Der Klinikarzt 2011; 40(04): 171-172
DOI: 10.1055/s-0031-1279927
Medizin & Management
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Novellierung der GOÄ"

Interview mit Dr. Theodor Windhorst
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
16. Mai 2011 (online)

 
 
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    Dr. Theodor Windhorst

    Die Überarbeitung der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) ist überfällig. Nachdem das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) Ende März dieses Jahres einen Referentenentwurf für die Novellierung der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) vorgelegt hat, steht theoretisch auch einer GOÄ-Novellierung nichts mehr im Weg. Wir sprachen mit Dr. Theodor Windhorst, Vorsitzender des Ausschusses Gebührenordnung der Bundesärztekammer und Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe über die Hintergründe.

    ? Für die Zahnärzte wurde der Referentenentwurf zur Aktualisierung der Gebührenordnung (GOZ) vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) schon vor einigen Wochen vorgelegt. Von der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) hieß es daraufhin in der FAZ, sie sei vom BMG auf Eis gelegt. Können Sie das bestätigen, oder war das eine Zeitungsente?

    Dr. Windhorst: Nein, das kann ich nicht bestätigen. Nach Rücksprache mit dem BMG ist in der Koalitionsrunde beschlossen worden, dass die GOÄ in dieser Legislaturperiode behandelt wird.

    ? Und wie geht es nun weiter?

    Dr. Windhorst: Wir müssen nicht mehr bei Null anfangen. Dem BMG liegen bereits wesentliche Teile unseres GOÄ-Entwurfs vor.

    ? Die nächste Gebührenordnung der Zahnärzte kommt ohne die umstrittene Öffnungsklausel, die sich die Privatversicherer so wünschen. Ist sie für die GOÄ damit auch vom Tisch?

    Dr. Windhorst: Es liegt eigentlich in der Stringenz der bisherigen Argumentation, dass nunmehr die Öffnungsklausel auch für die GOÄ obsolet geworden ist.

    ? Warum fürchtet sich die Bundesärztekammer so vor einer Öffnungsklausel? Separatverträge mit bestimmten Gruppen, z. B. mit den Hausärzten, können doch für alle sehr segensreich sein.

    Dr. Windhorst: Die GOÄ ist eine amtliche Gebührenordnung, d. h. eine Referenzgebührenordnung, gleichermaßen zum Schutz der Patienten wie der Ärzte. Mit der Einführung von Separatverträgen würde dieser Schutzmechanismus ausgehebelt, es käme zwangsläufig zu Preisdumping, Qualitätseinbrüchen, und auch die flächendeckende Versorgung für Privatpatienten könnte nicht mehr gewährleistet werden.

    ? Dass Bundesgesundheitsminister Rösler sich entschieden hat, auf eine Öffnungsklausel im Referentenentwurf zur GOZ zu verzichten, begrüßt die Bundeszahnärztekammer. Ansonsten ist man bei den Zahnärzten über den GOZ-Entwurf nicht so begeistert: Er orientiere sich viel zu wenig am wissenschaftlichen Stand der Zahnheilkunde und ignoriere die Kostenentwicklungen der letzten Jahre. Muss man das für die GOÄ auch befürchten?

    Dr. Windhorst: Wir verfügen über eine sehr gute normativ-empirische Datengrundlage. Wir haben aufgrund von 880 000 Daten statistische Schnitt-Naht-Zeiten bewertet und eine betriebswirtschaftliche Basis mit ärztlichen Leistungskomponenten verbunden. Diese Vorarbeiten sind mehr als nur eine statistische Grundlage für die anstehende GOÄ-Novellierung. Wir gehen davon aus, dass sie auch berücksichtigt werden.

    ? Die Zahnärzte sind vor allem über den Punktwertestillstand entsetzt. Muss man bei der GOÄ auch damit rechnen? Oder wird es eine generelle Punktwerterhöhung mit der neuen GOÄ geben?

    Dr. Windhorst: In den Verhandlungen werden wir darlegen, dass eine fast 30 Jahre alte Gebührenordnung nicht Eins-zu-eins in die Zukunft transformiert werden kann und dass eine Inflationsbereinigung für die Ärzte unabdingbar ist.

    ? Die BÄK hat erhebliche Vorarbeit geleistet und einen betriebswirtschaftlich durchkalkulierten Einzelleistungskatalog erarbeitet. Warum sollte das BMG den übernehmen?

    Dr. Windhorst: Die Gebühren-Taxe der Ärzte ist in dieser Form nachvollziehbar und transparent, sie ist in 4050 Gebührenordnungspositionen als Einzelleistungsnachweis darstellbar und somit auch für Patienten überprüfbar und verständlich.

    ? Hat die PKV - die ist ja letztlich der Partner ggf. auch Kontrahent bei der Entwicklung der Gebührenordnung - auch eigene Vorschläge gemacht?

    Dr. Windhorst: Mir sind fertige oder auch nur schlüssige Vorschläge der PKV für ein eigenes Gebührenordnungskonzept nicht bekannt.

    ? Die PKV möchte, dass Vergütung und erbrachte Leistungen in einem angemessenen Verhältnis stehen - d. h. sie sind auch nicht an höheren Honoraren interessiert. Wie löst man solche Interessenkonflikte? Wo steht das BMG bei diesem Interessenkonflikt?

    Dr. Windhorst: Auch wir möchten, dass Vergütung und erbrachte Leistungen in einem angemessenen Verhältnis stehen - genau dies spiegelt sich ja auch in der Doppelschutzfunktion der GOÄ für Patient und Arzt wider. Unser Vorschlag für eine neue GOÄ ist voll und ganz diesem Doppelschutz-Prinzip verpflichtet.Das BMG darf sich als Verordnungsgeber der GOÄ vor seiner Verantwortung für einen fairen Interessenausgleich jedenfalls nicht drücken und muss irgendwann mal Farbe bekennen, auf welche Vorarbeiten es zurückgreifen will.

    ? Ist zu befürchten, dass die Novellierung der GOÄ an den unterschiedlichen Interessen der Beteiligten scheitert?

    Dr. Windhorst: Solange die GOÄ nicht per Rechtsverordnung an die Ärzteschaft übergeben worden ist, kann es noch alle möglichen und unmöglichen Verwerfungen geben. Es wäre aber höchst bedauerlich, wenn durch Verwerfungen letztlich das duale System infrage gestellt wird. Denn gerade durch dieses System war es immer auch möglich, in einem ansonsten budgetierten System noch medizinischen Fortschritt und High-Tech-Medizin abbilden zu können.

    ? Die Länder sind wegen der Beihilfe nicht sehr an einer Modernisierung interessiert. Könnten sie noch ein Störfaktor sein?

    Dr. Windhorst: Nach den Gesprächen im Umfeld der Ministerien, des Deutschen Beamtenbundes und mit Politikern ist eine optimale Versorgung der Beihilfeempfänger ein wichtiger Stabilitätsfaktor für diese Klientel. Sollten hier Probleme zur Lösung anstehen, werden wir diese angehen.

    ? Wann rechnen Sie damit, dass das BMG den GOÄ-Referentenentwurf vorlegt?

    Dr. Windhorst: Das BMG wäre klug beraten, zumindest den Startschuss zur Novellierung der GOÄ auf Basis unseres Vorschlags noch innerhalb der nächsten 2 Jahre zu geben.

    ! Herr Dr. Windhorst, wir danken Ihnen für das Gespräch!

    Das Interview führte Anne Marie Feldkamp, Bochum


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