Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2010; 17(5): 213
DOI: 10.1055/s-0030-1267895
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York

USA – Östliche Pferdeenzephalomyelitis

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Publication Date:
18 October 2010 (online)

 
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In Florida gibt es derzeit eine ungewöhnliche Häufung von Todesfällen aufgrund der Östlichen Pferdeenzephalomyelitis ("Eastern Equine Encephalomyelitis"). Allein im Juli und August dieses Jahres verstarben hier 4 Menschen an den Folgen dieser durch Mücken übertragenen Zoonose. Im Bundesstaat New York wurde ein weiteres Todesopfer gemeldet und auch in Michigan und Massachusetts erkrankten dieses Jahr bereits insgesamt 7 Personen.

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Seltene Erkrankung mit allerdings hoher Schwankungsbreite

Bei der Östlichen Pferdeenzephalomyelitis handelt es sich normalerweise um eine äußerst seltene Krankheit, von der landesweit durchschnittlich nur etwa 6 Fälle pro Jahr gemeldet werden. Allerdings gibt es hier beträchtliche Schwankungen - während in einigen Jahren kein einziger Fall registriert wird, kommt es in anderen Jahren zu Häufungen. Dies war zuletzt 2005 der Fall, als mehr als 20 neuroinvasive humane Infektionen gemeldet wurden.

Die Ursachen für diese Schwankungen sind derzeit nicht bekannt. Die erhöhte Inzidenz in diesem Jahr etwa ist nicht durch eine größere Mückenpopulation zu erklären. Denn Mücken sind momentan nicht zahlreicher vorhanden als gewöhnlich, vielmehr scheint ein größerer Prozentsatz von ihnen den Erreger in sich zu tragen.

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Etwa ein Drittel der Erkrankten verstirbt an einer Enzephalitis

Die Östliche Pferdeenzephalomyelitis wird durch Viren hervorgerufen, die zur Gattung der Alphaviren (Familie Togaviridae) gehören. Ihr Lebenszyklus wird in Nordamerika bestimmt durch einen Wechsel zwischen Wildvögeln als Reservoir und der Mückenart Culiseta melanura als Vektor. Da diese Mückenart vor allem in den Süßwassersümpfen entlang der US-amerikanischen Ostküste und im Bereich der großen Seen im Nordosten lebt, ist auch das Endemiegebiet der Östlichen Pferdeenzephalomyelitis hauptsächlich auf dieses Gebiet beschränkt (Abb. [1]).

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Abb. 1 Endemiegebiet der Östlichen Pferdeenzephalomyelitis. Dargestellt ist die Gesamtzahl neuroinvasiver Fälle in den einzelnen US-Bundesstaaten im Zeitraum von 1968 bis 2008. Die mit Abstand meisten Fälle wurden bisher aus Florida gemeldet. Quelle: MTTS, verändert nach CDC.

Für die Infektion von Menschen ist Culiseta melanura jedoch vermutlich irrelevant, da sie fast ausschließlich an Vögeln parasitiert. Die Übertragung der Viren auf den Menschen erfordert Mückenarten, die sowohl Vögel als auch Menschen stechen, so etwa einige Aedes-, Coquillettidia- und Culex-Arten. In Abhängigkeit von verfügbaren Vektoren erfolgt der Großteil der Infektionen zwischen dem späten Frühjahr und dem frühen Herbst, in den subtropischen Gebieten am Golf von Mexiko können aber auch im Winter Fälle auftreten.

Bei den meisten Betroffenen verläuft die Infektion inapparent. In einigen Fällen jedoch kommt es zu schweren neuroinvasiven Krankheitsverläufen, die mit plötzlich einsetzenden Kopfschmerzen, hohem Fieber, Erbrechen und Schüttelfrost beginnen. Es folgen Orientierungslosigkeit und Krämpfe bis hin zum Koma. Etwa ein Drittel derer, bei denen die Krankheit ausbricht, verstirbt an den Folgen einer Enzephalitis. Bei den meisten Überlebenden bleiben schwere Hirnschäden zurück.

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Für Pferde ist ein wirksamer Impfstoff vorhanden

Auch andere Säugetiere, insbesondere Pferde, können an der Östlichen Pferdeenzephalomyelitis erkranken. Hier ist die Mortalitätsrate höher - etwa 90 % der infizierten Pferde versterben an den Folgen der Infektion. Dieses Jahr wurden bereits aus 10 US-Bundesstaaten equine Fälle gemeldet (Alabama, Florida, Georgia, Louisiana, Massachusetts, Michigan, Nebraska, New York, Ohio und Virginia).

Diese Fälle, die meist mit dem Tode der Tiere endeten, wären zu vermeiden gewesen, da für Pferde - anders als für Menschen - ein wirksamer Impfstoff verfügbar ist. Ein Ausbruch unter Pferden erhöht vermutlich das Infektionsrisiko für Menschen nicht, da Pferde (genau wie Menschen) Fehlwirte für das Virus sind. Daher reicht die Viruskonzentration im Blut in der Regel nicht aus, um stechende Mücken zu infizieren.

Dr. Raymund Lösch und Dipl.-Biol. Unn Klare

Quelle: promed, CDC

 
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Abb. 1 Endemiegebiet der Östlichen Pferdeenzephalomyelitis. Dargestellt ist die Gesamtzahl neuroinvasiver Fälle in den einzelnen US-Bundesstaaten im Zeitraum von 1968 bis 2008. Die mit Abstand meisten Fälle wurden bisher aus Florida gemeldet. Quelle: MTTS, verändert nach CDC.