Dialyse aktuell 2011; 15(09): 540
DOI: 10.1055/s-0031-1295600
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9. Erfurter Experten-Meeting Dialyse – Welche Medikamente können die Mortalität von CKD-Patienten günstig beeinflussen?

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Publication Date:
10 November 2011 (online)

 
 

Thema des 9. Erfurter Experten-Meeting Dialyse waren Prognosemarker in der Nephrologie. Ausgewiesene Experten referierten auf Einladung von Dr. Christoph C. Haufe, Erfurt, zu verschiedenen prognostischen Größen in der Nierenheilkunde – ob sie nun den Erfolg einer Transplantation, den Verlauf einer Vaskulitis, die Chance auf Rekonvaleszenz bei akutem Nierenversagen oder sogar den plötzlichen Herztod vorherbestimmen. Prof. Jens Nürnberger, Schwerin, hob die Bedeutung der Parameter des mit der Urämie einhergehenden gestörten Mineralstoffmetabolismus für die Prognose von nierenkranken Patienten hervor und führte aus, welche therapeutischen Interventionen hier entgegenwirken und das Überleben der Betroffenen sichern können.

Besseres Outcome durch die Phosphatbindertherapie

Seit Langem ist bekannt, dass die 3 Parameter Serumphosphat, -kalzium und Parathormon (PTH) eng mit einer erhöhten Mortalität bei Patienten mit chronischer Nierenerkrankung (CKD) assoziiert sind [ 1 ]. Bereits hochnormale Phosphatwerte erhöhen die Sterblichkeit deutlich, sehr hohe Werte sogar dramatisch [ 2 ]. Nicht immer ist klar, ob im Umkehrschluss auch die Ausschaltung eines Risikofaktors zu einem verbesserten Outcome im Hinblick auf den harten Endpunkt Überleben führt. Für das Phosphat wurde der Beweis erbracht: In der prospektiven Kohortenstudie mit 10 044 Neudialysepatienten von Isakova et al. [ 3 ] war die Sterblichkeit der Gruppe, die eine Phosphatbindertherapie erhalten hatte, nach nur 1 Jahr bereits um etwa 5 % geringer als in der unbehandelten Vergleichsgruppe.


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Welcher Phosphatbinder ist mit der geringsten Mortalität assoziiert?

Auch wenn Dialysepatienten grundsätzlich von einer Phosphatbindertherapie profitieren, bleibt die Frage offen, unter welcher Therapie – unter kalziumfreier oder kalziumhaltiger Phosphatbindertherapie – die Mortalität am niedrigsten ist. In der DCOR[ 1 ]-Studie [ 4 ] wurden beide Therapieregime im Hinblick auf Mortalität und Morbidität der Patienten untersucht. 2103 Patienten aus 75 Dialyseeinrichtungen in den USA wurden randomisiert und erhielten über 36 Monate entweder Sevelamer oder kalziumhaltige Phosphatbinder. Bei der DCOR-Studie handelt es sich um die bislang größte Outcome-Studie mit Hämodialysepatienten unter "real-life"-Bedingungen.

Im Ergebnis zeigte sich in der Sevelamergruppe mit – 9 % ein Trend zu einem verbesserten Überleben, wenn auch die statistische Signifikanz verfehlt wurde. Die Subgruppenanalyse zeigte jedoch, dass einige Patientengruppen deutlich von der Phosphatbindertherapie mit Sevelamer profitieren – das waren vor allem ältere Patienten (= 65 Jahre und älter) und Patienten unter längerer Sevelamerbehandlung (mehr als 2 Jahre). Im Vergleich zu der mit kalziumhaltigen Phosphatbindern behandelten Gruppe reduzierte sich das Mortalitätsrisiko bei älteren Patienten um 22 %, also um fast 1 Viertel. Da die Mehrzahl der Dialysepatienten fortgeschrittenen Alters sind, kann somit durch die Wahl des Phosphatbinders eine relevante Risikominimierung erreicht werden.

