Dialyse aktuell 2011; 15(1): 54
DOI: 10.1055/s-0031-1275207
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Nephroprotektion durch die selektive VDR-Aktivierung mit Paricalcitol – Die VITAL-Studie

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Publication Date:
08 March 2011 (online)

 
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Trotz der Behandlung mit RAAS-Inhibitoren (RAAS: Renin-Angiotensin-Aldosteron-System) haben Diabetiker ein erhöhtes Risiko für ein progredientes Nierenversagen - ein Risiko, welches mit dem Ausmaß der Proteinurie korreliert. Die VITAL[1]-Studie [1] sollte zeigen, ob die Therapie mit dem selektiven VDR-Aktivator Paricalcitol bei Patienten mit diabetischer Nephropathie die Albuminurie reduziert.

Die multinationale, placebokontrollierte, doppelblinde Studie schloss Patienten mit einer Diabetes und Albuminurie ein, die schon seit mindestens 3 Monaten einen ACE-Hemmer (ACE: "angiotensin converting enzyme") oder Angiotensin-Rezeptor-Blocker in stabiler Dosis erhalten hatten. Zwischen Februar 2007 und Oktober 2008 konnten von 904 gescreenten Diabetikern 281 im Alter von 64-65 Jahren und einer eGFR ("estimated glomerular filtration rate") von 39-42 ml/min/1,73 m2 eingeschlossen und computergestützt 1:1:1 randomisiert werden. Sie erhielten zusätzlich zur RAAS-Blockade 24 Wochen lang entweder Placebo (n = 93), 1 µg/d Paricalcitol (n = 93) oder 2 µg/d Paricalcitol (n = 95). Primärer Endpunkt der Studie war die prozentuale Änderung der mittleren UACR ("urinary albumin-to-creatinine ratio") in beiden Paricalcitolgruppen gegenüber der Placebogruppe vom Studienbeginn bis zur letzten Messung unter der Behandlung.

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Signifikante Effekte auf die Albuminurie

Die Änderung der UACR betrug -3 % (von 61 auf 60 mg/mmol) in der Placebogruppe. In der 1-µg-Paricalcitol-Gruppe waren es -14 % (von 63 auf 54 mg/mmol, p = 0,23), ein Ergebnis, das die statistische Signifikanz verfehlte. Die Patientengruppe, die 2 µg Paricalcitol erhalten hatte, zeigte jedoch gegenüber der Placebogruppe bereits nach 4 Wochen eine für den Rest der Studiendauer anhaltende, signifikante UACR-Reduktion zwischen -18 % und -28 % (p = 0,014). Der Patientenanteil, der einen UACR-Rückgang um mindestens 15 % erreichte - was als klinisch relevant eingestuft wurde - betrug in der 2-µg-Paricalcitol-Gruppe 55 % und war damit gegenüber der Placebogruppe statistisch signifikant (Abb. [1]).

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Abb. 1 Primärer/sekundärer Endpunkt: Effekt von Paricalcitol auf die UACR. Prozentuale durchschnittliche Veränderung vom Ausgangspunkt zu der letzten UACR unter Behandlung mit kombinierten Dosierungen verglichen mit Placebo. UACR = "urinary albumin-to-creatinine ratio"

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Weitere Ergebnisse, Sicherheit und unerwünschte Wirkungen

Parallel zur Albuminuriesenkung wurde unter 2 µg Paricalcitol ein geringerer, jedoch reversibler Abfall der eGFR und des Blutdrucks beobachtet, was vermutlich auf einen hämodynamischen Effekt hindeutet. In der Gruppe, die 2 µg Paricalcitol erhalten hatte, kam es bei denjenigen Patienten zur stärksten Absenkung der UACR, welche die höchste Natriumausscheidung (> 178 mmol/d) aufwiesen. Die UACR-Änderung war nach Studienende mit dem Absetzen von Paricalcitol reversibel. Dies spricht dafür, dass es sich dabei um einen substanzspezifischen Effekt von Paricalcitol handelt.

Die Inzidenz unerwünschter Wirkungen war in allen 3 Gruppen vergleichbar. Hyperkalzämien - definiert als 2 aufeinanderfolgende Serumkalziumwerte von > 2,62 mmol/l - traten nur sehr selten auf und die Verteilung war zwischen den Gruppen nicht signifikant unterschiedlich. Auch in dieser Studie bestätigte sich somit, dass die selektive VDR-Aktivierung kaum mit Vitamin-D-assoziierten Risiken behaftet ist.

Auch hinsichtlich der Kreatininverdopplung oder des Eintretens der Dialysepflicht gab es keine Gruppenunterschiede, ebenso wenig hinsichtlich CrP (C-reaktives Protein), Fibrinogen, IL-6 (Interleukin-6), TNFα (Tumornekrosefaktor alpha), Aldosteron und der Plasma-Renin-Aktivität. Das PTH (Parathormon) stieg in der Placebogruppe bis zum Ende der Medikationsphase an, in den Paricalcitolgruppen sank es dagegen signifikant ab.

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Schlussfolgerung für die Praxis

Die 24-wöchige Therapie mit täglich 2 µg Paricalcitol zusätzlich zur RAAS-Inhibition verbesserte bei Patienten mit diabetischer Nephropathie signifikant die residuale Albuminurie - besonders bei Patienten mit hoher alimentärer Natriumzufuhr, die oft gegen RAAS-Inhibitoren resistent sind. Darüber hinaus war die Therapie sicher und gut verträglich Paricalcitol könnte daher besonders bei Diabetikern ein neuartiger Ansatz einer "Add-on"-Therapie sein, um die renale Gefährdung zu mindern.

Dr. Martina Berthold, Weimar

Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der Abbott GmbH, Ludwigshafen.

Er wurde im Auftrag der Abbott GmbH, Ludwigshafen, von Frau Dr. Berthold (Medizinerin) erstellt.

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Literatur

  • 1 Zeeuw D de, Agarwal R, Amdahl M, et al. Selective vitamin D receptor activation with paricalcitol for reduction of albuminuria in patients with type 2 diabetes (VITAL study): a randomised controlled trial.  Lancet. 2010;  376 1543-1551

01 Selective VITamin D receptor activator for Albuminuria Lowering

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Literatur

  • 1 Zeeuw D de, Agarwal R, Amdahl M, et al. Selective vitamin D receptor activation with paricalcitol for reduction of albuminuria in patients with type 2 diabetes (VITAL study): a randomised controlled trial.  Lancet. 2010;  376 1543-1551

01 Selective VITamin D receptor activator for Albuminuria Lowering

 
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Abb. 1 Primärer/sekundärer Endpunkt: Effekt von Paricalcitol auf die UACR. Prozentuale durchschnittliche Veränderung vom Ausgangspunkt zu der letzten UACR unter Behandlung mit kombinierten Dosierungen verglichen mit Placebo. UACR = "urinary albumin-to-creatinine ratio"