Der Klinikarzt 2010; 39(12): 584
DOI: 10.1055/s-0030-1271908
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Vorhofflimmern – Neues vorhofselektives Antiarrythmikum

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Publication Date:
10 January 2011 (online)

 
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Mit Vernakalant (Brinavess®) wurde im September 2010 ein neuartiges Antiarrhythmikum durch die Europäische Zulassungsbehörde (EMA) zugelassen. Intravenös verabreicht, ermöglicht Vernakalant bei Patienten mit kurzfristig bestehendem Vorhofflimmern die rasche Kardioversion in den Sinusrhythmus.

Prof. Paul Kirchhof, Münster, bezeichnete die vorhofselektive Wirkung von Vernakalant als den entscheidenden Vorteil gegenüber herkömmlichen Antiarrhythmika. Vernakalant ist ein Multi-Ionenkanalblocker mit bevorzugter Blockade von Kaliumkanälen. Der durch Vernakalant blockierte Kaliumionenauswärtsstrom IKur (ur: ultrarapidly) in Phase 3 des Aktionspotenzials (AP) ist vorhofselektiv. Die Blockade des IKur-Kanals führt zu einer vorhofselektiven Verlängerung des Aktionspotenzials, welches wesentlich zum antifibrillatorischen Effekt von Vernakalant beiträgt.

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Phase-III-Studien

In den Studien ACT I-IV (ACT: Atrial Arrythmia Conversion Trials) wurden Patienten mit Vorhofflimmern untersucht, erläuterte Prof. Andreas Götte, Paderborn. Primärer Endpunkt war die Konversion in den Sinusrhythmus. ACT I-III waren randomisierte, doppelblinde und placebokontrollierte Studien, ACT IV eine offene Sicherheitsstudie. Die Dosierung von Vernakalant lag bei 3 mg/kg Körpergewicht (KG), gefolgt von 2 mg/kg KG.

Bei weniger als 7 Tage bestehendem Vorhofflimmern lag die Konversionsrate in allen Studien bei etwa 50 %. Je kürzer das Vorhofflimmern bestand, desto höher war die Erfolgsrate. Die mittleren Konversionszeiten lagen zwischen 8-14 Minuten.

In einer aktiven Vergleichsstudie (AVRO, Active-Controlled, Multi-Center Study of Vernakalant Injection versus Amiodarone in Subjects with Rescent Onset Atrial Fibrillation) wurden Patienten mit kürzlich aufgetretenem Vorhofflimmern (Dauer 3-48 Stunden) untersucht. Unter der Therapie mit Vernakalant kam es bei 51,7 % der Patienten zu einer Kardioversion. Bei der Therapie mit Amiodaron gelang dies nur bei 5,2 % der Patienten.

Eine orale Formulierung von Vernakalant befindet sich derzeit in Phase II der Entwicklung.

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Therapeutisches Profil

Mit der Therapie sollte möglichst früh begonnen werden, betonte PD Dr. Jochen Ehrlich, Frankfurt. Ein therapeutischer Erfolg ist umso wahrscheinlicher, desto kürzer das Vorhofflimmern besteht. Bei einem Vorhofflimmern, das bereits über eine Woche andauert, sind die Erfolgschancen geringer als 10 %.

Die bislang durchgeführten klinischen Studien weisen darauf hin, dass Vernakalant gut verträglich ist. Häufigste Nebenwirkung war eine reversible Geschmacksstörung. Es folgten Niesen, Parästhesien, Übelkeit und Hypotonie. Häufigste schwerwiegende Nebenwirkung war eine schwere Hypotonie. Noch sind die Patientenzahlen in den durchgeführten Studien allerdings zu klein, um eine sichere Aussage über das Nebenwirkungspotenzial von Vernakalant zu treffen.

Dr. Claudia Borchard-Tuch, Zusmarshausen

Quelle: Satellitensymposium "Vorhofselektive Therapie - ein Fortschritt in der Behandlung des akuten Vorhofflimmerns", im Rahmen der DGK-Herbsttagung am 08.Oktober 2010 in Nürnberg.
Veranstalter: MSD Sharp & Dohme, Haar