"Im Verlaufe eines Diabetes mellitus stellen sich oftmals mikro- und makrovaskuläre
Folgeerkrankungen ein", so Dr. Gerhard Klausmann, Facharzt für Innere Medizin und
Diabetologie, Aschaffenburg. Relativ weit verbreitet ist hierbei die schmerzhafte
diabetische Polyneuropathie (DPNP), an der etwa jeder 5. Diabetespatient leidet [1]. Die mit den Nervenschädigungen einhergehenden Missempfindungen und Schmerzen können
dabei die Alltagsaktivität und Lebensqualität der Betroffenen stark einschränken.
Viele Patienten berichten insbesondere über brennende, kribbelnde oder stechende Schmerzen
an den Füßen (96 %) und Händen (39 %), die vor allem in Ruhe und während der Nacht
auftreten [2]. "Allerdings wird – insbesondere bei mittelschwerer Ausprägung – die DPNP vom behandelnden
Arzt häufig nicht diagnostiziert", sagte Klausmann, so dass ca. 40 % der Betroffenen
keine Behandlung erhielten [3]. Hier warb der Diabetologe für ein regelmäßiges Screening der Diabetespatienten.
Wichtig sei auch aktives Fragen des Arztes nach möglichen Schmerzen oder Missempfindungen.
Um den Therapieerfolg zu dokumentieren und die Lebensfreude zu stärken, verwies Klausmann
zudem auf ein Aktivitätentagebuch, welches die Aufzeichnungen und Beobachtungen von
Schmerzpatienten in einen positiven Kontext bringt (Kasten).
Aktivitätentagebuch unterstützt Schmerzpatienten
Aktuelle Studienergebnisse weisen darauf hin, dass im Schmerzgedächtnis gespeicherte
schmerzhafte Erfahrungen mit positiven Eindrücken "überschrieben" werden können. Deshalb
hat Lilly Deutschland gemeinsam mit Prof. Herta Flor, Mannheim, und Mitgliedern des
DFNS (Deutscher Forschungsverbund Neuropathischer Schmerz) ein Aktivitätentagebuch
konzipiert, das sich ausschließlich auf positive und lebensbejahende Perspektiven,
z. B. "Ich fühle mich heute fit und aktiv" konzentriert. Die Beurteilung der Aussagen
zu der jeweiligen Tagesverfassung erfolgt vom Patienten auf einer Skala von 0 (trifft
gar nicht zu) bis 10 (trifft voll zu). Die grafische Erfassung der Werte als Wochensumme
unterstützt schließlich den Arzt bei der Dokumentation des Therapieerfolgs und erleichtert
die Krankheitsbewältigung.
Das Aktivitätentagebuch kann im Web bezogen werden unter https://www.lilly-pharma.de/gesundheit/diabetische-polyneuropathie/broschueren.html
DPNP-Patienten leitliniengerecht therapieren
"Da es sich bei der schmerzhaften diabetischen Polyneuropathie nicht um nozizeptive
Schmerzen handelt, sind nicht alle Analgetika für die Therapie geeignet", erklärte
Klausmann. So hätten z. B. NSAR meistens kaum einen Effekt. Wichtige Orientierungshilfen
stellen daher die Leitlinien der Fachgesellschaften dar: Sowohl in nationalen (Deutsche
Diabetes-Gesellschaft, Deutsche Gesellschaft für Neurologie) [1], [4] als auch internationalen (European Federation of Neurological Societies) [5] Leitlinien wird u. a. der selektive Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer
(SSNRI) Duloxetin (Cymbalta®) als ein Mittel der ersten Wahl empfohlen. Zudem empfiehlt
das englische National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) Duloxetin
in seinen Guidelines als Substanz mit der besten Kosteneffizienz. Amitriptylin 75
mg/Tag folgt diesbezüglich auf Platz 2 und Pregabalin 300 mg täglich auf Platz 3 [6]. Klausmann ergänzte: "Hinsichtlich der analgetischen Wirksamkeit und der Response
zeigte eine Metaanalyse keine signifikanten Unterschiede zwischen Duloxetin und Pregabalin."
[7].
Studien belegen starke und rasche Effekte
Als selektiver Wiederaufnahmehemmer von Serotonin und Noradrenalin kann Duloxetin
deren Konzentration in den absteigenden schmerzhemmenden Bahnen im Rückenmark erhöhen,
sodass die Schmerzhemmung über die absteigenden Schmerzbahnen gestärkt werden kann
[8]. Die direkte Wirksamkeit von Duloxetin auf die schmerzhafte diabetische Polyneuropathie
zeigte Klausmann anhand der gepoolten Daten aus 3 12-wöchigen, placebokontrollierten
Doppelblindstudien: Unter der Therapie mit Duloxetin (60 mg/Tag und 120 mg/Tag) besserten
sich die durchschnittlichen Schmerzen der Patienten (gemessen auf der 11-stufigen
Likert-Skala) signifikant stärker als unter Placebo (p ≤ 0,05) [9]. Der Anteil der Patienten, deren Schmerzen sich um mindestens 30 % reduzierten,
war bereits nach 3 Tagen signifikant höher als unter Placebo (p ≤ 0,01) [10].
Mit der durch Duloxetin erzielten Schmerzverbesserung kann für den Patienten eine
Zunahme der allgemeinen Aktivitäten, des Gehvermögens, der Arbeitsfähigkeit und der
Lebensfreude einhergehen [11]. Von Bedeutung ist für Diabetespatienten auch das allgemein günstige Verträglichkeitsprofil
von Duloxetin: "In der Regel kommt es weder zu einer Sedierung noch zu einer Gewichtszunahme",
resümierte Klausmann [12].
Sabine M. Rüdesheim, Frechen
Quelle: Pressegespräch "Diabetes tut nicht weh – oder doch? Ansätze und Perspekti-ven
für eine leitliniengerechte Therapie der DPNP" im Rahmen der 46. Jahrestagung der
Deutschen Diabetes-Gesellschaft am 01.06.2011 in Leipzig. Der Text entstand mit freundlicher
Unterstützung der Lilly Deutschland GmbH, Bad Homburg. Die Autorin ist freie Journalistin.