Pneumologie 2012; 66(03): 172-178
DOI: 10.1055/s-0031-1291586
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Verschluss von Bronchusfisteln mittels Amplatzer Vascular Plugs

Closure of Bronchial Fistulas using Amplatzer Vascular Plugs
G. Grossheim
1   Lungenklinik Diekholzen (Chefarzt Dr. Michael Hamm)
,
W. Meister
1   Lungenklinik Diekholzen (Chefarzt Dr. Michael Hamm)
,
O. Tomsing
1   Lungenklinik Diekholzen (Chefarzt Dr. Michael Hamm)
,
H. Tonn
2   Medizinische Klinik II, Klinikum Oststadt-Heidehaus des Klinikums Hannover (Chefarzt Prof. Dr. Bernd Schönhofer)
› Author Affiliations
Further Information

Korrespondenzadresse

Dr. med. Gabriele Grossheim
Lungenklinik Diekholzen
Bahnberg 5
31191 Diekholzen

Publication History

eingereicht 01 August 2011

akzeptiert nach Revision 06 December 2011

Publication Date:
27 January 2012 (online)

 

Zusammenfassung

Bronchusfisteln, entweder spontan oder therapieinduziert im Verlauf von Tumorerkrankungen (z. B. ösophagotracheale bzw. -bronchiale Fistel bei Ösophaguskarzinom) oder nach operativen Eingriffen zur Behandlung von Lungentumoren auftretend, stellen eine gefürchtete, mit hoher Letalität behaftete Komplikation dar. Zudem führen Fistelbildungen in der Regel zu einer schweren Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens. Häufig besteht in der Gesamtkonstellation nicht die Möglichkeit eines chirurgischen Verschlusses. In der Literatur werden zahlreiche endoskopische Verfahren zum Fistelverschluss beschrieben, meist in Form von Einzelfallbeschreibungen, mit wechselnden und bisher nicht zufriedenstellenden Erfolgsraten. Im Jahr 2006 wurde erstmals über den dauerhaften Verschluss einer benignen ösophagobronchialen Fistel durch den Off-Label-Use eines Amplatzer Ventricular Septal Defect Occluder (VSD)® berichtet. Seither sind mehrere Kasuistiken über Fistelverschlüsse im Thorax durch Verwendung solcher Septal Occluder erschienen. In unseren Kliniken wurden in der Zeit von Juni bis Oktober 2010 fünf Patienten mit ösophagobronchialen bzw. bronchopleuralen Fisteln erfolgreich behandelt. Zum Fistelverschluss wurden off-label sog. Amplatzer Vascular Plugs (AVP)® (AVP II und AVP 4) der Fa. AGA Medical verwendet. Es handelt sich dabei um aus einem Nitinolgeflecht gefertigte Stopfen, wie sie seit längerem on-label in der Angiologie zum Verschluss von AV-Fisteln und zur Embolisation peripherer Gefäße verwendet werden. Drei unserer Patienten litten an einer Bronchusstumpfinsuffizienz nach Lobektomie bzw. Pneumonektomie mit nachfolgender Entwicklung eines Pleuraempyems bzw. Pyothorax, die beiden anderen an ösophagobronchialen Fisteln durch ein Ösophaguskarzinom.


#

Abstract

Bronchial fistulas occurring either spontaneously in the course of malignant diseases of the chest or following pulmonary resections (lobectomy, pneumonectomy) are rare, but feared complications associated with high morbidity and mortality. In many cases a surgical approach to fistula closure is not possible. Numerous endoscopic procedures for fistula closure have been reported, mostly in the form of isolated case reports with until now no satisfying results. No guidelines or consensus have been established as yet. Since 2006 several cases of successful fistula closure by using Amplatzer Septal Occluders have been reported. Between June and October 2010 five patients with oesophagobronchial or bronchopleural fistulas were successfully treated in our hospitals, using Amplatzer Vascular Plugs II® and 4® (AGA Medical) for fistula closure. These devices were originally developed for transcatheter embolisation procedures in angiology. Three of our patients suffered from bronchial fistulas after lobectomy or pneumonectomy with consecutive empyemas, the other two of bronchooesophageal fistulas caused by carcinomas of the oesophagus.


#

Einleitung

Bronchusfisteln, entweder als Bronchusstumpfinsuffizienz nach operativen Eingriffen an der Lunge auftretend oder im Verlauf von thorakalen Tumorerkrankungen – spontan oder therapieinduziert –, stellen eine gefürchtete Komplikation dar und sind mit einer hohen Letalität durch Entwicklung von Pneumonien behaftet.

