Das Bemühen um Behandlungsqualität ist ohne Frage ein zentrales Anliegen jeder ärztlichen
Behandlung. Treibende Kraft war dabei traditionell der karitative Aspekt des ärztlichen
Handelns, das erst in den letzten Jahrzehnten durch ökonomische und „Marketing“-Gesichtspunkte
ergänzt und zum Teil ersetzt wurde. Qualität der Therapie wird nicht nur der individuellen
Patientin geschuldet, sondern wird von Kostenträgern eingefordert und von politischen
Planern als Tätigkeitsvoraussetzung verlangt.
Für das Mammakarzinom hat sich bezüglich der Entwicklung von strukturierten Qualitätskonzepten
eine Vorreiterfunktion ergeben. Diese Tatsache erklärt sich dadurch, dass durch die
Erkrankungshäufigkeit und evidente Qualitätsmängel durch persönliches Fehlverhalten
eine politische Aktion mit dem Ziel einer besser kontrollierbaren Qualität und der
Etablierung von Brustzentren ausgelöst wurde. Darüber hinaus hat die im Vergleich
mit anderen onkologischen Erkrankungen intensive Entwicklung in Richtung multimodaler
Behandlungsstrategien eine überschaubare Dokumentation nahegelegt.
Beim Start der Bemühungen wurde deutlich, dass Qualitätssicherung und darauf basierende
Vergleiche aus unterschiedlichen Interessen betrieben und für diese konfiguriert
und zum Teil auch missbraucht werden können. Dies wurde deutlich, als im Jahr 2002
ein intensiv erarbeitetes Dokumentationskonzept zur Begleitung des DMP-Programms für
das Mammakarzinom (WBC) durch eine Grobdokumentation als Zugang zum Risikostrukturausgleich
ersetzt wurde, die keinen Zusammenhang mit Qualitätsaspekten hatte. In der Folge wurden
Dokumentationsprogramme aus verschiedenen Richtungen und Intentionen in die Praxis
eingeführt, wodurch unrealistische Mehrfachdokumentationsanforderungen – zumeist an
ärztliche Mitarbeiter – resultierten.
Von ärztlicher Seite ist von Beginn an darauf hingewiesen worden, dass eine Entwicklung
und Verteilung der Brustzentren auf der Basis von Qualitätsmerkmalen die einzig allgemein
akzeptable Vorgehensweise darstellt. Unter diesem Gesichtspunkt muß dann auch die
Qualitätserfassung und das darauf basierende Benchmarking, das für einzelne Ärzte
und Abteilungen existentielle Bedeutung bekommen kann, einen allgemein akzeptierten,
medizinisch definierten Standard erfüllen, der nicht wegzudiskutieren ist.
Dabei muß der Aufwand für die Erfüllung dieses Zieles limitiert werden – nicht zuletzt,
weil die Kosten und der ärztliche und sonstige Zeitaufwand in unmittelbarer Konkurrenz
zu der eigentlichen Patientenversorgung stehen: Wenn der letzte Euro für die perfekte
Dokumentation verausgabt wurde, stehen für Operation, Bestrahlung und medikamentöse
Therapie keine Ressourcen mehr zur Verfügung.
Des Weiteren sollte so früh wie möglich die Frage geklärt werden, welche Qualitätsunterschiede
in einzelnen Subgruppen auf der Grundlage der gegebenen Fallzahlen statistisch valide
herausgearbeitet werden können und welche theoretisch darstellbaren Differenzen für
die praktische Betreuung der individuellen Patientin relevant sind. Statt grenzwertiger
p-Werte sollten möglicherweise Qualitätskorridore dargestellt werden, die guten Standard,
verbesserungsfähige Ergebnisse und nicht vertretbare Verhältnisse erkennbar machen.
Das – verständliche – Streben von Patientinnen nach der optimalen Therapiequalität
sollte nicht in Frustration und in Vorwürfen gegen die Ärzteschaft enden, dass die
erhoffte Darstellung der Qualität von Anbeginn auf Grund der Ausgangsbedingungen gar
nicht erreichbar war und diese Tatsache bei systematischer Analyse der Situation von
Anfang an hätte erkannt werden können.