Der Klinikarzt 2010; 39(12): 578
DOI: 10.1055/s-0030-1271900
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Primär- und Sekundärprophylaxe – Indikationen für niedermolekulares Heparin in der Onkologie

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10 January 2011 (online)

 
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Tumorpatienten haben gegenüber der Allgemeinbevölkerung ein rund 5-fach erhöhtes Risiko für venöse Thromboembolien (VTE). Bei etwa der Hälfte von ihnen findet sich post mortem eine Lungenembolie als Todesursache. Dennoch kann eine Primärprophylaxe für alle Patienten mangels Studiendaten bislang nicht empfohlen werden. In der Sekundärprophylaxe sollte ein niedermolekulares Heparin (NMH) über mehr als 3 Monate eingesetzt werden.

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TOPIC I und II: 6-monatige Prophylaxe mit NMH zeigte keinen Benefit

Ein wichtiger Risikofaktor für VTE bei Krebspatienten ist die Chemotherapie: So führt ein platinhaltiges Regime z. B. beim nicht-kleinzelligen Lungenkrebs (NSCLC) zu einer Verdopplung der VTE-Rate, erinnerte Prof. Dr. A. Weltermann, Linz (Österreich). In den Studien TOPIC I und II bei NSCLC und Brustkrebs zeigte die 6-monatige Prophylaxe mit einem niedermolekularen Heparin dennoch keinen Benefit: Beim Mammakarzinom waren die VTE-Raten in Placebo- und Verumgruppe gleich, beim NSCLC wurde die VTE-Rate zwar fast halbiert, allerdings auf Kosten eines leicht erhöhten Blutungsrisikos. Zudem fiel dieses Ergebnis nicht signifikant aus. Möglicherweise, so Weltermann, waren die Teilnehmerzahlen der TOPIC-Studien mit je rund 300 Patienten zu klein, um zu einer klaren Aussage zu kommen.

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CONKO-004: NMH-Prophylaxe senkt VTE-Rate signifikant

Ein eindeutigeres Ergebnis liefert die Studie CONKO-004 an 312 Patienten mit fortgeschrittenem oder metastasiertem Pankreaskarzinom. Sie wurden randomisiert einem Beobachtungsarm mit alleiniger Chemotherapie oder einem experimentellen Arm mit Enoxaparin (Clexane®) in halbtherapeutischer Dosierung (1 mg/kg/Tag) zusätzlich zur Zytostase zugeteilt. Die VTE-Rate wurde durch die NMH-Prophylaxe signifikant gesenkt: Im Kontrollarm lag die Rate symptomatischer VTE bei 14,5 %, im NMH-Arm dagegen bei nur leicht erhöhter Blutungsrate bei 5 %. Vermutlich profitieren laut Weltermann vor allem Patienten mit besonders hohem VTE-Risiko wie beim Pankreaskarzinom von einer Primärprophylaxe mit einem NMH. Bislang wird bei zytostatisch behandelten Krebspatienten daher keine routinemäßige Thromboseprophylaxe empfohlen. Eine Ausnahme sind lediglich Patienten mit multiplem Myelom unter einer Therapie mit Thalidomid.

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Preisausschreibung – Wilhelm P. Winterstein-Preis 2011 der Deutschen Herzstiftung e.V.

Die Deutsche Herzstiftung vergibt im Jahr 2011 ein weiteres Mal den Wilhelm P. Winterstein-Preis, dotiert mit 10 000 Euro. Ausgezeichnet wird eine wissenschaftliche Arbeit auf dem Gebiet der Herz-Kreislauf-Erkrankungen, bevorzugt aus einem patientennahen Forschungsgebiet. Die Arbeit darf einen Gesamtumfang von 25 Seiten nicht überschreiten und in dieser Form noch nicht veröffentlicht worden sein. Dem Text ist eine Zusammenfassung in deutscher Sprache voranzustellen. Teilnahmeberechtigt sind Ärztinnen und Ärzte aus Deutschland.

Die Bewerbungsunterlagen mit tabellarischem Lebenslauf und der Einverständniserklärung der Co-Autoren einschließlich deren Angabe zu ihren Arbeitsanteilen sind in zweifacher Ausfertigung und zusätzlich in einer anonymisierten Fassung als pdf- oder Word-Datei auf einem Datenträger bis spätestens 21. Februar 2011 (Poststempel) zu senden an: Deutsche Herzstiftung e.V., Vogtstraße 50, 60 322 Frankfurt am Main. Alternativ kann die Bewerbung auch online erfolgen unter http://www.herzstiftung.de/winterstein_bewerben_online.php

Die Preisverleihung erfolgt im Rahmen der Mitgliederversammlung der Deutschen Herzstiftung im Juni 2011 in Frankfurt am Main. Weitere Informationen sind zu erhalten unter Tel. 069/955128-119 oder der Homepage der Deutschen Herzstiftung zu entnehmen.

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EXCLAIM: hochgradig immobile Patienten profitieren von Enoxaparin

Etabliert ist dagegen heute die verlängerte Thromboseprophylaxe bei großen tumorchirurgischen Eingriffen im Becken- und Abdominalbereich. "So kann man die Raten an symptomatischen Thrombosen deutlich senken", so Weltermann. Bei akut kranken stationären Tumorpatienten ist die verlängerte Thromboseprophylaxe laut Daten einer Subgruppenanalyse der EXCLAIM-Studie dagegen ohne Benefit. Ausreichend ist die bis zu 14-tägige Prophylaxe bei Bettlägerigkeit. In der EXCLAIM-Studie profitierten vor allem Patienten > 75 Jahre, Frauen und hochgradig immobile Patienten von der Enoxaparin-Gabe.

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CLOT-Studie: NMH-Sekundärprophylaxe nach Thrombose ist Standard

Eine NMH-Sekundärprophylaxe über 3-6 Monate, bei fortbestehenden Risikofaktoren auch länger, ist heute bei Tumorpatienten nach durchgemachter Thrombose wie auch in anderen Patientengruppen Standard. Diese Empfehlung basiert auf der CLOT-Studie an Tumorpatienten mit tiefer Venenthrombose oder Lungenembolie. Die VTE-Rate konnte bei 6-monatiger NMH-Gabe gegenüber dem Kontrollarm, in der die Langzeitprophylaxe mit einem Vitamin-K-Antagonisten erfolgte, innerhalb von 6 Monaten etwa halbiert werden. Die Blutungsrate war in beiden Armen ähnlich. Bei Patienten, die nach einem halben Jahr nicht in Remission sind, sollte die Prophylaxe noch länger fortgeführt werden, empfahl Weltermann.

Dr. Katharina Arnheim, Berlin

Quelle: Symposium "Praxischeck 2010 - Aktuelle Prophylaxe und Therapie der venösen Thromboembolie" im Rahmen der 15. Dreiländertagung der Schweizerischen, Deutschen und Österreichischen Gesellschaften für Angiologie, am 15. September 2010 in Basel. Veranstalter: sanofi aventis
Die Autorin ist freie Journalistin