Ein chirurgischer Fistelverschluss ist nur nach kurativ intendierten Eingriffen möglich und in der Regel nur bei frühzeitiger Entdeckung der Stumpfinsuffizienz vor Manifestation einer Infektion der betroffenen Thoraxhöhle.

Endoskopische Methoden zum Fistelverschluss sind in der Literatur bisher nahezu ausschließlich als Einzelfallbeschreibungen zu finden [1] [2] [3] [4]. Die größten Erfolgsaussichten wurden bisher bei kleinen Fisteln einem Fistelverschluss mittels Knochenspan und Um- bzw. Unterspritzung mit Fibrinkleber eingeräumt [4]. Größere Fisteln nach lungenresezierenden Eingriffen ließen sich in Einzelfällen durch Spezialstents oder Einbringung eines Platzhalters verschließen. Alle anderen Verfahren haben bisher nicht überzeugen können.

Bei trachealer bzw. bronchialer Fistelbildung im Verlauf von thorakalen Tumorerkrankungen (überwiegend bei Bronchial- und Ösophaguskarzinomen) wurde in jüngster Zeit meist eine Deckung mittels Stentimplantation [3] versucht. Dies führte oft zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Lebensqualität durch Verschleimung oder sogar komplette Stentverlegung. Somit suchten wir nach Alternativen.

Die Fa. AGA Medical vetreibt unterschiedliche State-of-the-art-Okklusionssysteme, die on-label in der Kardiologie und Angiologie zum Verschluss von z. B. Septumdefekten, offenen Foramina ovalia, AV-Malformationen oder vor Tumorembolisation eingesetzt werden. In der Pneumologie wurden sog. ASD- bzw. Septal Occluder seit 2006 in mehreren Fällen erfolgreich off-label zum Verschluss von bronchopleuralen bzw. ösophagobronchialen Fisteln verwendet [5] [6] [7] [8] [9] [10] [11]. Die von uns benutzten Vascular Plugs® ([Abb. 1]) bestehen wie die Septal Occluder® aus einem flexiblen Nitinolgeflecht und werden in unterschiedlichen Größen und Formen je nach Indikation hergestellt.

Zoom Image
Abb. 1 Amplatzer Vascular Plug II®; Amplatzer Vascular Plug 4®.

Wir berichten im Folgenden über fünf Patienten, drei davon mit Bronchusstumpfinsuffizienz nach lungenresezierenden Eingriffen (Lobektomie bzw. Pneumonektomie), zwei weitere mit ösophagobronchialen Fisteln durch ein mediastinales Rezidiv eines Bronchialkarzinoms bzw. eines Ösophaguskarzinoms. In allen Fällen wurde zum Fistelverschluss ein Amplatzer Vascular Plug® der Fa. AGA Medical (viermal AVP II, einmal AVP 4) verwendet. Die Implantation erfolgte im Rahmen einer starren Bronchoskopie in Allgemeinnarkose über einen Spezialkatheter mit entsprechendem Lumen, der durch den Arbeitskanal eines flexiblen Bronchoskopes eingeführt wurde, viermal unter Video- und Durchleuchtungskontrolle, einmal unter Angiografiebedingungen (DSA).


#

Fall 1

Der 1943 geborene Patient erkrankte 5/2008 an einem Ösophaguskarzinom. Nach Diagnosestellung erfolgte eine kombinierte Radiochemotherapie, worunter eine gedeckte Perforation des Ösophagus in das Mediastinum auftrat. Bereits in 3/09 war computertomografisch eine ösophagobronchiale Fistel zum linken apikalen Unterlappensegment nachzuweisen, ohne dass bronchoskopisch eine Fistelöffnung zu identifizieren war. Bei deutlicher Größenzunahme dieser Fistel war eine Ernährung ab 10/09 nur noch parenteral möglich, da nach jeglicher Nahrungsaufnahme stärkste Hustenattacken auftraten. Eine Deckung der Fistel durch einen Ösophagusstent schien angesichts der Weite des Organs mit Dislokationsgefahr nicht praktikabel.

Nach einer Aspirationspneumonie des linken Lungenunterlappens in 7/2010 ließ sich bronchoskopisch erstmals eine ca. 2 mm große Fistelöffnung im distalen linken Hauptbronchus erkennen ([Abb. 2]). Aufgrund der Lage und Kleinheit wurde nach einer Alternative zur Deckung durch einen Stent gesucht. Ein Amplatzer Vascular Plug 4® schien die optimalen Voraussetzungen zu haben: Die nietartige Konstruktion versprach Halt in der Fistel ohne nennenswerte Einengung des Bronchuslumens und ohne Verlegung des Oberlappenbronchus.

