Diabetes aktuell 2011; 9(07): 290
DOI: 10.1055/s-0031-1298719
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

EASD-Jahrestagung 2011 – Themenschwerpunkte Ernährung und Diabetes und Depression

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Publication Date:
05 December 2011 (online)

 

Diabetes und Depression

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In seiner Präsentation "Why are diabetes and depression bed fellows?" betonte A. Jacobsen, New York, USA, dass sowohl Typ-1-Diabetes als auch Typ-2-Diabetes mit einem erhöhten Risiko für Depressionen assoziiert sind. Als Ursache hätten lange Zeit fast ausschließlich psychologische Faktoren gegolten. Es handle sich aber offenbar um ein multifaktorielles Geschehen mit sowohl genetischen Ursachen als auch Effekten erhöhter Blutglukosewerte auf die Struktur und die Funktionen des zentralen Nervensystems. Während bei Typ-1-Diabetes der Aspekt schwerer Hypoglykämie bedeutsamer seien, müsse bei Typ-2-Diabetes die spezifische Rolle von Adipositas, Insulinresistenz und Inflammation stärker berücksichtigt werden, so Jacobsen.

Diese Aussagen wurden durch die von B. Nefs präsentierten Daten der DiaDDZoB-Studie bestätigt. In einer Kohorte von 2460 hausärztlich behandelten Patienten mit Typ-2-Diabetes wurde zu Studienbeginn sowie nach 2 und 3 Jahren anhand der Edinburgh Depression Scale (EDS) die Diagnose Depression getestet. Die Prä­valenz für Depression betrug 12 %, 14 % (Jahr 2) bzw. 16 % (Jahr 3). Neben weiblichem Geschlecht (Odds Ratio [OR] 2,35; 95 %-Konfidenzintervall [KI] 1,45–3,81) waren auch eine niedrige Schulbildung (OR 1,87; 1,10–3,16), mikrovaskuläre Erkrankungen [OR 1,78; KI 1,13–2,79) und stressreiche Lebensereignisse (OR 1,70; KI 1,09–2,67) positiv assoziiert mit der Inzidenz Depression. [Abstr 213].


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Glukosesensor im Gehirn

B. Thorens, Lausanne, Schweiz, berichtete von den Möglichkeiten des Gehirns, Glukosekonzentrationen zu erfassen und zu steuern. Glukose im Gehirn sei dank glukosesensitiver Neurone in der Lage, Kontrolle über Sympathikus und Parasympathikus auszuüben und damit Leberfunktion, Adipozyten, Muskulatur und den endokrinen Pankreas zu überwachen. So habe seine Arbeitsgruppe unter anderem zeigen können, dass Glut2-abhängig zentrale Glukosesensoren an der Steuerung von Hungergefühl, Energieverbrauch sowie Glukagonsekretion nach Hypoglykämien beteiligt sind.


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Bariatrische Chirurgie mit Medikamenten?

Ein neues Forschungsgebiet stellte S. Bloom, London, UK, vor. Seine Arbeitsgruppe arbeite an Alternativen, welche die Effekte bariatrischer Operationen auf metabolische Parameter nachahmen, jedoch auf einen operativen Eingriff verzichten und oral bzw. als Injektion anwendbar sind. Die Forschung konzentriert sich zurzeit auf Darmhormone, welche die Sättigung beeinflussen, wie zum Beispiel Oxyntomodulin, Peptide-tyrosine-tyrosine (PYY), Glucagon-like peptide 1 (GLP-1), Pancreatic islets, pancreatic polypeptide (PP) sowie auf Prokineticin. Phase-1-Studien am Menschen würden aktuell initiiert, es werde jedoch noch mindestens eine Dekade dauern, bis diese Therapien verfügbar seien, so Bloom.


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n-3-Fettsäuren

A. Dragomir und Kollegen, Bukarest, Rumänien, berichteten unter der Supplementierung mit marinen n-3-Polyensäuren (n-3-PUFAS) von einer signifikanten Abnahme der Körperfettmasse, sowie der signifikanten Verbesserung im Leptin/Adiponektin-Verhältnis im Vergleich zu einer Kontrollgruppe mit ansonsten identischem Ernährungs- und Bewegungsverhalten [Abstr 877]. Zu ähnlichen Ergebnissen kam M. Rossmeisl, Prag, Tschechische Republik. Im Tier-experiment habe die Supplementierung mit marinen n-3-Fettsäuren in Form von Phospholipiden bzw. Triglyzeriden zu einer vergleichbaren Verringerung von abdominalem Fettgewebe, Cholesterinwerten, Lebersteatose und Adipozytenhypertrophie geführt [Abstr 878]. A. Baxheinrich und Kollegen, Münster, hatten in ihrer Studie unter einer rapsölreichen Ernährung (mit einem hohen Gehalt an pflanzlichen n-3-Fettsäuren; n-3-PUFA alpha-Linolensäure, ALA) im Vergleich zu Olivenöl – bei ansonsten gleicher Reduktionsdiät – eine Verbesserung endothelialer Dysfunktionen gesehen [Abstr 879].


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Ballaststoffe

V. de Mello Laaksonen et al., Kuopio, Finnland, fanden in ihrer Untersuchung bei Typ-2-Diabetikern einen positiven Einfluss einer ballaststoffreichen Diät in Kombination mit marinen n-3-Fettsäuren auf endotheliale Dysfunktion sowie Biomarker inflammatorischer Prozesse [Abstr 871]. Zu vergleichbaren Ergebnissen kamen B. van Bussel et al., Maastricht, Niederlande, in der EURODIAB-Studie mit Typ-1-Diabetikern. Die Hypothese einer kardioprotektiven Wirkung der aktuell empfohlenen Ernährungsweise für Diabetiker werde dadurch unterstützt, so van Bussel [Abstr 14]. Unter der Aufnahme von mindestens 20 g Ballaststoffen pro Tag sank laut T. Rodrigues, Porto Alegre, Brasilien, die Konzentration an high-sensitivity lower C-reactive proteins (hs-CRP) bei Typ-1-Diabetikern signifikant [Abstr 873].


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Ballaststoffe und Blutglukose

Unklar bleibt der Effekt einer ballaststoffreichen Ernährung auf die Nüchternblutglukosewerte. Während H. Heikkilä, Kuopio, Finnland, in der DR’s EXTRA-Studie unter einer ballaststoffreichen Ernährung verbesserte Nüchternblutglukosewerte sah [Abstr 869], zeigt eine Metaanalyse von F. Silva, Porto Alegre, Brasilien, mit 12 Studien einen solchen Effekt nicht [Abstr 872].


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OmniPod®: The 2nd Generation

In Lissabon wurde erstmals die 2. Generation der Patch-Pump OmniPod® vorgestellt. Die 2. Generation ist 1/3 kleiner und flacher als die erste Generation. Bei vollem Insulinreservoir wird sie nur noch 1,4 cm hoch und 30 Gramm schwer sein. Wie bisher enthält die OmniPod® alles in einem: Insulinreservoir für bis zu 3 Tage mit einer Füllmenge von bis zu 200 Einheiten, Kanüle, Pumpe und Batterien. Anwendererfahrungen aus über 4 Jahren sind dabei in die Weiterentwicklung geflossen. In Deutschland wird diese 2. Generation voraussichtlich ab Anfang 2012 erhältlich sein.

Dr. med. Winfried Keuthage, Münster

Quelle: 47th Annual Meeting of the European Association for the Study of Diabetes, Lissabon, September 2011


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