Der Klinikarzt 2010; 39(9): 420
DOI: 10.1055/s-0030-1267430
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Lähmung nach Schlaganfall – Physiotherapie auch Jahre später wirksam

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Publication Date:
04 October 2010 (online)

 
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Lähmungen nach einem Schlaganfall können sich noch Jahre später zurückbilden. Darauf weisen die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) und die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) anlässlich einer aktuellen Studie hin. Diese hatte gezeigt, dass Patienten mithilfe einer intensiven Physiotherapie verloren gegangene Fähigkeiten wieder neu erlernen können, selbst wenn der Schlaganfall bereits Jahre zurückliegt. Die Untersuchung belegt außerdem erstmals, dass auch Trainingsroboter wirksam helfen.

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Wirkung intensiver Physiotherapie

"Bisher gingen Experten davon aus, dass die Erholungsphase etwa 6 Monate nach dem Schlaganfall abgeschlossen ist", so Prof. Martin Grond, Vorstandsmitglied der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft und Chefarzt am Kreisklinikum Siegen. Häufig endete die Physiotherapie deshalb auch nach einem halben Jahr. "Die neue Arbeit einer US-Veteranenklinik zeigt jedoch, dass auch über diesen Zeitraum hinaus Patienten die Chance haben, einen Teil ihrer Unabhängigkeit zurückzugewinnen", freut sich Prof. Karl-Heinz Mauritz von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie. Die Studie hatte die Auswirkungen einer intensiven Physiotherapie an Patienten untersucht, bei denen mehr als 6 Monate seit dem Schlaganfall vergangen waren. "Bei der Hälfte lag der Schlaganfall 5 Jahre oder länger zurück", sagt Prof. Mauritz. Dennoch war die Physiotherapie erfolgreich.

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Lerneffekt durch intensives Üben

Über ein Vierteljahr absolvierten die Patienten insgesamt 36 Trainingsstunden. "Dabei wurde versucht, durch gezielte Übungen Beweglichkeit und Kraft in Schulter, Arm und in der Hand zu verbessern", so der Experte. Bei einigen Patienten geschah dies mit Unterstützung von Trainingsrobotern. Für Prof. Mauritz, der als Rehabilitationsneurologe in der MEDIAN Klinik in Berlin tätig ist, ist dies durchaus eine Perspektive für die Zukunft, da die Patienten damit auch zu Hause trainieren könnten. Die klassische Physiotherapie würden sie aber nicht ersetzen. "In der Studie erzielten die Patienten auch ohne Roboter gleich gute Ergebnisse", berichtet Mauritz.

"Wichtig sind die Dauer und Intensität der Übungen und der Lerneffekt." Dieser führt dazu, dass die Verbesserungen in der Studie über das Ende der Physiotherapie hinaus erhalten blieben. Auch 6 Monate später konnten die Patienten ihre Arme besser benutzen als vor der Therapie. Sie setzten die erlernten Fähigkeiten auch im Alltag um, so die Ergebnisse der Studie.

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Deutlich verbesserte Lebensqualität

Verbesserungen können hier große Auswirkungen haben. Wenn ein Patient wieder mit Messer und Gabel essen und andere einfache Tätigkeiten im Haushalt verrichten kann, bedeutet dies eine deutliche Verbesserung seiner Lebensqualität. Die Patienten gewinnen neuen Lebensmut, sie zeigen sich wieder in der Öffentlichkeit, besuchen Freunde und Verwandte.

Quelle: Lo AC et al. Robot-assisted therapy for long-term upper-limb impairment after stroke. New Engl J Med 2010; 362: 1772-1783