Zoom Image
Abb. 2 Bronchoösophageale Fistel li. Unterlappenbronchus.

Trotz des tangentialen Zugangs zur Fistel ließ sich der Gefäßplug im Rahmen einer 30-minütigen starren Bronchoskopie über einen Katheter unter DL-Kontrolle problemlos in die Fistel einbringen ([Abb. 3]). Eindrucksvoll war die sofortige vollständige Symptombeseitigung nach der Implantation: Der Patient konnte nach dem Erwachen aus der Narkose essen und trinken.

Zoom Image
Abb. 3 Fistelverschluss durch Amplatzer Vascular Plug II®.

Nach vier Wochen entwickelte der Patient relativ plötzlich Dyspnoe. Bronchoskopisch fand sich eine Verlegung des linken Hauptbronchus durch Schleim, dahinter der aus der Fistel in das Bronchuslumen dislozierte Gefäßplug. Die Bergung gelang unkompliziert mithilfe einer flexiblen Zange. Ursache der Dislokation war eine deutliche Größenzunahme der Fistel auf nun gut 9 mm. Wir entschlossen uns jetzt zur Deckung durch einen vollständig mit einem Silikonüberzug versehenen Nitinolstent unter Inkaufnahme einer Verlegung des linken Oberlappenbronchus.

Der Patient verstarb in 1/2011 an seiner fortschreitenden Tumorerkrankung.


#

Fall 2

Der 1937 geborene Mann wurde im Juni 2007 wegen eines Plattenepithelkarzinoms linksseitig pneumonektomiert. Es handelte sich um eine R0-Resektion im Tumorstadium IIIa. Im März 2010 entwickelte sich ein mediastinales Rezidiv. Daraufhin wurde eine Bestrahlung des Mediastinums durchgeführt. Im Juni 2010 wurde nach Auftreten von Fistelsymptomen bronchoskopisch eine bronchoösophageale Fistel nachgewiesen.

Am 29. 7. 2010 wurde die kleine Fistel im Rahmen einer Narkosebronchoskopie (Dauer des Eingriffs: 40 min) mit einem 12 mm Amplatzer Vascular Plug II® verschlossen ([Abb. 4], [Abb. 5]). Das technische Ergebnis war gut. Die Nahrungs-und Flüssigkeitsaufnahme war anschließend wieder ohne Probleme möglich.

Zoom Image
Abb. 4 Breischluck mit Fisteldarstellung.
Zoom Image
Abb. 5 Rö.-Darstellung des implantierten Amplatzer Plug II®.

Infolge Fortschreitens der Tumorerkrankung erholte sich der in schlechtem Zustand befindliche Patient allerdings nicht und starb 12 Tage nach Verschluss der Fistel.


#

Fall 3

Der 1954 geborene Patient unterzog sich im Januar 2009 einer rechtsseitigen Oberlappenresektion wegen eines Adenokarzinoms. Bei R1-Resektion erfolgte im Februar 2009 eine Restpneumonektomie. Eine bronchopleurale Fistel wurde erstmalig im September 2009 nachgewiesen. Diese wurde operativ versorgt. Ein Fistelrezidiv wurde im Februar 2010 zunächst ebenfalls operativ behandelt. Im August 2010 trat ein neuerliches Fistelrezidiv auf, ohne dass ein Tumorprogress nachzuweisen war.

Jetzt wurde die Fistel bronchoskopisch (Dauer: 35 min) mit einem Amplatzer Vascular Plug II® 10 mm versorgt ([Abb. 6]). Bei der letzten Kontrolluntersuchung im März 2011 befand sich der Patient in gutem Allgemeinzustand, hatte an Gewicht zugenommen und bot keinerlei Fistelsymptome mehr. Endoskopisch und computertomografisch ([Abb. 7], virtuelle Thorakoskopie) zeigte sich eine komplette Epithelialisierung des Vascular Plug.

Zoom Image
Abb. 6 CT-Darstellung der verschlossenen Fistel im re. Hauptbronchus.
Zoom Image
Abb. 7 Virtuelle Thorakoskopie.

