Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2010; 17(6): 268
DOI: 10.1055/s-0030-1270233
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Kreuzfahrten – Gefürchtet: Grippe- oder Durchfallausbrüche

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Publication Date:
13 December 2010 (online)

 
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In allen europäischen Häfen zusammengenommen werden in diesem Jahr schätzungsweise mehr als 400 000 Millionen Passagiere an Bord eines Kreuzfahrtschiffes gehen. Das stellt schifffahrtsmedizinische Einrichtungen nach Erfahrung von Dr. Clara Schlaich, Leiterin des "Hamburg Port Health Center" vor große Herausforderungen.

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Umfangreiche Hygiene- und Überwachungsmaßnahmen erforderlich

Das Zusammenkommen vieler Menschen unterschiedlicher Herkunft auf engem Raum, unvernünftiges Verhalten der Passagiere bei Landgängen, Nahrungsmittellagerung/ -zubereitung und Trinkwasserversorgung, aber auch Wellnessbereiche und Kindergärten sind mögliche "Nährböden" für die Ausbreitung ansteckender Erkrankungen. Gefürchtet, weil sie unter Umständen aufwendige und kostenintensive Desinfektions- und Isolierungsmaßnahmen erfordern, sind vor allem Durchfallepidemien - typischerweise mit dem hochansteckenden und langlebigen Norovirus - und Influenzaausbrüche.

An Bord von Kreuzfahrtschiffen müsse man zudem immer mit Windpocken oder sonstigen Kinderkrankheiten rechnen, wies Schlaich auf ein nicht so bekanntes Phänomen hin. Denn Schiffsreisen seien längst nicht mehr nur bei älteren Menschen beliebt, sondern würden zunehmend auch von jungen Familien gebucht. Leider gebe es immer wieder Eltern, die mit erkrankten Kleinkinder an Bord kämen. Das sei unverantwortlich den Mitreisenden gegenüber. Besonders empfänglich sind ihrer Aussage nach Crewmitglieder, vor allem - was häufig der Fall ist - wenn sie aus Ländern wie beispieleweise Sri Lanka oder den Philippinen kommen, wo die Immunität nicht so hoch ist.

Zur Prävention führen die Reedereien und Gesundheitsbehörden umfassende Hygiene- und Überwachungsmaßnahmen durch. Seit der H1N1-Pandemie werden alle Passagiere vor Antritt der Kreuzfahrt nach Erkältungskrankheiten bzw. typischen Symptomen wie Fieber befragt und gegebenenfalls durch den Schiffsarzt genauer untersucht. Dass diese Vorkehrungen allem Anschein nach erfolgreich waren, lässt sich darn erkennen, dass es an Bord von Kreuzfahrtschiffen nur sehr wenige Ausbrüche der "Neuen Influenza" gegeben hat.

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Anforderungen an Schiffsärzte sind hoch

Passagierschiffe sind moderne Freizeiteinrichtungen, in denen mehrere tausend Menschen autark auf hoher See versorgt werden müssen. Dementsprechend hoch sind die Anforderungen an die Schiffsärzte. Ihr Aufgabengebiet ist breit gefächert und reicht vom üblichen hausärztlichen Spektrum bis hin zur Betreuung von Menschen mit spezifischen Problemen wie Kleinkindern, Senioren, Schwangeren oder chronisch Kranken. Die Kollegen müssten, so Schlaich, auch bei chirurgischen und internistischen Notfällen in der Lage sein, eigenverantwortlich zu handeln und mit dem Kapitän eine folgenschwere Entscheidung zur Kursänderung oder Evakuierung zu fällen.

Gabriele Blaeser-Kiel, Hamburg

Quelle: Pressekonferenz im Rahmen der "3. Northern European Conference on Travel Medicine" (NECTM) in Hamburg