Die Nachbehandlung nach operativer Therapie von lokalisierten Knorpeldefekten stellt
wie die operative Behandlung selbst eine therapeutische Herausforderung dar. Folgende
Arbeit will herausfinden, was wirklich hilft.
Continuous Passive Motion, Early Weight Bearing, and Active Motion following Knee
Articular Cartilage Repair: Evidence for Clinical Practice. Cartilage 2010 1: 276
Einleitung
Die meisten Nachbehandlungsprotokolle nach Knorpelersatz fokussieren sich auf den
Schutz des behandelten Defektbereiches durch Entlastung oder Teilbelastung des betroffenen
Gelenks, Restriktion des Bewegungsausmaßes und Benutzung einer Motorschiene zur kontinuierlichen
passiven Bewegung (CPM). Ziel der vorliegenden systematischen Literaturübersicht war,
die Fragen zu beantworten, ob
-
die Verwendung der CPM die Heilung des therapierten Defektbereichs verbessert und
in welcher Art und Weise (Stunden/Tag, Dauer insgesamt) sie angewendet werden sollte;
-
die aktive Bewegung des betroffenen Gelenks mit oder anstatt der CPM verwendet werden
kann und
-
die Patienten die Belastung früh steigern können ohne den Therapieerfolg zu gefährden.
Studiendesign
In einer systematischen Literaturübersicht wurden verschiedene Datenbanken mit geeigneten
Schlüsselwörtern durchsucht. Ausgesucht wurden alle grundlagenwissenschaftlichen und
klinischen Arbeiten, welche die Auswirkung der CPM, aktiver Bewegung und Belastung
auf die Heilung von Gelenkknorpeldefekten untersuchten. Die ausgesuchten Arbeiten
wurden nach der "Strength of Recommendation Taxonomy (SORT)" zur Beurteilung der klinischen
Evidenz für die klinische Anwendung bewertet.
Ergebnisse
16 Arbeiten konnten nach Beachtung der Ein- und Ausschlusskriterien für die Auswertung
herangezogen werden. Darunter befanden sich lediglich 4 klinische Studien mit nur
einer kontrollierten prospektiven, randomisierten Studie.
Für die Anwendung der CPM zeigte sich in Tiermodellen eine eindeutige, allerdings
in klinischen Studien nur eingeschränkte Evidenz für die Anwendung nach Knorpelersatztherapie.
Für die klinische Anwendung konnte nur die Empfehlungsstärke "C" vergeben werden (Empfehlung
basierend auf gewohnter Praxis, Konsensus, Meinung, krankheitsorientierter Evidenz
und klinischen Fallstudien). Postulierte Vorteile sind die Verbesserung der Beweglichkeit,
Verminderung der Entzündungsreaktion und Förderung der Heilung des Defektbereichs.
Durch die Ergebnisse in Tiermodellen wird die Anwendung der CPM für 6 – 8 h täglich
empfohlen, für den genauen Zeitraum der Anwendung kann allerdings keine Aussage getroffen
werden. Eine evtl. schädliche Wirkung der CPM war nicht zu erkennen.
Eine frühzeitige aktive Bewegung und Vollbelastung des betroffenen Gelenks erwies
sich in Tierstudien, einer klinischen Fallserie und einer kontrollierten prospektiven,
randomisierten Studie als vorteilhaft. In der prospektiven, randomisierten Studie
zeigte sich durch eine beschwerdeadaptierte Belastungssteigerung mit Erreichen der
Vollbelastung nach 8 Wochen in einem Nachuntersuchungszeitraum von 3 Monaten eine
Verbesserung der Funktion, Schmerz und Aktivität im Vergleich zur etablierten Nachbehandlung
ohne eine Zunahme von Komplikationen. Entsprechend wurde die bessere Empfehlungsstärke
"B" vergeben (Empfehlung basierend auf inkonsistenter oder in der Qualität eingeschränkter
patientenorientierter Evidenz).
Dr. med. Christoph Becher
Orthopädische Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover im Annastift
eMail: christoph.becher@ddh-gruppe.de