#

Fall 4

Bei diesem 72-jährigen Patienten war im August 2009 wegen eines nichtkleinzelligen Bronchialkarzinoms eine linksseitige Thorakotomie mit Oberlappenresektion und systematischer Lymphadenektomie erfolgt. Das postoperative Tumorstadium wurde mit pT2 N0 R0 G2 angegeben. Postoperativ war ein persistierender Pleuraerguss aufgetreten, zudem kam es zu Wundheilungsstörungen mit Infektion und Abszessbildung einer Thoraxdrainagestelle, im Wundbereich wurde im Verlauf der Behandlung MRSA nachgewiesen. Eine adjuvante Therapie erfolgte aufgrund der Komplikationen nicht. Nach langsamer Erholung erfolgte zunächst die Entlassung und übliche Tumornachsorge.

Im Juni 2010 trat eine Verschlechterung des Allgemeinbefindens mit dem Bild einer eitrigen Bronchitis ein. Bronchoskopisch fand sich eine Bronchusstumpfinsuffizienz im Absetzungsbereich des linken Oberlappens ([Abb. 8]), darüber hinaus diagnostizierten wir ein Empyem in der linken Thoraxhöhle. Endobronchial wurde mikrobiologisch erneut MRSA nachgewiesen. Zunächst erfolgte die Anlage einer Thoraxdrainage und Spülbehandlung des Empyems sowie eine antibiotische Therapie nach Resistogramm. Nach nur mäßiger und langsamer Besserung erfolgte im Rahmen einer 50-minütigen starren Bronchoskopie der Verschluss des Bronchusstumpfes durch Platzierung eines Amplatzer Vascular Plug II®, Größe 3 mm ([Abb. 9]).

Zoom Image
Abb. 8 Kleine bronchopleurale Fistel im li. Oberlappenbronchus.
Zoom Image
Abb. 9 Endoskopische Prozedur des Fistelverschlusses.

Daraufhin kam es zu einer Besserung des Allgemeinzustands und Entfieberung, das Sekret der Empyemhöhle wurde zunehmend klar, der Patient konnte im August 2010 zunächst mit Thoraxdauerdrainage entlassen werden.

Im September 2010 erfolgte ambulant zunächst ein Wechsel, nach wenigen Tagen die vollständige Entfernung der Thoraxdrainage, nachdem sich im Hautniveau des Drainagekanals erneut ein Abszess gebildet hatte, der Hautabstrich erbrachte hier erneut den Nachweis von MRSA. Wegen einer Bronchialeiterung erfolgte erneut eine antibiotische Therapie, darunter kam es zu einer Rückbildung der Infektzeichen und Abheilung der Hautwunde. Eine neuerliche Drainageanlage war nicht erforderlich.

Bei ambulanter Befundkontrolle im Oktober 2010 fand sich eine noch faustgroße Resthöhle. Zu diesem Zeitpunkt war der Allgemeinzustand zufriedenstellend stabil; es bestand keine Bronchialeiterung mehr, ein Pleuraempyem ließ sich nicht mehr nachweisen.

Im Rahmen der letzten ambulanten Untersuchung im Januar 2011 fand sich bei klinisch weiter gebessertem Befinden des Patienten endobronchial ein durch das Amplatzer-Device weiterhin verschlossener Oberlappenbronchusstumpf ohne Zeichen einer Bronchusstumpffistel. Hinweise auf eine neuerliche bakterielle Infektion der linken Thoraxhöhle fanden sich nicht.


#

Fall 5

Es handelt sich um eine 59-jährige Patientin, die im November 2008 wegen eines fortgeschrittenen nichtkleinzelligen Karzinoms (Tumorstadium IIIa) einer linksseitigen erweiterten Pneumonektomie unterzogen wurde. Ein Kurs einer adjuvanten Chemotherapie mit Cisplatin/Vinorelbine folgte. Danach entwickelte sich ein linksseitiger Pyothorax, als dessen Ursache eine Bronchusstumpfinsuffizienz vermutet wurde. Eine solche ließ sich endoskopisch zunächst nicht sicher nachweisen. Die vorübergehend schwer kranke Patientin erholte sich nach Anlage einer linksseitigen Thoraxdrainage ( [Abb. 10]) im März 2009 unter regelmäßiger Spülbehandlung zusehends.

Zoom Image
Abb. 10 Drainierter Pyothorax nach Pneumonektomie.

Ab März 2010 kam es zu einer Zustandsverschlechterung mit starkem, vorwiegend nächtlichem Husten. Zu diesem Zeitpunkt ließ sich bronchoskopisch ([Abb. 11]) und computertomografisch ([Abb. 12]) erstmals eine ca. 3 mm große Fistelbildung im medialen Anteil des Hauptbronchusabsetzungsstumpf nachweisen.

