Der Klinikarzt 2011; 40(2): 57
DOI: 10.1055/s-0031-1274162
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York

Me Tarzan, you Jane

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Publication Date:
04 March 2011 (online)

 

In den Kliniken arbeiten zunehmend Ärztinnen. Ihr Anteil stieg in den letzten 10 Jahren von 33 auf 43 %. Dieser Trend wird sich fortsetzen, denn der Frauenanteil bei den Einschreibungen in das Medizinstudium betrug 64 % zum Wintersemester 2009/2010. Eine bedeutende Änderung am Arbeitsplatz Klinik also. Ist das positiv, negativ oder einfach nur normal? Sicher: Ärztinnen sind bei Patienten beliebt. Sie haben offenbar einen besseren Draht zum Kranken, vielleicht weil sie häufiger, aber auf jeden Fall, weil sie besser kommunizieren [1]. Schlechte Kommunikation ist der häufigste Grund für einen Arztwechsel des Patienten [2] und für Klagen.

Doch wie wirkt sich der steigende Frauenanteil auf das kollegiale Miteinander aus? Zweifellos werden sich die Folgen des Ärztemangels (schon jetzt sind 5 500 Klinikarztstellen unbesetzt) durch einen wachsenden Frauenanteil an den Klinikärzten verschärfen. Denn Frauen fallen aufgrund der Mutterschutzbestimmungen bereits in der Schwangerschaft für bestimmte Tätigkeiten und Dienste aus; sie gehen in Mutterschutz; und sie müssen aufgrund familiärer Verpflichtungen eher pünktlich Feierabend machen als Männer. Was beim männlichen Teil der Ärzteschaft (und ihren kinderlosen Kolleginnen) unterschwellig nicht selten zu Unmut führt.

Mag sein, dass sich für Frauen die Arbeit in der Klinik mit Kindern irgendwie vereinbaren lässt. Aber mit einer Karriere? Während der Frauenanteil bei den Promotionen rund 50 % beträgt, sinkt er bei den Habilitationen auf gut 20 %. Nur jede siebte leitende Stellung ist mit einer Frau besetzt. Dass Ärztinnen in den Berufsverbänden, in den wissenschaftlichen Beiräten und auf Tagungsprogrammen fehlen, wird ebenfalls von den etablierten Berufsverbänden und Fachgesellschaften nicht als Problem verstanden. Die derzeitigen unkreativen und eher allgemein geratenen Positionspapiere der Fachgesellschaften für die Förderung des weiblichen wissenschaftlichen Nachwuchses werden die Frauen nicht fesseln. Das fehlende Interesse der Ärztinnen an solchen Gremien bewirkt allerdings auch deren zunehmende politische Irrelevanz.

Haben Frauen keinen Ehrgeiz, kein Machtbewusstsein - oder schlicht keine Zeit? Könnte das Hauptproblem das Uraltthema zwischen Frauen und Männern sein: Tarzan arbeitet und Jane macht den Haushalt? 97 % der Ärzte in Elternzeit sind Frauen.

Wenn der Großteil der Männer ihren Anteil an der Hausarbeit und Kindererziehung nicht übernehmen, was nach wie vor Realität ist, dann müssen sie damit leben, dass die Frauen pünktlich nach Hause gehen, keine Sonderaufgaben wie Mitarbeit in Gremien leisten möchten oder können und dass die Männer einen größeren Anteil in der Klinik übernehmen müssen. Weil es ein allgemein akzeptiertes gesamtgesellschaftliches Anliegen ist, dass Kinder geboren und erzogen werden, trifft das dann auch Frauen ohne Kinder. Es geht also nicht nur um Frauen oder Männer. Sondern um familiengerechte Arbeitsplätze.

Prof. Dr. med. Günther J. Wiedemann, Ravensburg

Literatur

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