Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2010; 17(6): 265-266
DOI: 10.1055/s-0030-1270231
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Europa – Autochthone Infektionen mit Tropenkrankheiten

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Publication Date:
13 December 2010 (online)

 
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Dieses Jahr wurden aus verschiedenen europäischen Ländern autochthone Fälle von Krankheiten gemeldet, die für gewöhnlich als Tropenkrankheiten gelten. Teilweise spiegeln diese Fälle eine geografische Ausbreitung der Erreger bzw. Vektoren wider, teilweise handelte es sich aber auch um sporadische Infektionen, die eher als Kuriosität denn als Indiz für eine steigende Ansteckungsgefahr zu werten sind.

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Einzelfall: Malaria in Spanien

Zweifelsfrei in die Gruppe der Kuriositäten gehört eine Ende September aufgetretene Malaria-Infektion (Plasmodium vivax) in der nordostspanischen Provinz Huesca. Zwar war die Malaria in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts in Spanien noch weit verbreitet. In der Zeit zwischen dem Ende der 1930er- und dem Anfang der 1940er-Jahre wurden etwa 293 000 Fälle gemeldet, 1278 Personen verstarben damals an den Folgen der Infektion. Ab Mitte des 20. Jahrhunderts aber nahm dann die Zahl der Infektionen deutlich ab, 1964 wurde Spanien von der WHO als malariafrei erklärt.

Heutzutage werden jährlich etwa 500 Malariafälle in Spanien gemeldet, bei denen es sich jedoch bisher ausschließlich um durch Reisende oder Immigranten importierte Infektionen handelte. Die jetzige autochthone Infektion, die erste seit fast 50 Jahren, geht wahrscheinlich auf eine Übertragung von einem dieser importierten Fälle zurück. Anopheles atroparvus, eine der häufigsten Mückenarten des Mittelmeerraumes, ist zwar ein geeigneter Vektor für die Malaria. Aufgrund der klimatischen Gegebenheiten und der Effektivität des spanischen Gesundheitssystems ist jedoch in den nächsten Jahren hier nicht mit einer Wiedereinwanderung der Malaria zu rechnen.

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Gefährliche Entwicklung: Dengue- und Chikungunya-Fieber in Südeuropa

Anders sieht es mit dem Dengue- und dem Chikungunya-Fieber aus. Schon seit Längerem wird mit Sorge beobachtet, dass sich in mehreren Regionen Südeuropas stabile Bestände der Asiatischen Tigermücke Aedes albopictus gebildet haben. Ursprünglich war diese Mückenart, die sowohl das Dengue- als auch das Chikungunya-Fieber übertragen kann, in den süd- und südostasiatischen (Sub-)Tropen beheimatet. Durch den internationalen Frachtverkehr ist sie jedoch nach Europa gelangt, wo sie durch ihre relativ große Kältetoleranz auch gemäßigte Regionen besiedeln kann. Werden nun durch Reisende die Erreger vom Dengue- oder vom Chikungunya-Fieber nach Europa importiert, sind auch hier durchaus größere Ausbrüche dieser Krankheiten denkbar.

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Abb. 1 Die Asiatische Tigermücke Aedes albopictus, die sowohl das Dengue- als auch das Chikungunya-Fieber übertragen kann, stammt ursprünglich aus Ost- und Südostasien. Mittlerweile haben sich jedoch auch im Mittelmeerraum stabile Bestände gebildet und selbst in Deutschland wurden schon Eier nachgewiesen. Quelle: James Gathany, CDC-PHIL, Bildnummer 4490

Einen ersten Vorgeschmack hierauf lieferten vereinzelte Fälle, die sich im Verlauf dieses Spätsommers ereignet haben: So war Mitte August ein deutscher Tourist nach seiner Rückkehr von einem Kroatienurlaub am Denguefieber erkrankt. Kroatien gilt eigentlich nicht als Endemiegebiet für das Denguefieber, dies ist der erste bekannte Fall einer hier erfolgten Dengue-Infektion seit Beginn des 20. Jahrhunderts.

Im September kam es dann zu einem kleineren Ausbruch des Denguefiebers an der französischen Mittelmeerküste. Westlich von Nizza konnten hier 2 autochthone Fälle labordiagnostisch bestätigt werden, 6-7 weitere Verdachtsfälle aus der Region (Département Alpes-Maritimes) wurden zu Redaktionsschluss noch untersucht. Ebenfalls an der französischen Mittelmeerküste erkrankten etwa zeitgleich 2 Mädchen am Chikungunya-Fieber. Auch hier handelte es sich um autochthone Infektionen, die in der Küstenstadt Fréjus erfolgt waren.

Dr. Raymund Lösch, Bad Doberan, und Dipl.-Biol. Unn Klare, Rostock

Quelle: promed

 
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Abb. 1 Die Asiatische Tigermücke Aedes albopictus, die sowohl das Dengue- als auch das Chikungunya-Fieber übertragen kann, stammt ursprünglich aus Ost- und Südostasien. Mittlerweile haben sich jedoch auch im Mittelmeerraum stabile Bestände gebildet und selbst in Deutschland wurden schon Eier nachgewiesen. Quelle: James Gathany, CDC-PHIL, Bildnummer 4490