Zoom Image
Abb. 11 Fistel im re. Hauptbronchus.
Zoom Image
Abb. 12 CT-Darstellung der Hauptbronchusfistel.

Ein erster Versuch, die Fistel mittels eines Knochenspans und Fibrinklebers zu verschließen, scheiterte; trotz Konditionierung des Fistelgangs wurde der Knochenspan wenige Tage nach dem Eingriff abgehustet.

Es folgten insgesamt 3 weitere Versuche des Fistelverschlusses, nunmehr mit unterschiedlichen Amplatzer Vascular Plugs®. Erst der letzte Implantationsvorgang, diesmal DSA-gesteuert unter Angiografiebedingungen ([Abb. 13]), führte zum dauerhaften Erfolg. Nach optimaler Darstellung der Fistelgröße und -form wurde ein 8 mm Amplatzer Vascular Plug II® ausgewählt und unter Durchleuchtung und endoskopischer Sicht in die Fistel eingeführt. Die Dauer des relativ aufwändigen Eingriffs betrug 90 min.

Sechs Monate nach dem Fistelverschluss zeigte sich der Gefäßplug zu einem großen Teil von Schleimhaut überwachsen ([Abb. 14]).

Zoom Image
Abb. 13 DSA-Darstellung der Hauptbronchusfistel.
Zoom Image
Abb. 14 Epithelialisierter Amplatzer Vascular Plug II® im re. Hauptbronchus.

#

Diskussion

Bronchusfisteln sind eine insgesamt seltene, aber gefürchtete Komplikation schwerwiegender thorakaler Erkrankungen. Unterschieden werden muss zwischen bronchopleuralen Fistelbildungen, die meist nach lungenresezierenden Eingriffen auftreten, und Fisteln zwischen Tracheobronchialbaum und Ösophagus, die sich entweder spontan oder therapieinduziert im Verlauf thorakaler Tumorerkrankungen entwickeln.

Die Häufigkeit von Bronchusfisteln nach lungenresezierenden Eingriffen wird in der Literatur mit 1,5 – 28 % angegeben, wobei das Risiko der Fistelentstehung nach Lobektomien am geringsten ist (0,5 %). Zu den Risikofaktoren zählen u. a. Malignität der Grunderkrankung, eine vorausgegangene Chemo- oder Radiotherapie, die operierte Seite (häufigeres Auftreten von Stumpfinsuffizienzen nach rechtsseitiger Pneumonektomie), die Stumpflänge und eine Karzinominfiltration des Resektionsrandes.

Über die Inzidenz von tracheo- bzw. bronchoösophagealen Fisteln, die am häufigsten bei thorakalen Tumorerkrankungen auftreten, gibt es in der Literatur keine verlässlichen Angaben.

Der operative Verschluss einer Bronchusfistel ist grundsätzlich anzustreben, er bietet die höchste Erfolgsrate von 80 – 95 %. Für zahlreiche Patienten ist jedoch aus unterschiedlichen Gründen eine chirurgische Intervention nicht möglich. Alternativ sind zahlreiche endoskopische Verfahren zum Einsatz gekommen mit unterschiedlichen, insgesamt bisher aber unbefriedigenden Resultaten. Durch die Anwendung von z. B. Fibrinkleber, Einbringen von Coils, Injektion von Äthanol oder Eigenblut ließen sich gelegentlich kleine Fisteln erfolgreich behandeln. In den meisten Fällen war aber kein dauerhafter Verschluss zu erreichen. Eine Deckung größerer und maligner Fisteln wurde in letzter Zeit mit Stents versucht. Als Nachteil ist hier die meist nicht unerhebliche Beeinträchtigung der Lebensqualität zu nennen (Verschleimung, Notwendigkeit häufigen Inhalierens).

Eine erste Falldarstellung eines Verschlusses einer benignen ösophagobronchialen Fistel durch einen Amplatzer VSD Occluder® erschien 2006 in Chest. Rabenstein et al. [10] berichten über eine 70-jährige Frau mit rezidivierenden Hustenattacken, als deren Ursache bereits 20 Jahre zuvor eine möglicherweise durch Aspiration einer Fischgräte erworbene ösophagobronchiale Fistel diagnostiziert und bisher keiner besonderen Behandlung zugeführt worden war. Zwölf Monate nach Implantation ließ sich trotz Retraktion des ösophagealen Schirmanteils unter die Ösophaguswand ein kompletter Fistelverschluss nachweisen. Interessant ist der Hinweis darauf, dass für den Gastrointestinaltrakt und das Bronchialsystem, verglichen mit der Anwendung im Gefäßsystem, kein Überwachsen mit Endothel zu erwarten sei.

