Dialyse aktuell 2011; 15(4): 200
DOI: 10.1055/s-0031-1279916
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Lebendnierenspende – Lebensqualität der Spender ist nicht vermindert

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Publication Date:
10 May 2011 (online)

 
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Quelle: Clemens K, Boudville N, Dew MA et al.; Donor Nephrectomy Outcomes Research (DONOR) Network. The long-term quality of life of living kidney donors: a multicenter cohort study. Am J Transplant 2011; 11: 463-469

Thema: Lebendnierenspender geben einen Teil von sich für eine andere Person. Es ist daher wichtig, Lebendnierenspender mit dem bestmöglichen Wissen über potenzielle Auswirkungen auf ihr eigenes Leben zu versorgen. In den bisherigen Studien zur Lebensqualität nach einer Lebendnierenspende fehlte häufig eine gesunde Kontrollgruppe. Zumeist wurde mit der Allgemeinbevölkerung verglichen, welche allerdings im Allgemeinen kränker ist als ein gut untersuchter und ausgewählter Lebendnierenspender.

Projekt: In dieser Arbeit wird in einer retrospektiven, multizentrischen Kohortenstudie die Lebensqualität von 203 Lebendnierenspendern verglichen mit 104 gesunden Kontrollpersonen. Letztere wurden von den Transplantatempfängern vorgeschlagen und waren von der Alters- und Geschlechtsverteilung vergleichbar. Folgende Fragebögen zur Erfassung der Lebensqualität wurden verwendet: SF36, 15D und "Gefühlsthermometer". Es nahmen 9 Transplantationszentren aus Kanada, Australien und Schottland an der Studie teil. Diese fand im Mittel 5,5 Jahre (3,8 bis 8,4 Jahre) nach der Lebendnierenspende statt.

Ergebnis: Die Lebensqualität von Lebendnierenspendern war statistisch gesehen identisch mit der Lebensqualität von vergleichbaren gesunden Kontrollpersonen ("Nichtspendern"). Im Einzelnen war der 15D-Score (Skala von 0-1) bei Spendern ähnlich hoch (0,93 + 0,09) wie bei Nichtspendern (0,94 + 0,06; p = 0,55). Auch nach der Adjustierung für verschiedene prognostische Faktoren wie Alter, Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, Familienstand/ Beziehung zum Transplantatempfänger und Anzahl der Jahre nach der Transplantation blieb dieses Ergebnis gleich. In beiden Gruppen suchten etwa 10 % der Personen eine psychologische Unterstützung.

Fazit: Diese Untersuchung unterstützt die Praxis der Lebendnierenspende. Wenn der Lebendnierenspender in einem Zentrum, welches routinemäßig Lebendnierenspenden durchführt, vor der Transplantation evaluiert wird, so hat er auch auf lange Sicht eine gute Lebensqualität.

Schlüsselwörter: Lebendnierenspende - Nephrektomie - psychosozialer Status - Lebensqualität

PD Dr. med. et MME Sylvia Stracke, Greifswald

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Kommentar

Die Lebendnierenspende ist für die Praxis der Nierentransplantation ein wichtiger Stützpfeiler geworden. In den USA werden bereits über 50 % der Nierentransplantationen als Lebendnierenspenden durchgeführt, in Japan aus religiösen Gründen sogar fast 100 %. In Deutschland kommen als Lebendspender nicht nur Verwandte ersten Grades sowie Ehe- oder Lebenspartner in Frage, sondern auch Menschen, deren Beziehung zum Transplantatempfänger ein in die Zukunft gerichtetes Potenzial hat. Die Lebendnierenspende erfolgt freiwillig und unentgeltlich.

Es ist sehr wichtig für den Lebendnierenspender, die medizinischen und psychosozialen Risiken nach einer Lebendnierenspende abschätzen zu können. Die medizinischen Risiken sind ausreichend belegt, es besteht eine perioperative Mortalität von 0,03 % für den Spender [1]. Bluthochdruck, Proteinurie, Niereninsuffizienz und kardiovaskuläre Ereignisraten sind nach einer Lebendnierenspende vergleichbar mit der Allgemeinbevölkerung [2]. Die hier vorgestellte Studie zeigt, dass auch die langfristige Lebensqualität nach einer Lebendnierenspende gut ist - sogar, wenn man Lebendnierenspender nicht mit der Allgemeinbevölkerung, sondern mit gesunden Kontrollpersonen vergleicht.

PD Dr. med. et MME Sylvia Stracke, Greifswald

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Literatur

  • 1 Najarian J S, Chavers B M, McHugh L E, Matas A J. 20 years or more of follow-up of living kidney donors.  Lancet. 1992;  340 807-810
  • 2 Ramcharan T, Matas A J. Long-term (20-37 years) follow-up of living kidney donors.  Am J Transplant. 2002;  2 959-964
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Literatur

  • 1 Najarian J S, Chavers B M, McHugh L E, Matas A J. 20 years or more of follow-up of living kidney donors.  Lancet. 1992;  340 807-810
  • 2 Ramcharan T, Matas A J. Long-term (20-37 years) follow-up of living kidney donors.  Am J Transplant. 2002;  2 959-964
 
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