Der Klinikarzt 2010; 39(12): 579
DOI: 10.1055/s-0030-1271902
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Fertigspritze statt Infusion – Das hereditäre Angioödem unter Kontrolle

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Publikationsdatum:
10. Januar 2011 (online)

 
Inhaltsübersicht

Das hereditäre Angioödem (HAE) ist selten, aber oft gravierend. Unvorhersehbar und rezidivierend treten Ödeme im Gesicht, an den Händen oder Füßen, im Genital-, Magen-Darm- und/oder Kehlkopfbereich auf, erläuterte Prof. Konrad Bork, Mainz. Ödeme im Bauchraum können sehr schmerzhaft sein, Schwellungen im Bereich von Kehlkopf und Zunge sind ein medizinischer Notfall. An ein hereditäres Angioödem ist zu denken, wenn es sich um Ödeme ohne Quaddeln handelt, die Symptomatik in jungen Jahren eintritt und ein HAE in der Familie bekannt ist, so Prof. Marcus Maurer, Berlin. Im Gegensatz zur Urtikaria bildet sich beim Angioödem die Symptomatik auch nicht innerhalb von 24 Stunden zurück, sondern oft erst nach Tagen.

Beim HAE besteht ein Gendefekt für ein Plasmaprotein, den C1-Esteraseinhibitor (C1-INH). Bei einem Mangel oder einer Dysfunktion von C1-INH wird letztlich überschießend Bradykinin gebildet. Das Gewebshormon bindet u. a. an Bradykinin-B2-Rezeptoren der Blutgefäße, dilatiert sie und erhöht ihre Permeabilität. Flüssigkeit tritt ins Gewebe aus und verursacht die Schwellungen.

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Icatibant bremst nicht-allergische Ödeme

Mit dem ersten Bradykininrezeptor-B2-Antagonisten Icatibant (Firazyr®) steht seit nunmehr 2 Jahren für das HAE eine spezifische Pharmakotherapie zur Verfügung. Akute Attacken können mit einer subkutan applizierten Fertigspritze behandelt werden. Bislang standen lediglich Infusionen von C1-INH-Konzentrat aus Spenderblut zur Verfügung. In den Zulassungsstudien beschrieben HAE-Patienten bei Icatibant eine Symptombesserung nach etwa 2 bis 2,5 Stunden, was für den Patienten enorm entlastend und im Fall einer Kehlkopfattacke lebensrettend sein kann, so Dr. Murat Bas, München.

Patienten- und Therapiedaten zu Icatibant kann der Arzt in anonymisierter Form in das Patientenregister IOS (Icatibant Outcome Survey) eingeben. Diese Dokumentation machte die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) nach der Zulassung zur Auflage, um Anwendung und Sicherheit des first-in-class-Arzneimittels zu verfolgen, besonders z. B. bei Ischämiepatienten.

Eine fundierte Informationsmöglichkeit zum HAE für Ärzte und Patienten findet sich ebenfalls online: www.angiooedem.net. Geboten wird außerdem ein Selbsttest, der Patienten auf die Spur ihrer seltenen, oft fehlinterpretierten Krankheit führt. Für Ärzte gibt es einen Doccheck-geschützten Zugang zu Diagnose- und Behandlungsalgorithmen, Differenzialdiagnosen und Literatur.

Ralf Schlenger, München

Quelle: Pressegespräch "Hereditäres Angioödem: aus der Forschung in die Praxis" am 28. Juli 2010 in München.
Veranstalter: Shire Deutschland GmbH, Berlin