ergopraxis 2011; 4(11/12): 38
DOI: 10.1055/s-0031-1295676
profession & perspektiven

5. ergotag 2011 – Aktuelles zur UEMF

Christiane Kamm
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Publication Date:
11 November 2011 (online)

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Was gibt es Neues zur Therapie von Kindern mit motorischen Entwicklungsstörungen? Die Ergotherapeutin Christiane Kamm war neugierig. Sie besuchte den 5. ergotag und berichtet, welche Themen für sie relevant waren.

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Viele Teilnehmer nutzten die Möglichkeit, Fragen zu stellen oder mit den Referenten zu diskutieren.

Es war nicht das erste Mal, dass ich den ergotag besuchte. Bisher fand ich immer gelungen, dass Ergotherapeuten mit vielen Anregungen nach Hause gingen: mit konkretem Material, Ideen für Fortbildungen, Download-Adressen. Dieses Jahr irritierte mich der Titel: „Die Entdeckung der Langsamkeit“ - was sich dahinter verbarg, wurde nicht auf den ersten Blick klar.

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Kinder mit UEMF brauchen Therapie

Laut Programm stand die effiziente Behandlung von Kindern mit motorischen Entwicklungsstörungen (UEMF) im Fokus. Angekündigt waren die neue Leitlinie zur UEMF, Komorbiditäten, ergotherapeuti-scher Befund und Therapie sowie die Rolle der Ergotherapie. Ich erwartete also jede Menge Hintergrundinformationen.

Letztendlich zerstreuten die Referenten meine Befürchtung, mit zu viel Theorie überschüttet zu werden: Prof. Dr. Rainer Blank vom Kinderzentrum Maulbronn erklärte kurz und knapp die neue Leitlinie zur UEMF. Er betonte, dass derzeit das Assessment M-ABC-2 am besten motorische Auffälligkeiten bei Kindern erfassen könne. Interessant war für mich, dass er den Ergotherapeuten den Rücken stärkte und mehrfach betonte, wie wichtig Ergo-therapie im Behandlungsprozess sei. Er forderte die Zuhörer auf, den M-ABC-2 durchzuführen, wenn sie eine UEMF vermuten - auch ohne explizite ärztliche Anordnung. Aufgabenorientierte Ansätze wie das CO-OP hätten die beste Evidenz. Gruppentherapie würde von der Leitlinie nur bedingt empfohlen werden.

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Beobachten und evidente Tests nutzen

Die Ergotherapeutin Sabine Vincon stellte anschaulich den Bruininks-Oseretzky Test of Motor Proficiency 2 (BOT-2) vor. Ihr Vortrag machte Lust, hier am Ball zu bleiben. Vielleicht stellt der Test in Zukunft eine gute Alternative zum M-ABC-2 dar. Der BOT-2 überprüft die fein- und grobmotorischen Funktionen von Kindern. In Deutschland ist er zwar noch nicht vali-diert, wird aber vorbereitet und geprüft.

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Rund 250 Therapeuten interessierten sich für Kinder mit motorischen Entwicklungsstörungen. (Fotos: M. Böggemann)

Auch die Ergotherapeutin Ann Kennedy-Behr bestätigte den Nutzen des BOT-2 und des M-ABC-2. Von Tests wie dem MOT 4-6 riet sie ab, weil die Studienlage veraltet wäre. Als teilhabeorientiertes Befundinstrument empfahl sie das COPM, das auch in der Leitlinie genannt wird. Generell gebe es leider zu wenig Instrumente, die sich auf den Alltag und die Aktivitäten des täglichen Lebens beziehen. Das heißt, dass immer noch die Beobachtungen eine wichtige Rolle im Therapieprozess einnehmen.

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Thema mit viel Praxisnähe

Die Ergotherapeutin Andrea Espei erläuterte mehrere Behandlungsansätze anhand eines Fallbeispiels, unter anderem SI und CO-OP. Sie machte Mut, dass nicht jede Therapeutin, die mit SI arbeitet, einen verstaubten Ansatz nutzt, auch wenn das CO-OP bei UEMF empfohlen wird. „Es bedeutet nicht, dass alles andere, was wir machen, wertlos ist. Aber wir müssen dafür Nachweise suchen oder schaffen“, fasste sie zusammen.

Positiv überraschte mich der Vortrag von Arnd Longree zum Behandlungsauftrag der Ergotherapie. Er erläuterte unter anderem rechtliche Grauzonen der Behandlung. Die Therapie spontan in den Sportraum der Schule zu verlegen, sei zum Beispiel nicht mehr grau, sondern tiefschwarz.

Ich konnte viele Informationen über evidente und zukunftsorientierte Therapie mitnehmen. Das wird hilfreich sein, um mit Ärzten auf Augenhöhe zu kommunizieren.

Zwar war der ergotag mit 139 Euro nicht günstig, dafür aber entschädigte das Thema, das am Puls der Zeit lag und große Praxisrelevanz hatte.

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Viele Teilnehmer nutzten die Möglichkeit, Fragen zu stellen oder mit den Referenten zu diskutieren.

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Rund 250 Therapeuten interessierten sich für Kinder mit motorischen Entwicklungsstörungen. (Fotos: M. Böggemann)