et al. [12] zeigen, dass das Langzeitsicherheitsprofil mit dem anderer ESA übereinstimmt.
Das pharmaökonomische Potenzial von C.E.R.A. ist groß, wie eine Studie belegen konnte:
In Großbritannien war die Zeitersparnis des Personals im Vergleich zu kurzwirksamen
ESA 39 %, in Deutschland sogar 54 % [13]. Diese frei werdenden Ressourcen können im Endeffekt in eine verbesserte Patientenversorgung
fließen, betonte Cases.
Wechsel auf C.E.R.A.: Beispiel aus der Praxis
Wechsel auf C.E.R.A.: Beispiel aus der Praxis
Dr. Sean Fenwick, Sunderland (Großbritannien), erklärte in seinem Vortrag, wie in
den City Hospitals, Sunderland, der Wechsel von Epoetin beta auf C.E.R.A. vonstatten
ging. Ein großes Problem der Anämiebehandlung ist der geringe Anteil an Hämodialysepatienten,
der während der Therapie mit ESA stabil im Hb-Bereich von 11-12 g/dl bleibt, wie die
Studie mit Epoetin alfa von Collins et al. mit einer "Erfolgsquote" von nur 5 % bei
über 10500 Patienten zeigt [14]. Die City Hospitals, Sunderland, versprachen sich mit dem Wechsel auf C.E.R.A. unter
anderem positive Veränderungen in den folgenden Bereichen, erläuterte Fenwick:
-
Patient: Vor allem bei präterminalen Patienten spielt hinsichtlich der Compliance
ein verlängertes Applikationsintervall eine große Rolle. Hier bietet C.E.R.A. mit
der 1-mal monatlichen Gabe einen bedeutenden Vorteil. Patienten müssen nicht so oft
in die Praxis kommen, die Zahl der Applikationen sinkt im Vergleich zu anderen ESA
deutlich und diese sind zudem auch noch weniger schmerzhaft als die Gabe von Darbepoetin
alfa [15].
-
Therapievereinfachung: Die 1-mal monatliche Applikation vereinfacht das Anämiemanagement
im Hinblick auf die Dosierung und Verordnungen. Durch die spezifische Pharmakologie
von C.E.R.A. steigt der Hb-Wert in der Korrekturphase deutlich sanfter an, was die
Gefahr von Hb-Werten über dem Zielbereich minimiert und somit aufwendige Dosis- und
Intervallanpassungen nahezu überflüssig macht. Zudem erzielt C.E.R.A. stabile Hb-Werte
in der Erhaltungsphase mit deutlich weniger Applikationen als beispielsweise mit kürzer
wirksamen ESA [8], [9].
-
Reduktion des Verwaltungsaufwands: Durch die 1-mal monatliche Applikation ergeben
sich auch im gesamten Prozess rund um die Applikation deutliche zeitliche und monetäre
Einsparungen. Durch den Wegfall von Dokumentations- oder aber auch Bestellprozessen
im Rahmen einer monatlichen Anämietherapie entstehen zeitliche Freiräume für das Personal,
durch eine Bündelung von Aktivitäten wird Geld gespart oder aber das Personal "einfach
nur" von stupiden Routinearbeiten entlastet.
Die Umstellung auf C.E.R.A. war ein voller Erfolg, resümierte Fenwick. Die Ergebnisse
der Umstellung waren ermutigend, denn die Therapie mit C.E.R.A war ...
-
... effektiv und einfach: Mit dem Einsatz von C.E.R.A. in den City Hospitals, Sunderland,
wurden die Patienten mit renaler Anämie effektiv therapiert. Die 1-mal monatliche
Gabe hat in der täglichen Praxis das Potenzial für eine größere Hb-Stabilität und
eine insgesamt einfachere Therapie (weniger Dosisanpassungen infolge von weniger Overshoots,
stabiler Hb-Verlauf im Zielbereich).
-
... ökonomisch vorteilhaft: Durch die Umstellung wurde der Prozess rund um die Anämietherapie
deutlich verschlankt und optimiert. Die Anzahl der Therapieregime wurde von 26 auf
2 reduziert. Das führte nicht nur zu einer Reduktion der Kosten für die Anämietherapie
um 4,5 %, sondern führte laut Fenwick auch zu einer Reduktion der Arbeitsbelastung
bei Ärzten und dem Pflegepersonal.
Christian Schäfer, Stuttgart
Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der Roche Pharma AG, Grenzach-Wyhlen.
Die Beitragsinhalte stammen vom Symposium "New developments in ESA therapy: reducing
Hb variability and simplifying practice" im Rahmen des ERA-EDTA/DGfN-Kongresses in
München, veranstaltet von der Hoffmann-La Roche Ltd, Basel (Schweiz).
Der Autor ist Mitarbeiter des Georg Thieme Verlags.
|
Ausblicke der ESA-Therapie
Ausblicke der ESA-Therapie
ESA werden bei chronischer Niereninsuffizienz gewöhnlich zur Korrektur des Hb-Wertes
ab einem Hb von unter 11 g/dl eingesetzt, um den Hb in einen Zielbereich von 11–12
g/dl zu korrigieren, erklärte Prof. Danilo Fliser, Homburg/Saar. Die Studien CREATE[6] [16], CHOIR[7] [17] und TREAT[8] [18] zeigten, dass eine Korrektur des Hb in Bereiche von 13– 15 g/dl keine Verbesserung
des kardiovaskulären Risikos der nierenkranken Patienten bringt. Es scheint, dass
die Nierenerkrankung bereits zu weit vorangeschritten ist, um noch wesentlich das
damit verbundene Risiko beeinflussen zu können. Eine Proteinurie kombiniert mit einer
eGFR von unter 60 ml/min/1,73m2 erhöht das Risiko um ein Vielfaches, dass der Patient vom CKD-Stadium 3 ins CKD-Stadium
4 voranschreitet, erläuterte Fliser. Da 25 % der Patienten im CKD-Stadium 3 eine Mikro-
oder Makroproteinurie haben, könnte eine Behandlung der Proteinurie ein effektiver
Weg sein, um die Progression zu verlangsamen, so Fliser weiter.
Rekombinate Erythropoetine haben renoprotektive Effekte, indem sie zum Beispiel die
Gefäßstrukturen schützen und das Podozytenüberleben verbessern. Studien der Arbeitsgruppe
Fliser konnten zeigen, dass niedrig dosiertes C.E.R.A. in einem Mausmodell mit diabetischer
Nierenerkrankung nierenschützendes Potenzial hat [19]. Daher soll in einer "Proof-of-Concept"-Studie untersucht werden, ob niedrig dosiertes
C.E.R.A. bei Typ-2-Diabetikern und nierentransplantierten Patienten mit einer Niereninsuffizienz
im CKD-Stadium 3 und einer Proteinurie bei einer Stabiliserung des Hämoglobinwertes
die Progression der Nierenerkrankung verlangsamen kann.