Lieferanten von Kliniken beklagen, dass Krankenhäuser in einigen EU-Staaten Rechnungen
nur schleppend begleichen. Auffallend ist dabei ein Nord-Süd-Gefälle. Eine überarbeitete
EU-Richtlinie zum Zahlungsverzug soll hier Abhilfe schaffen. Demnach gilt für private
wie auch öffentliche Einrichtungen künftig eine Zahlungsfrist von grundsätzlich 60
Tagen.
Unternehmen und die öffentliche Hand in der Europäischen Union müssen künftig pünktlicher
zahlen. Dies gilt auch für Krankenhäuser. Unterhändler des Europaparlaments (EP) und
der Mitgliedstaaten einigten sich Mitte September auf eine neue EU-Richtlinie zum
Zahlungsverzug. Damit will die EU vor allem den Gläubigerschutz insbesondere kleinerer
und mittlerer Unternehmen (KMU) verbessern.
Mangelhafte Zahlungsmoral in EU-Ländern
Mangelhafte Zahlungsmoral in EU-Ländern
Denn die Zahlungsmoral ist auch im Gesundheitswesen nicht überall so gut wie in Deutschland.
Krankenhäuser in den EU-Mittelmeerländern gehören zu den größten Verzugssündern. Offene
Rechnungen über Monate oder sogar Jahre hinweg sind hier keine Seltenheit. So dauert
es beispielsweise in Griechenland im Durchschnitt 580 Tage, bis ein Krankenhaus Lieferanten
von Medizinprodukten die Rechnungen bezahlt. In Italien sind es 224 Tage. Deutschlands
Kliniken liegen mit durchschnittlich 30 Tagen auf Platz eins im internationalen Ranking.
Im EU-Durchschnitt werden Rechnungen nach 122 Tagen beglichen (Abb. [1]).
Abb. 1 Zahlungsverzug öffentlicher Krankenhäuser an Lieferanten von Medizinprodukten
(durchschnittliche Außenstände in Tagen pro Land in 2009, Quelle: Eucomed Medical
Technology).
"Es ist sehr überraschend, dass Länder wie Brasilien und Mexiko ihre Lieferanten schneller
bezahlen als manche europäischen Länder. Damit Europa hier aufholt, muss die Richtlinie
Schlupflöcher schließen und zu frühzeitigen Zahlungen ermutigen, indem sie Strafen
auferlegt", so John Wilkinson, Generaldirektor von Eucomed, dem europäischen Verband
der Medizinprodukteindustrie.
Künftiges Zahlungsziel: 60 Tage
Künftiges Zahlungsziel: 60 Tage
Nach der neuen EU-Richtlinie sollen sowohl private als auch öffentliche Krankenhäuser
künftig 60 Tage Zeit haben, Rechnungen zu begleichen. In Ausnahmefällen sollen sich
die Vertragspartner aber auf längere Fristen einigen dürfen. Den Einrichtungen wird
somit eine längere Frist eingeräumt als Behörden. Hier tritt der Zahlungsverzug grundsätzlich
nach 30 Tagen ein. Die fälligen Verzugszinsen sollen 8 % betragen. In Deutschland
ist ein Verzugszins von 7 % über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank üblich.
Gläubiger sollen bei Zahlungsverzug zudem unabhängig vom Rechnungsbetrag eine Mindestentschädigung
von 40 Euro für eine Mahnung erhalten.
Regelung gilt für private und öffentliche Unternehmen
Regelung gilt für private und öffentliche Unternehmen
Die EU-Kommission hatte ursprünglich eine Staffelung bei den Verzugsstrafen vorgesehen.
So sollten bei Summen zwischen 1001 und 10 000 Euro 70 Euro fällig werden. Bei höheren
Beträgen sollte die Mahngebühr 1 % der Rechnungssumme betragen. Säumigen Schuldnern,
z. B. bei Krankenhausneubauten, wäre dies teuer zu stehen gekommen.
Nach Angaben der Kommission gibt es derzeit in der EU etwa 90 Milliarden Euro an unbezahlten
Rechnungen. Zwei Drittel davon entfallen auf die öffentliche Hand und ein Drittel
auf Unternehmen. Die Summe der nicht bezahlten Rechnungen beträgt allein im Medizinproduktebereich
nach Angaben des europäischen Verbandes der Medizinproduktehersteller Eucomed 11 Milliarden
Euro.
Die neue Richtlinie sollte ursprünglich nur für öffentliche Institutionen gelten.
Private Unternehmen sollten untereinander eigene Vertragsklauseln bestimmen dürfen.
Einige Mitglieder des Europaparlaments wollten zudem den Gesundheitsbereich komplett
aus der Richtlinie herausnehmen.
Die zuständige Berichterstatterin im Europäischen Parlament, die deutsche Sozialdemokratin
Barbara Weiler, hatte indes darauf gedrängt, auch die privaten Krankenhäuser in Europa
den Regelungen zu unterwerfen. Sie wollte damit sicherstellen, dass es zu keinen Wettbewerbsverzerrungen
kommt, wenn für private und öffentliche Krankenhäuser unterschiedliche Zahlungsregelungen
gelten.
Neue Bestimmungen gelten ab 2013
Neue Bestimmungen gelten ab 2013
Das Europäische Parlament hat bereits über die neue Richtlinie abgestimmt. Nach einer
formalen Billigung durch den Rat kann die Richtlinie im kommenden Jahr in Kraft treten.
Ab 2013 gelten dann die neuen Bestimmungen.