Z Gastroenterol 2011; 49(11): 1491-1492
DOI: 10.1055/s-0031-1281746
Mitteilungen

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Walter Krienitz – Einer der Erstbeschreiber von Magenbakterien

Walter Krienitz and One of the First Descriptions of Gastric BacteriaS. Rickes1
  • 1Medizinische Klinik, AMEOS Klinikum St. Salvator Halberstadt
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Manuskript eingetroffen: 25.5.2011

Manuskript akzeptiert: 2.9.2011

Publication Date:
08 November 2011 (online)

Anlässlich der 66. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten vom 14.–17.9.2011 in Leipzig wurde erstmals der „Walter-Krienitz-Gedenkpreis“ für den besten Posterbeitrag auf dem Gebiet der Forschung des Magenkarzinoms vergeben. Der Zweck dieses Beitrags ist es, den Lesern die Person von Walter Krienitz – auf den eine der Erstbeschreibungen von Magenbakterien zurückgeht – und seine wissenschaftliche Beschreibung kurz vorzustellen.

Im Jahr 2005 wurden die beiden Australier Marshall und Warren für die Entdeckung von Helicobacter pylori mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Es bedurfte nur eines einfachen Lichtmikroskops, um diese bahnbrechende Beschreibung zu machen, die das Dogma des sterilen Magens ablöste. Zweifelsohne kann der sich aus dieser Entdeckung gewonnene Nutzen für Millionen von Menschen kaum abgeschätzt werden. So können heute die peptische Ulkuserkrankung oder das MALT-Lymphom des Magens durch eine einfache Therapie in vielen Fällen geheilt werden.

Wie steinig der Weg der Entdeckung von Helicobacter pylori war, verdeutlicht die Tatsache, dass bereits lange vor der Beschreibung von Marshall und Warren Wissenschaftler auf die Existenz von Bakterien im Magen hingewiesen haben [1] [2] [3]. Eine der Erstbeschreibungen von Bakterien im Magen geht auf den Halberstädter Arzt Dr. Walter Krienitz zurück [3] [4].

Walter Krienitz wurde 1876 in Halberstadt geboren. Er besuchte in seiner Geburtsstadt das Domgymnasium bis zum Abitur 1896. Im gleichen Jahr begann er ein Medizinstudium an der Universität Würzburg. Im Wintersemester 1898 / 99 wechselte er an die Berliner Universität. Seine Lehrer waren die Professoren Fick, Boveri und Röntgen. Im Mai 1899 bestand Krienitz das Physikum an der Universität Halle/Saale, wo er von den Professoren von Hippel und Roux ausgebildet wurde. 1902 erlangte Krienitz die Approbation. 1903 promovierte er in Halle/Saale über „Einen Fall von Adenom der Lunge“.

1906 erfolgte die Eheschließung mit Frau Marianne Finger ([Abb. 1]). Im gleichen Jahr veröffentlichte er eine Arbeit mit dem Titel „Ueber das Auftreten von Spirochäten verschiedener Form im Mageninhalt bei Carcinoma ventriculi“ [3]. Krienitz berichtete dabei über „zarte, an den Enden spitz auslaufende“ Bakterien im Magen. Anhand der unterschiedlichen Zahl und Verläufe der Windungen bildete er 3 verschiedene Gruppen. Ob die beobachteten Bakterien tatsächlich – wie von ihm vermutet – Spirochäten im Rahmen einer Lues entsprachen, oder ob es sich um eine der Erstbeschreibungen von Helicobacter handelte, bleibt offen. Von 1906 bis 1928 war Krienitz in einer Privatklinik für Magen-, Darm- und Stoffwechselkrankheiten in Halberstadt tätig ([Abb. 2]). Er war bekannt für seine gute Diagnose. 1912 wurde er durch ein Patent von Kaiser Wilhelm II. zum Stabsarzt der Landwehr ernannt. Ein Jahr später erfolgte eine weitere Veröffentlichung, diesmal mit dem Titel „Zur Erleichterung der Ernährung bei Oesophaguscarcinom“ [5]. Die in der damaligen Zeit auch im Ausland bestehende Resonanz seiner Publikationen wird dadurch bestätigt, dass er im August 1913 eine Anfrage bezüglich eines Sonderdrucks vom „College of Medicine and Surgery“ der Universität Minnesota erhielt.

Abb. 1 Walter Krienitz mit seiner Ehefrau im Jahr 1906.

Abb. 2 Die Privatklinik für Magen-, Darm- und Stoffwechselkrankheiten von Walter Krienitz in Halberstadt.

Walter Krienitz war lebenslustig und gesellig. Er hatte eine Vorliebe für Wein, sammelte Briefmarken und Münzen, wanderte und las gerne. Mitte der 20er-Jahre erkrankte er an einer schweren Enzephalitis, vermutlich im Gefolge der sogenannten spanischen Grippe (Encephalitis lethargica). Aufgrund einer zunehmenden rechtsseitigen Hemiplegie musste er seine ärztliche Tätigkeit 1928 beenden. Dr. Walter Krienitz starb 1943.

Im Juni 2007 wurde in Halberstadt der „Walter Krienitz-Verein zur Förderung der Medizin e. V.“ gegründet. Der Zweck des Vereins ist die Förderung des Erkenntnisfortschritts in der Medizin. Dazu zählen die Unterstützung von wissenschaftlichen Untersuchungen, die Unterstützung von Lehre und Ausbildung von Medizinstudenten und Ärzten sowie die Förderung wissenschaftlicher Untersuchungen zur Geschichte der Medizin. Der Vereinszweck wird auch durch künstlerische Projekte zur Erinnerung an Persönlichkeiten aus der Medizin verwirklicht. Informationen zum Verein finden Sie auch im Internet unter www.krienitzverein.de.

Literatur

  • 1 Doenges J L. Spirochaetes in gastric glands of Macacus rhesus and humans without definite history of related disease.  Proc Soc Exp Biol Med. 1938;  38 536-538
  • 2 Freedberg A S, Barron L E. The presence of spirochetes in human gastric mucosa.  Am J Dig Dis. 1940;  7 443-445
  • 3 Krienitz W. Ueber das Auftreten von Spirochäten verschiedener Form im Mageninhalt bei Carcinoma ventriculi.  Dtsch Med Wochenschr. 1906;  32 872
  • 4 Rickes S, Schultze U, Mönkemüller K et al. Walter Krienitz – Sein Leben und seine intuitive Beschreibung von Bakterien im Magen.  Dtsch Med Wochenschr. 2006;  131 1341-1343
  • 5 Krienitz W. Zur Erleichterung der Ernährung bei Ösophaguskarzinom.  Dtsch Med Wochenschr. 1913;  39 1200-1201

PD Dr. Steffen Rickes

Medizinische Klinik, AMEOS Klinikum St. Salvator Halberstadt

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38820 Halberstadt

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