Der Klinikarzt 2010; 39(12): 584
DOI: 10.1055/s-0030-1271909
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Hämophilie-Therapie – Regelmäßige Faktor-VIII-Substitution

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Publikationsdatum:
10. Januar 2011 (online)

 
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In Deutschland leben etwa 6 000 Menschen mit Hämophilie A. Die Behandlung besteht in einer Substitution des fehlenden oder funktionell beeinträchtigten Gerinnungsfaktors VIII. "Diese Therapie muss lebenslang erfolgen und in allen Lebensphasen optimal sein, um den Patienten ein weitgehend normales Leben zu ermöglichen", erklärte Prof. Johannes Oldenburg aus Bonn. Wichtig sei daher die Sicherheit der Faktorpräparate. Virusinaktivierungsverfahren und gentechnische Herstellung haben hier einen hohen Sicherheitsstandard etabliert, der laut Oldenburg kaum noch zu verbessern sei.

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Prophylaxe versus Bedarfstherapie

Um Blutungen und als häufigste Folge Gelenkschäden von vornherein zu vermeiden, ist bei Kindern die prophylaktische Faktor-VIII-Gabe indiziert. Sie reduziert das Risiko für Gelenkschäden um 83% - verglichen mit intensiver Bedarfstherapie. Das zeigte eine erste doppelblinde randomisierte Studie zur Prophylaxe mit 65 Kindern, die zu Studienbeginn jünger als 30 Monate waren und über 5 Jahre alle 2 Tage mit 25 I.E./kg KG substituiert wurden [1]. Um auch bei Erwachsenen Gelenkschäden oder intrazerebrale Blutungen zu verhindern, wäre auch hier eine Prophylaxe wünschenswert - eine generelle Empfehlung dafür gibt es in Deutschland bislang nicht.

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Frühe Prophylaxe verhindert Antikörper

Eine andere Studie demonstrierte, dass die prophylaktische Gabe eine häufige Komplikation der Hämophilie-Therapie vermindert. 20-30 % der schwer betroffenen Patienten entwickeln Antikörper, die den substituierten Gerinnungsfaktor neutralisieren. Eine niedrig dosierte, frühe Prophylaxe ab dem dritten Lebensmonat reduziert die Bildung der sogenannten Hemmkörper von 47,8 % unter Bedarfstherapie auf 3,8 % [2]. Um gebildete Hemmkörper zu eradizieren, ist eine hoch dosierte Faktorgabe zweimal täglich über 1-2 Jahre möglich. Die Therapiekosten steigen dadurch von etwa 100 000 Euro pro Patient auf über 1 Million Euro.

Aktuell arbeiten Hersteller wie Bayer und Novo Nordisk an einer Verlängerung der Halbwertzeit der Faktorkonzentrate, um die Frequenz der prophylaktischen Gabe zu senken. Muss derzeit noch mindestens dreimal wöchentlich substituiert werden, könnte in Zukunft nur noch eine Injektion alle 1-2 Wochen notwendig sein. In etwa 3 Jahren sollten die neuen Präparate verfügbar sein, erwartet Oldenburg.

Michael Koczorek, Bremen

Quelle: Pressegespräch "5 Jahre ,Bündnis zur Förderung der Sicherheit von Hämophilen' (BFSH e.V.) - Bilanz und Perspektiven", am 1. Dezember 2010 in Berlin.
Veranstalter: BFSH, Erfurt

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Literatur

  • 01 Manko-Johnson, et al. N Engl J Med. 2007;  357 535-544
  • 02 Kurnik K, et al. Haemophilia. 2010;  16 256-262
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Literatur

  • 01 Manko-Johnson, et al. N Engl J Med. 2007;  357 535-544
  • 02 Kurnik K, et al. Haemophilia. 2010;  16 256-262