Zusammenfassung
Einleitung:
Als wesentliches Hindernis einer effektiven Sekundärprävention alkoholbezogener Störungen
stellt sich die unzureichende Vernetzung des deutschen Suchthilfesystems dar. Insbesondere
die Schnittstelle zwischen Hausarzt und suchtspezifischen Angeboten wird häufig als
Hürde beschrieben. Die vorliegende Studie untersucht die Frage, ob strukturelle Interventionen
dazu beitragen, dass Betroffene verstärkt und in einem früheren Erkrankungsstadium
von Hausärzten an Suchtberatungsstellen überwiesen werden.
Methoden:
Die 4 Freiburger Suchtberatungsstellen dokumentierten über einen halbjährigen Zeitraum
in allen Erstgesprächen die soziodemografischen und alkoholbezogenen Angaben sowie
Vermittlungswege ihrer Klienten mithilfe eines standardisierten Erfassungsbogens.
Anschließend wurden alle Freiburger Hausärzte (N=231) zur Teilnahme am Projekt eingeladen,
welches ihnen eine unbürokratische und direkte Vermittlung von Patienten an Suchtberatungsstellen
mit zuverlässiger Rückmeldung zusicherte. In der anschließenden Interventionsphase,
bei der sich 10% der Hausärzte (Projektärzte) beteiligten, erfolgte die Dokumentation
in den Beratungsstellen analog zur Kontrollphase.
Ergebnisse:
In der Interventionsphase stieg der Anteil überwiesener Patienten an der Gesamtzahl
aller Erstgespräche signifikant an (p=0,002). Die Projektärzte waren an dieser Steigerung
maßgeblich beteiligt. Es zeigte sich, dass Klienten, die bisher noch keinen Kontakt
zum Suchthilfesystem hatten, signifikant häufiger durch Hausärzte an Suchtberatungsstellen
überwiesen wurden (p<0,001). Bezüglich des Krankheitsstadiums konnten keine signifikanten
Effekte gefunden werden.
Diskussion:
Die Schnittstelle zwischen Arzt und Beratungsstelle konnte durch strukturelle, niedrigschwellige
Angebote verbessert werden. Es wurde gezeigt, dass der Hausarzt eine wichtige Vermittlungsfunktion
zum Suchthilfesystem besitzt. Um Patienten in einem frühzeitigeren Erkrankungsstadium
zu übermitteln, bedarf es möglicherweise zusätzlicher inhaltlicher Interventionen.
Abstract
Introduction:
A major barrier to effective secondary prevention of alcohol-related disorders in
Germany is the insufficient integration of the addiction help system. In particular
the interface between general practitioners and specific addiction services is often
described as an obstacle in the literature. The present study examines the question
of whether a structured intervention can lead to a higher number of patient referrals
to alcohol counselling services and to referrals of patients in an earlier stage of
the disease.
Methods:
Over a period of 6 months the 4 alcohol counselling services in Freiburg documented
their initial contacts with their clients (sociodemographic and alcohol-related data
and source of referral) with a standardised questionnaire. All general practitioners
in Freiburg (N=231) were then invited to participate in the project, which enabled
them to refer patients directly to the counselling services and receive reliable feedback.
In the following intervention period, in which 10% of general practitioners in Freiburg
took part (study physicians), referrals were documented in the same way as in the
control period.
Results:
In the intervention period the rate of referral increased significantly (p=0,002).
The study physicians were responsible for the improvement. Furthermore clients, who
had never been in contact with the addiction help system before, were significantly
more likely to be referred to the counselling services by general practitioners (p<0,001).
In relation to the stage of disease no significant effects could be found.
Discussion:
An easy to replicate, accessible offer improved the interface between general practitioners
and alcohol counselling services. Convincing evidence that general practitioners play
an important role as gate-keepers to the addiction help system was found. Physicians
may require specific training to increase referrals of patients in an earlier stage
of the disease.
Schlüsselwörter Alkohol - strukturelle Intervention - Früherkennung - Hausarzt - Beratungsstelle
Key words alcohol - structural intervention - early detection - general practitioner - counselling
service