In den Jahren 2008 bis 2011 wurden weitere Einzelfallberichte [5] [6] [7] [8] [9] [10] [11] [12] über den Verschluss bronchopleuraler bzw. bronchoösophagealer Fisteln mithilfe von Amplatzer Devices veröffentlicht. Zum Verschluss zweier jeweils 5 mm messender Fisteln im rechten bzw. linken Hauptbronchusstumpf nach Pneumonektomie wegen eines Bronchialkarzinoms wurden von Kramer et al. [11] Amplatzer ASD-Occluder® verwendet. In beiden Fällen gelang ein zufriedenstellender langfristiger Fistelverschluss. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass sich 3 bzw. 4 Monate später ein Überwachsen der Schirme mit Schleimhaut bzw. Granulationsgewebe nachweisen ließ.

Gulkarov et al. [9] schildern ebenfalls den Verschluss einer bronchopleuralen Fistel nach Pneumonektomie mittels eines ASD-Occluders. Zusätzlich wurde Fibrinkleber zum sicheren Fistelverschluss verwendet. Die Maßnahme ermöglichte eine Entwöhnung von der zuvor notwendigen invasiven Beatmung. Auch in diesem Fall kam es zu einem Überwachsen des Amplatzer ASD-Occluders® mit Granulationsgewebe.

Schließlich beschreiben Green et al. [8] den Verschluss einer Fistel zwischen Neoösophagus und rechtem Hauptbronchus nach Ösophagektomie wegen eines Ösophaguskarzinoms durch einen Amplatzer Septal Occluder® mit einem 18-mm distalen und einem 14-mm proximalen Schirm. Vier Wochen später verstarb der Pat. allerdings an einer Streptokokkensepsis mit respiratorischem Versagen, sodass eine Langzeitbeobachtung nicht möglich war.

Im Unterschied zu den bisherigen Fallberichten wurden bei unseren fünf Patienten statt der ASD- bzw. Septal Occluder sog. Amplatzer Vascular Plugs unterschiedlicher Formen und Größen – viermal Plug II, einmal Plug 4 – verwendet. Die Technik der Implantation entspricht der im Falle der Septal Occluder beschriebenen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass sich die Gefäßplugs nur für Fisteln geringerer Größe eignen. In vier Fällen konnte ein Plug II im Rahmen einer starren Bronchoskopie endoskopisch unter Zuhilfenahme der Thoraxdurchleuchtung über einen passenden Führungskatheter in die Fistelöffnung eingebracht werden. In einem Fall war eine korrekte Positionierung erst unter Angiografiebedingungen möglich.

Vascular Plugs dienen in der Angiologie üblicherweise zur Embolisation in der arteriellen und venösen Gefäßperipherie. Der Amplatzer Plug II® besteht aus drei selbstexpandierenden Scheiben aus Nitinolgeflecht, die über schmale Taillen miteinander verbunden sind und eine hohe Verformungs- sowie Retraktionskraft aufweisen. Die für unsere Patienten jeweils erforderliche Größe wurde nach computertomografischen und endoskopischen Kriterien ermittelt.

Der erst kürzlich auf den Markt gebrachte Amplatzer Plug 4® besitzt eine von den übrigen Gefäßplugs abweichende Form (s. [Abb. 1]). Die Applikation ist auch bei engen Verhältnissen über einen 0.038 inch Diagnostikkatheter möglich, was zu einer deutlichen Erweiterung des Indikationsspektrums beiträgt.

Alle von uns behandelten Patienten profitierten unmittelbar und deutlich vom Fistelverschluss. In zwei Fällen kam es zu einer schicksalhaften Verschlechterung durch eine Progredienz der malignen Grunderkrankung; ein Patient verstarb zwei Wochen nach der Implantation bei weit fortgeschrittenem Ösophaguskarzinom, ein weiterer erlebte eine Größenzunahme der Fistel als Folge einer Tumorprogredienz vier Wochen nach dem Eingriff mit Dislokation des Gefäßplugs.

Bei den übrigen drei Patienten ist ein sehr erfreulicher langfristiger Behandlungserfolg zu konstatieren mit in einem Fall vollständiger Ausheilung des Pleuraempyems nach Lobektomie, in zwei weiteren mit Ermöglichung einer komplikationslosen Spülbehandlung eines Pyothorax nach Pneumonektomie ohne Aspirationsereignisse mit Erreichen einer sehr guten Lebensqualität ([Tab. 1]).

