Dtsch Med Wochenschr 2011; 136(12): 602
DOI: 10.1055/s-0031-1274550
Korrespondenz | Correspondence
Erwiderung
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ein weiterer „Verdächtiger”: Homöopathikum mit akuter interstitieller Nephritis assoziiert? – Erwiderung

Another „suspect“: homeopathic agent associated with acute interstitial nephritisM. Fischereder
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Publication Date:
16 March 2011 (online)

Die Hersteller legen die mikrobiologische Reinheit des Präparates unmissverständlich dar. Eine Kontamination mit lebensfähigen Pilzbestandteilen ist damit nicht wahrscheinlicher als in allen anderen Arzneimittellösungen und in der vermuteten Genese der hier berichteten akuten interstitiellen Nephritis (AIN) äußerst unwahrscheinlich.

Zu Recht weisen die Hersteller darauf hin, dass bei einer Reexposition meist die Symptome nicht abklingen. Wie jedoch aus dem Therapiekonzept der Desensibilisierung ersichtlich wird, kann sehr wohl durch eine wiederholte Applikation des verdünnten Antigens die zelluläre Immunantwort unterdrückt werden [1]. Ob für das fragliche Präparat in anderen Fällen allergische Reaktionen auftraten oder nicht, ist zudem für die Möglichkeit einer kausalen Verknüpfung zur beobachteten AIN dieser Patientin unbedeutend.

Bei unserer Patientin trat in der ärztlichen Betreuung bis heute unter unveränderter Lebensweise kein Rezidiv der Erkrankung auf [3]. Andere Auslöser bleiben damit weiterhin unwahrscheinlich. Ein wissenschaftlicher Beweis für die ursächliche Verknüpfung der Notakehl-Einnahme und der AIN ließe sich allerdings nur durch eine Reexposition führen. Bei der großen Gefahr einer dauerhaften terminalen Niereninsuffizienz bei erneut getriggerter AIN werden wir auch weiterhin im Interesse unserer Patienten darauf verzichten [2].

Die Hersteller weisen auf die derzeit gültigen Rückstandshöchstmengen für verschiedene Penicilline in Lebensmitteln hin, dabei handelt es sich um die Konzentration der Gesamtsubstanz. Relevant für die Allergisierung bei AIN sind jedoch auch arzneimittelinduzierte Antigene. Deren Gehalt wird für das fragliche Präparat nicht mitgeteilt, durch Behandlung mittels Zellmühle sowie verschiedenen Reinigungs- und Trennungsverfahren ist jedoch sehr wohl die Bildung von Haptenen mit nachfolgender Allergisierung vorstellbar.

Sinn unseres Beitrags war, die Problematik bei der Identifikation eines auslösenden Agens für einzelne Patienten zu illustrieren, sowie die Wichtigkeit einer umfassenden Anamnese zu betonen. Um bei der AIN die therapeutisch erforderliche Antigenkarenz zu erzielen, ist auch die Frage nach einer Selbstmedikation zu stellen. Bei der Abwägung der Risiken der jeweiligen Vorgehensweisen, ungerechtfertigtes Absetzen von Notakehl vs. Therapiefortführung mit dem damit verbundenen Risiko eines dialysepflichtigen Nierenversagens, halten wir auch jetzt unser Vorgehen für gerechtfertigt.

Literatur

  • 1 Ozdemir C. An immunological overview of allergen specific immunotherapy – subcutaneous and sublingual routes.  Ther Adv Respir Dis. 2009;  3 253-62
  • 2 Praga M, González E. Acute interstitial nephritis.  Kidney Int. 2010;  77 956-61 Epub 2010 Mar 24
  • 3 Türkoglu-Raach G, Gröne H J, Sitter T, Fischederer M. Ein weiterer „Verdächtiger”: Homöopathikum mit akuter interstitieller Nephritis assoziert.  Dtsch Med Wochenschr. 2010;  135 1224-1227

Prof. Dr. med. M. Fischereder

Medizinische Klinik und Poliklinik I
Schwerpunkt Nephrologie

Marchioninistraße 15

81377 München

Phone: 089/7095-2210

Fax: 089/7095-2362

Email: Michael.fischereder@med.uni-muenchen.de

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