Plötzlicher Herztod – Haupttodesursache bei Dialysepatienten

Prof. Christoph Wanner, Würzburg, verwies auf die 4D-Studie[ 3 ] [ 7 ], [ 8 ], in welcher der plötzliche Herztod mit 26 % die häufigste Todesursache bei Hämodialysepatienten ist. Besonders häufig betroffen sind Diabetiker. Weitere Risikofaktoren sind ein kurz zurückliegender Krankenhausaufenthalt, die intradialytische Hypotonie, hohe Ultrafiltrationsraten und die Zeit seit der letzten Dialysebehandlung. Vielversprechende Möglichkeiten der Intervention sieht Wanner vor allem in einer verbesserten integrierten Versorgung älterer Patienten, in der Optimierung des Trockengewichts und in einem stabilen Gefäßzugang.


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Risikoreduktion durch PTH-Senkung?

Ob auch durch die Therapie des sekundären Hyperparathyreoidismus (sHPT) die Mortalität gesenkt werden kann, konnte bislang noch nicht prospektiv nachgewiesen werden. Für aktives Vitamin D gibt es zwar zahlreiche Observationsstudien [ 5 ], [ 6 ], die auf einen Benefit hindeuten und denen zufolge der selektive Vitamin-D-Rezeptor-Aktivator Paricalcitol dem Calcitrol sogar noch überlegen ist [ 6 ], aber prospektive Studien fehlen. Auch für Cinacalcet steht der Nachweis noch aus: Die EVOLVE[ 2 ]-Studie an fast 4000 Patienten wird zeigen, ob durch die Therapie mit dem Calcimimetikum eine Mortalitätssenkung erreicht wird, die Ergebnisse werden Ende dieses Jahres erwartet.

Wie Nürnberger ausführte, stehen derzeit kaum prospektive, randomisierte Daten zur Verfügung, die eine signifikante Mortalitätssenkung durch ein bestimmtes Medikament belegen: "Solange diese Daten fehlen, sind individuelle, patientenbezogene Therapieentscheidungen notwendig."

Dr. Bettina Albers, Weimar

Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der Genzyme GmbH, Neu-Isenburg.
Die Beitragsinhalte stammen vom "9. Erfurter Experten-Meeting Dialyse".
Autorin: Dr. Bettina Albers, PR-Agentur albersconcept, Weimar.


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1 Dialysis Clinical Outcomes Revisited


2 Evaluation Of Cinacalcet Therapy to Lower CardioVascular Events


3 Die Deutsche Diabetes Dialyse-Studie


  • Literatur

  • 1 Block GA et al. J Am Soc Nephrol 2004; 15: 2208-2218
  • 2 Kestenbaum B et al. J Am Soc Nephrol 2005; 16: 520-528
  • 3 Isakova T et al. J Am Soc Nephrol 2009; 20: 388-396
  • 4 Suki WN et al. Kidney Int 2007; 72: 1130-1137
  • 5 Teng M et al. J Am Soc Nephrol 2005; 16: 1115-1125
  • 6 Teng M et al. N Eng J Med 2003; 349: 446-456
  • 7 Wanner C et al. N Engl J Med 2005; 353: 238-248
  • 8 Ritz E, Wanner C. J Am Soc Nephrol 2008; 19: 1065-1070

  • Literatur

  • 1 Block GA et al. J Am Soc Nephrol 2004; 15: 2208-2218
  • 2 Kestenbaum B et al. J Am Soc Nephrol 2005; 16: 520-528
  • 3 Isakova T et al. J Am Soc Nephrol 2009; 20: 388-396
  • 4 Suki WN et al. Kidney Int 2007; 72: 1130-1137
  • 5 Teng M et al. J Am Soc Nephrol 2005; 16: 1115-1125
  • 6 Teng M et al. N Eng J Med 2003; 349: 446-456
  • 7 Wanner C et al. N Engl J Med 2005; 353: 238-248
  • 8 Ritz E, Wanner C. J Am Soc Nephrol 2008; 19: 1065-1070