Tab. 1

Verlauf nach Fistelverschluss.

Pat.

Grunderkrankung

Fistelart

Fistelentstehung

Fistelgröße

Device

Überlebenszeit nach Fistelverschluss

Todesursache

m., 67 J.

Ösophaguskarzinom

broncho-ösophageal

post-radiogen

2 mm

Plug 4
6 mm

6 Monate

Progress der Grunderkrankung

m. 73 J.

Bronchialkarzinom

broncho-ösophageal

post-radiogen

8 mm

Plug II
12 mm

12 Tage

Progress der Grunderkrankung

m. 56 J.

Bronchialkarzinom

broncho-pleural

postoperativ

5 mm

Plug II
10 mm

Pat. lebt

m. 72 J.

Bronchialkarzinom

broncho-pleural

postoperativ

2 mm

Plug II
3 mm

Pat. lebt

w. 59 J.

Bronchialkarzinom

broncho-pleural

postoperativ

3 mm

Plug II
8 mm

Pat. lebt

Bronchoskopisch war bei den Patienten mit langfristigem Behandlungserfolg 3 – 6 Monate nach Fistelverschluss ein teilweises bis vollständiges Überwachsen der Schirme durch Granulationsgewebe bzw. Schleimhaut nachzuweisen.

Die Entscheidung, bei unseren Patienten statt der bisher verwendeten Septal Occluder Vascular Plugs® zu verwenden, fiel sowohl aus technischen als eindeutig auch aus finanziellen Erwägungen: Die Kosten für einen Gefäßplug betragen z. Zt ca. 450 Euro, d. h. etwa ein Zehntel derjenigen für einen ASD- bzw. VSD-Occluder; ein Aspekt, der im Zeitalter der Kostenexplosion im Gesundheitswesen nicht zu vernachlässigen ist.


#
#

Interessenkonflikt

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Danksagung

Die Autoren bedanken sich bei:
Herrn Dr. Jörg Werhand, Chefarzt des Institutes für Bildgebende Diagnostik und Interventionelle Radiologie im Klinikum Hildesheim, für die Unterstützung und Überlassung der DSA-Aufnahme.
Herrn Gerd Thomas Oehlert, Leitender Arzt für Diagnostische und interventionelle Radiologie im Klinikum Hannover Oststadt-Heidehaus, für die Anfertigung der virtuellen Thorakoskopie und Überlassung der Bilder.

  • Literatur

  • 1 Tao H, Araki M, Sato T et al. Bronchoscopic treatment of a postpneumonectomy bronchopleural fistula with collagen screw plug. J Thorac Cardiovasc Surg 2006; 132: 99-104
  • 2 Sirbu H, Busch T, Aleksic I et al. Bronchopleural fistulas in the surgery of non-small-cell lung cancer: incidence, risk factors and management. Ann Thorac Cardiovasc Surg 2001; 7: 330-336
  • 3 Mughal MM, Gildea TR, Murthy S et al. Short-term deployment of selfexpanding metallic stents facilitates healing of bronchial dehiscence. Am J Respir Crit Care Med 2005; 172: 768-771
  • 4 Lois M, Noppen M. Bronchopleural fistula: An overview of the problem with special focus on endoscopic management. Chest 2005; 128: 3955-3965
  • 5 Boudoulas KD, Elinof J, Resar JR. Bronchopulmonary Fistula Closure with an Amplatzer Multi-Fenestrated Septal Occluder. Catheterization and Cardiovascular Interventions 2010; 75: 455-458
  • 6 Kim KH, Lee KH, Won JY et al. Bronchopleural fistula treatment with use of a bronchial stent graft occluder. J Vasc Intervent Radiol 2006; 17: 1539-1543
  • 7 Golbin JM, Prakash UB. Closure of a bronchopleural fistula using an Amplatzer Septal Occluder Device. Chest 2006; 130 (Suppl 4): 291
  • 8 Green DA, Moskowitz WB, Shepherd RW. Closure of a Broncho-to-Neoesophageal Fistula Using an Amplatzer Septal Occluder Device. Ann Thorac Surg 2010; 89: 2010-2012
  • 9 Gulkarov I, Paul S, Lee PC et al. Use of Amplatzer device for endo-bronchial closure of bronchopleural fistulas. Interact Cardiovasc and Thorac Surg 2009; 9: 901-902
  • 10 Rabenstein T, Boosfeld C, Henrich R et al. First use of ventricular septal defect occlusion device for endoscopic closure of an esophagorespiratory fistula using bronchoscopy and esophagoscopy. Chest 2006; 130: 906-909
  • 11 Kramer MR, Peled N, Shitrit D et al. Use of Amplatzer Device for Endobronchial Closure of Broncho-pleural Fistulas. Chest 2008; 133: 1481-1484
  • 12 Fruchter O, Kramer M, Dagan T et al. Endobronchial Closure of Bronchopleural Fistulae Using Amplatzer Devices. Chest 2011; 139: 682-687

