Der Klinikarzt 2011; 40(09): 382
DOI: 10.1055/s-0031-1287735
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Magenoperationen – Kein Allheilmittel gegen Diabetes

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Publication Date:
23 September 2011 (online)

 
 
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Laut der Expertengruppe "Metabolische Chirurgie" würden durch Magenoperationen 70 % der extrem Übergewichtigen von drohenden Stoffwechselschäden befreit. Demzufolge kämen jährlich 20 000 Menschen in Deutschland für einen solchen Eingriff in Frage. Anlässlich des 16. Weltkongresses der internationalen Vereinigung für Adipositas- und metabolische Chirurgie (IFSO) in Hamburg warnt die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) vor der Magenbypass-Chirurgie als Allheilmittel für Diabetespatienten. Die DDG sehe darin eine wissenschaftlich nicht belegte Propagierung einer langfristig nicht geprüften Therapieoption, sagt Prof. Andreas Fritsche, Pressesprecher der DDG.

Operation mit erheblichen Risiken

Bei einer Form der Adipositas-Chirurgie formt der Operateur einen sogenannten Schlauchmagen, indem er Teile des Magens herausschneidet und den oberen Teil des Dünndarms stilllegt. Die Betroffenen verspüren nach dem Eingriff weniger Hunger und verlieren an Gewicht. Zudem scheinen die Symptome eines Diabetes mellitus bei Operierten zu verschwinden. "Doch es handelt sich hierbei um eine große Operation mit beträchtlichen Nebenwirkungen, insbesondere bei Risikopatienten mit Typ-2-Diabetes", sagt Fritsche. Die Expertengruppe "Metabolische Chirurgie" fordert in einer Pressemeldung anlässlich des IFSO-Kongresses, dass "die metabolischen Effekte der chirurgischen Intervention nicht nur bei adipösen Typ-2-Diabetikern, sondern beispielsweise bereits bei Patienten mit einem Body Mass Index von > 30 kg/m² genutzt werden sollten."


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Valide Langzeitdaten fehlen

Dieser Forderung widerspricht die DDG. Derzeit sei noch nicht abzusehen, ob operierte Diabetes-Patienten langfristig besser, komplikationsärmer und länger leben. Abgesehen vom Risiko eines solchen Eingriffs sind dessen Nebenwirkungen beträchtlich: Sie reichen von Vitaminmangel, Unterzuckerungen, bis hin zu Depressionen mit erhöhter Suizidrate. "Eine Remission wird häufig dadurch definiert, dass die Insulintherapie vorübergehend abgesetzt werden kann", beschreibt Fritsche. Längerfristig jedoch bräuchten die Patienten wieder eine medikamentöse Diabetes-Therapie mit Insulin, und sie nähmen auch wieder zu. Das zeigen bislang unveröffentlichte Langzeitauswertungen einer Studie über einen Zeitraum von mehr als einem Jahrzehnt. "Deshalb sollte eine zunächst vielversprechende Therapie für schwer übergewichtige Patienten nicht undifferenziert für alle Patienten mit Typ-2-Diabetes und einem BMI über 30 propagiert werden", so Fritsche.

Pressemitteilung idw, 6.9.2011


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