Der Klinikarzt 2011; 40(04): 207
DOI: 10.1055/s-0031-1279929
Blickpunkt
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Candida-Infektionen auf der Intensivstation – Mykosen schnell und wirksam behandeln

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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
16. Mai 2011 (online)

 
 

Candida-Infektionen bei Patienten auf der Intensivstation sind häufig und haben, ineffizient behandelt, eine schlechte Prognose. Die Liste der Risikofaktoren ist lang und vielfältig: Bauchchirurgische Eingriffe, Katheter, Hämodialyse und Beatmung gehören unter anderem dazu.

Verschiebung des Erregerspektrums: Zunahme invasiver Mykosen

"Egal wo auf der Welt, die Hälfte aller Intensivpatienten hat einen Infekt oder infektiöse Komplikationen", erklärte Prof. Eckhard Müller, Herne. Und diese Entwicklung werde noch zunehmen, denn auch in der Intensivmedizin werden die Patienten immer älter, haben mehr Komorbiditäten oder erhalten eine immunsuppressive Therapie. Dabei ist, so Müller, eine Verschiebung des Erregerspektrums zu beobachten, es zeigt sich eine Tendenz zur Zunahme von invasiven Mykosen. Die Mehrzahl der invasiven Pilzerkrankungen, 70-90 % der Fälle, werde dabei durch Candida-Hefen verursacht (Abb. [1]). Die Infektion des Blutstroms mit Candida spp. (Candidämie) tritt am häufigsten auf. Ausgangspunkt der Infektion ist häufig die Translokation der Erreger aus dem mit Candida spp. besiedelten Darm durch eine Verletzung der Schleimhäute. Daher sind Patienten nach Bauchoperationen mit Eröffnung des Magen-Darmtraktes besonders gefährdet. Im Klinikalltag sind Candidaerreger in den Kulturen schwerer nachweisbar als Bakterien, da sie sehr viel langsamer wachsen. "Das ist ein Problem", so Müller, "da bei der Therapie invasiver Mykosen, ähnlich wie bei einem Schlaganfall oder Herzinfarkt, jede Minute zählt." Das Zeitfenster für den optimalen Therapiebeginn ist eng. Umso wichtiger ist es, dass es ein sicheres Medikament gibt, das auch bei multimorbiden Patienten schnell eingesetzt werden kann und wenig mit anderen Medikamenten interagiert.

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Abb. 1 Candidämie: Erregerspektrum in Abhängigkeit vom Alter.

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ICE-Studie: Patienten entsprechen Querschnitt auf Intensivstationen

Die meisten bisher verfügbaren Daten zu mykotischen Infektionen bei Intensivpatienten waren Zweitverwertungen von Patientendaten, beispielsweise aus Studien der Onkologie. Umso mehr freut sich Prof. Markus Ruhnke, Leiter der deutschen ICE-Studiengruppe, Berlin, nun direkte Daten von Intensivpatienten präsentieren zu können. An der europäisch/kanadischen ICE-Studie (Invasive Candidiasis Intensive Care Study) waren 60 Kliniken aus 19 Ländern beteiligt. In die ICE-Studie (Phase IIIb, prospektiv, nicht vergleichend, open-label) wurden 216 Intensivpatienten mit einer Candidämie bzw. invasiver Candidiasis aufgenommen. Die Patienten bekamen intravenös Anidulafungin (Ecalta®) über eine mediane Therapiedauer von 16 Tagen. 14 Patienten erhielten anschließend Voriconazol, 44 Patienten Fluconazol jeweils per oral durchschnittlich 12 Tage lang. Die mittlere Gesamttherapiedauer betrug rund 20 Tage. Der Wechsel zur oralen Therapie wurde zum frühestmöglichen Zeitpunkt vorgenommen. Die Therapie-Ansprechrate lag bei 69,5 % (n = 154). Bei den Patienten zeigte sich am Ende der Behandlung eine Heilung oder signifikante Besserung der Symptome bzw. eine Erreger-Eradikation. "Auch Patienten mit schweren Begleiterkrankungen hatten in den einzelnen Subgruppen durchgehend hohe Ansprechraten", so Ruhnke (Abb. [2]). Die Wirksamkeit von Anidulafungin war dabei unabhängig von der Lokalisation der Infektion oder den verschiedenen Candida-Pathogenen. Er betonte, dass die in die Studie aufgenommene Studienpopulation dem Alltag bzw. dem Patientenquerschnitt auf Intensivstationen entspricht. Nebenwirkungen traten bei 33 von 216 Patienten auf, sie führten nicht zum Therapieabbruch.

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Abb. 2 Ansprechraten von Patienten mit schweren Begleiterkrankungen.

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Mykosen im Bewusstsein der Ärzte verankern

"Gerade in der Intensivmedizin muss darauf geachtet werden, was den Organen noch zugemutet werden kann", so Müller. Er betont außerdem: "Unser Ziel ist es, Mykosen als schwere Infektionen mit schlechter Prognose im Bewusstsein der Ärzte zu verankern und so möglichst vielen Patienten durch die richtige und frühe Therapie zu helfen."

Sarah Hailer, Stuttgart

Quelle: Pressegespräch "Mykosen in der Intensivmedizin - worauf kommt es in der antimykotischen Therapie an? Vorstellung der ICE-Studienergebnisse", am 4. April 2011 in Berlin. Veranstalter: Pfizer Deutschland GmbH, Berlin.


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Abb. 1 Candidämie: Erregerspektrum in Abhängigkeit vom Alter.
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Abb. 2 Ansprechraten von Patienten mit schweren Begleiterkrankungen.