Der Klinikarzt 2011; 40(11): 532
DOI: 10.1055/s-0031-1297206
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kurz nachgefragt: – Wie entwickelt sich die Behandlung des follikulären Lymphoms?

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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
30. November 2011 (online)

 

    Im Rahmen des weltgrößten Lymphomkongresses, der 11. International Conference on Malignant Lymphomas (ICML) 2011 in Lugano sprach der Journalist Josef Gulden mit Prof. Dr. med. Gilles Salles vom Centre Hospitalier Lyon-Sud – Hématologie der Klinik Lyon (Frankreich) über die Erhaltungstherapie beim follikulären Lymphom (FL) und über die Daten der von Prof. Salles geleiteten PRIMA-Studie [ 1 ].

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    Prof. Dr. med. Gilles Salles

    ? Während des ICML 2011 wurden neue Daten der PRIMA-Studie zur Abhängigkeit der Therapieergebnisse von der verwendeten Induktionschemotherapie präsentiert. Hat sich der erste Eindruck bestätigt, dass die Art der Chemotherapie keinen Einfluss auf die Ergebnisse der Erhaltungstherapie hat?

    Salles: Die PRIMA-Studie hat deutlich gezeigt, dass eine Erhaltungstherapie mit Rituximab im Anschluss an jede Art von Immunchemotherapie zum Therapieerfolg beiträgt. Die Analyse der Subgruppen ergab, dass Patienten, die R-CHOP oder R-FCM als Erstlinientherapie bekommen hatten, auf die Rituximab-Erhaltungstherapie besser ansprachen als Patienten, die R-CVP erhalten hatten. Obwohl die Wirkung der Erhaltungstherapie nach der Induktionsbehandlung mit R-CVP gut war, erreichte sie nicht dasselbe Niveau wie nach einer R-CHOP-Induktion. Ein Hauptergebnis der PRIMA-Studie ist zweifellos, dass eine Erhaltungstherapie mit Rituximab für alle Patienten unabhängig von der Art der Chemotherapie empfohlen werden kann.

    ? Die PRIMA-Daten haben für großes Aufsehen gesorgt und schnell Einzug in die Leitlinien gefunden. Wie wird es bei der Behandlung des follikulären Lymphoms (FL) weitergehen?

    Salles: Aufgrund der PRIMA-Daten gibt es mehrere Möglichkeiten, die Behandlung von FL-Patienten mit großer Tumorlast zu verbessern. Zum einen könnte man den Antikörper dahingehend verändern, dass sich die Lebensqualität der behandelten Patienten verbessert. Dafür käme z.B. die subkutane Formulierung von Rituximab infrage oder ein neuer, noch wirkungsvollerer Antikörper wie GA101. Dieser stellt eine vielversprechende Neuentwicklung dar, klinische Studien dazu haben bereits begonnen. Eine andere Möglichkeit wäre, Substanzen wie z. B. Lenalidomid mit Rituximab zu kombinieren, die die Wirkung des Antikörpers noch verstärken können.

    ? Wie behandeln Sie Patienten, die während bzw. unmittelbar nach der Erhaltungstherapie ein Rezidiv erleiden? Verwenden Sie wieder ein Rituximab-haltiges Regime?

    Salles: Wenn Patienten während der Rituximab-Erhaltungstherapie oder innerhalb von 6 Monaten nach Beendigung der Erhaltungstherapie ein Rezidiv erleiden, prüfen wir die Charakteristika des Patienten und seine therapeutischen Aussichten sowie den Zeitpunkt des Rezidivs. Bei einem älteren, klinisch weniger fitten Patienten beispielsweise ziehen wir ein Fludarabin- oder Bendamustin-basiertes Regime in Betracht. Abhängig vom jeweiligen Patienten kann Rituximab nochmals verwendet werden. Patienten, die mehr als 6 Monate nach dem Ende der Erhaltungstherapie ein Rezidiv erleiden, behandeln wir grundsätzlich erneut mit Rituximab.

    ? Der Titel Ihres Vortrags im Rahmen des ICML-Symposiums von Roche hieß "Long-term disease control …". Das klingt sehr nach Heilung. Welche Kriterien gelten für Sie in Bezug auf eine Heilung des FL?

    Salles: Meiner Meinung nach ist eine Krankheit geheilt, wenn sie nie wiederkehrt und die Patienten letztlich auch nicht mehr beobachtet werden müssen. Ich denke, beim FL haben wir dies noch nicht ganz erreicht. Aber es gibt immer mehr vielversprechende Hinweise. Während dieser Tagung haben wir ein Update der FL2000-Studie zur Kombination von Rituximab mit einer Chemotherapie (CHVP) und Interferon bei Patienten mit FL präsentiert. In dieser Studie waren 44 % der Patienten nach 8 Jahren rezidivfrei. Ich weiß nicht, ob diese Patienten geheilt sind, aber solche Ergebnisse hat es bisher noch nicht gegeben und der Prozentsatz an Patienten, die unter CHVP und Interferon allein krankheitsfrei blieben ist wohl nur halb so groß. Vielleicht ist ein kleiner Prozentsatz dieser Patienten geheilt. Wir hoffen natürlich, dass mit der zusätzlichen Erhaltungstherapie diese Zahlen noch steigen werden.

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    3-Jahres-Update der PRIMA-Studie.

    1 Salles G et al. Rituximab maintenance for 2 years in patients with high tumour burden follicular lymphoma responding to rituximab plus chemotherapy (PRIMA): a phase 3, randomised controlled trial. Lancet 2011; 377: 42–51




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    Prof. Dr. med. Gilles Salles
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    3-Jahres-Update der PRIMA-Studie.