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DOI: 10.1055/s-0030-1270246
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York
Parcours durch die Reisemedizin – DFR-Jahrestagung 2010 in Heidelberg
Publication History
Publication Date:
13 December 2010 (online)
- Arbeitsmedizinische Themen
- Malaria, Medikamentenfälschungen, Lyme-Borreliose und Chagas-Krankheit
- Beschneidung und Blindheit
Die 13. Jahrestagung des DFR fand in angenehmem Ambiente in Heidelberg statt, mit Blick auf den Neckar. Das fachliche Programm spiegelte die vielen Facetten der Reisemedizin, von der "klassischen" Tropenmedizin bis zu Gesundheitsaspekten von Migranten in Deutschland, wider. Das Programm eröffnete Dr. Rosemarie Mazzola, Freiburg, mit der inzwischen schon traditionellen Vorstellung schwieriger reisemedizinischer Fälle. Die lebhafte Beteiligung der Tagungsteilnehmer an der Diskussion belegt - wie auch bei anderen Themen -, wie sehr die Tagung Kollegen mit großer eigener Beratungserfahrung zusammenführt und zum direkten Meinungsaustausch einlädt.
#Arbeitsmedizinische Themen
Dr. Clara Schlaich, Hamburg, berichtete über die Normierung der Qualifikationsanforderungen für Ärzte, die auf Kreuzfahrtschiffen tätig sein wollen. Neben den Richtlinien des Internationalen Verbandes der Kreuzfahrt-Reedereien (CLIA) von 2010 gibt es eine mit der See-Berufsgenossenschaft abgestimmte Empfehlung des Arbeitskreises Schiffshygiene der bundesdeutschen Küstenländer. Zu einer Facharztqualifikation sollten eine breite klinische Erfahrung, notfallmedizinische Kompetenz und eine apparativ-diagnostische kommen, je nach Ausstattung des Schiffes.
Die gegenwärtige, im Umbruch befindliche Situation hinsichtlich der Qualifikationsanforderungen für Arbeitsmediziner, die Tropentauglichkeitsuntersuchungen nach G-35 anbieten wollen, war Thema von Dr. Uwe Ricken, Bad Essen. Hierzu hat der DFR Vorstellungen entwickelt, die dem Ausschuss für Arbeitsmedizin bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (AfAMed) vorgelegt wurden.
Bei Auslandsaufenthalten, gerade auch im beruflichen Zusammenhang, können psychische Traumata auftreten. Ulrich Manz, Mannheim, gab hierzu einen Überblick und verwies auf die Trias Intrusionen, Übererregung und Vermeidung. Dr. Henning Thiele, Ludwigshafen, stellte das Spektrum von Aufgaben vor, die die Arbeitsmedizin eines globalen Unternehmens zu leisten hat, insbesondere auch im Versuch, Sicherheits-, Hygiene- und andere Standards an den verschiedenen Standorten zu implementieren.


Herzlichen Glückwunsch an Prof. Erich Kröger ...


... und vielen Dank an Frau Bergmann.
Malaria, Medikamentenfälschungen, Lyme-Borreliose und Chagas-Krankheit
Dr. Benjamin Mordmüller, Tübingen/Lambaréné, fasste die gegenwärtigen neuen Entwicklungen im Bereich der Malariatherapie zusammen. Die WHO empfiehlt artemisinbasierte Kombinationstherapien (ACT), wobei man eine kurz und eine lang wirksame Substanz kombinieren sollte. Mit Dihydroartemisinin plus Piperaquin steht ein solches Präparat kurz vor der Zulassung in Europa und wird voraussichtlich eine neue Stand-by-Option eröffnen.
Prof. Harald Schweim, Bonn, beschäftigte sich mit Medikamentenfälschungen, vor allem in Reiseländern. Anhand eindrucksvoller Bilder und Zahlen zur "Betriebswirtschaft des Fälschens" belegte er, warum sogenannte Lifestyle-, zunehmend aber auch andere Medikamente imitiert werden, und worin die Gefahren liegen können.
Sehr konkret berichtete Dr. Volker Fingerle, Oberschleißheim, über die diagnostischen und therapeutischen Entscheidungswege bei der Lyme-Borreliose. Aus verschiedenen Gründen etabliert sich in Deutschland eine Szene, die an der wissenschaftlich nicht begründbaren (Über-)Diagnostik und (Über-)Therapie interessiert ist.
Die Chagas-Erkrankung ist die südamerikanische Trypanosomiasis. Laut Dr. August Stich, Würzburg, gibt es aktuell die Befürchtung, dass die Erkrankung auch in Abwesenheit von Raubwanzen in Europa existieren und weiter verbreitet werden könnte, etwa durch Blut- oder Organspenden. Der Referent warb um besondere diagnostische Aufmerksamkeit bei aus Südamerika stammenden Personen oder solchen, die dort lange gelebt haben.
#Beschneidung und Blindheit
In einem breiten Gürtel Nordafrikas werden weiterhin Beschneidungen an Frauen durchgeführt. In Deutschland können diese im Zusammenhang mit gynäkologischen oder urologischen Behandlungsfällen deutlich werden. Dr. Marion Hulverscheidt, Berlin, referierte über die Formen und Folgen weiblicher Beschneidung. Dabei ist eine klare persönliche Stellungnahme und die deutliche Ablehnung jeder Mitwirkung an diesen Praktiken ebenso erforderlich wie Sensibilität im Umgang mit den Betroffenen und ihrem Umfeld, die die Eingriffe ja oft als geboten ansehen und die Bezeichnung als "Verstümmelung" ablehnen.
Dr. Sture Nyholm, Bensheim, präsentierte abschließend die global im Vordergrund stehenden Ursachen für Blindheit und zeigte anhand von Berichten über seine Operationskampagnen in Ostafrika, wie und welche Ursachen man relativ leicht angehen könnte. Insbesondere im Falle der Katarakt und des Trachoms engagiert er sich in Zusammenarbeit mit der Christoffel-Blindenmission.
Insgesamt ergab sich ein hochinteressanter Parcours durch die Reisemedizin. Einige Zuhörer merkten zurecht an, dass nicht alle Referenten von der Möglichkeit Gebrauch machten, eine Vortragszusammenfassung mit wichtigen Thesen, Literaturangaben oder Links vorzubereiten und in die Tagungsmappe einbinden zu lassen. Wir werden bei der Folgeveranstaltung versuchen, darauf besonders hinzuwirken.
Dr. Burkhard Rieke, Düsseldorf


Herzlichen Glückwunsch an Prof. Erich Kröger ...


... und vielen Dank an Frau Bergmann.