Korrespondenzadresse

Dr. med. Gabriele Grossheim
Lungenklinik Diekholzen
Bahnberg 5
31191 Diekholzen

  • Literatur

  • 1 Tao H, Araki M, Sato T et al. Bronchoscopic treatment of a postpneumonectomy bronchopleural fistula with collagen screw plug. J Thorac Cardiovasc Surg 2006; 132: 99-104
  • 2 Sirbu H, Busch T, Aleksic I et al. Bronchopleural fistulas in the surgery of non-small-cell lung cancer: incidence, risk factors and management. Ann Thorac Cardiovasc Surg 2001; 7: 330-336
  • 3 Mughal MM, Gildea TR, Murthy S et al. Short-term deployment of selfexpanding metallic stents facilitates healing of bronchial dehiscence. Am J Respir Crit Care Med 2005; 172: 768-771
  • 4 Lois M, Noppen M. Bronchopleural fistula: An overview of the problem with special focus on endoscopic management. Chest 2005; 128: 3955-3965
  • 5 Boudoulas KD, Elinof J, Resar JR. Bronchopulmonary Fistula Closure with an Amplatzer Multi-Fenestrated Septal Occluder. Catheterization and Cardiovascular Interventions 2010; 75: 455-458
  • 6 Kim KH, Lee KH, Won JY et al. Bronchopleural fistula treatment with use of a bronchial stent graft occluder. J Vasc Intervent Radiol 2006; 17: 1539-1543
  • 7 Golbin JM, Prakash UB. Closure of a bronchopleural fistula using an Amplatzer Septal Occluder Device. Chest 2006; 130 (Suppl 4): 291
  • 8 Green DA, Moskowitz WB, Shepherd RW. Closure of a Broncho-to-Neoesophageal Fistula Using an Amplatzer Septal Occluder Device. Ann Thorac Surg 2010; 89: 2010-2012
  • 9 Gulkarov I, Paul S, Lee PC et al. Use of Amplatzer device for endo-bronchial closure of bronchopleural fistulas. Interact Cardiovasc and Thorac Surg 2009; 9: 901-902
  • 10 Rabenstein T, Boosfeld C, Henrich R et al. First use of ventricular septal defect occlusion device for endoscopic closure of an esophagorespiratory fistula using bronchoscopy and esophagoscopy. Chest 2006; 130: 906-909
  • 11 Kramer MR, Peled N, Shitrit D et al. Use of Amplatzer Device for Endobronchial Closure of Broncho-pleural Fistulas. Chest 2008; 133: 1481-1484
  • 12 Fruchter O, Kramer M, Dagan T et al. Endobronchial Closure of Bronchopleural Fistulae Using Amplatzer Devices. Chest 2011; 139: 682-687

Zoom Image
Abb. 1 Amplatzer Vascular Plug II®; Amplatzer Vascular Plug 4®.
Zoom Image
Abb. 2 Bronchoösophageale Fistel li. Unterlappenbronchus.
Zoom Image
Abb. 3 Fistelverschluss durch Amplatzer Vascular Plug II®.
Zoom Image
Abb. 4 Breischluck mit Fisteldarstellung.
Zoom Image
Abb. 5 Rö.-Darstellung des implantierten Amplatzer Plug II®.
Zoom Image
Abb. 6 CT-Darstellung der verschlossenen Fistel im re. Hauptbronchus.
Zoom Image
Abb. 7 Virtuelle Thorakoskopie.
Zoom Image
Abb. 8 Kleine bronchopleurale Fistel im li. Oberlappenbronchus.
Zoom Image
Abb. 9 Endoskopische Prozedur des Fistelverschlusses.
Zoom Image
Abb. 10 Drainierter Pyothorax nach Pneumonektomie.
Zoom Image
Abb. 11 Fistel im re. Hauptbronchus.
Zoom Image
Abb. 12 CT-Darstellung der Hauptbronchusfistel.
Zoom Image
Abb. 13 DSA-Darstellung der Hauptbronchusfistel.
Zoom Image
Abb. 14 Epithelialisierter Amplatzer Vascular Plug II® im re. Hauptbronchus.