Dialyse aktuell 2011; 15(10): 594
DOI: 10.1055/s-0031-1299603
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Immunsuppression mit mTOR-Inhibitoren nach Nierentransplantation – Der richtige Talspiegel schafft Sicherheit

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Publication Date:
14 December 2011 (online)

 

Prof. Björn Nashan

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Ein Gespräch mit Prof. Björn Nashan, Direktor der Klinik für Hepatobiliäre Chirurgie und Transplantation des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf.

? Sie setzen Everolimus nach eigenem Bekunden bei etwa 1 Drittel Ihrer Patienten ein. Was überzeugt Sie an Everolimus im De-novo Einsatz nach Nierentransplantation?

Prof. Björn Nashan: Ich kann damit den Einsatz von Calcineurininhibitoren (CNI) minimieren und habe die Möglichkeit, diese im weiteren Verlauf bei einem Teil der Patienten ganz zu eliminieren. Dies wiederum hat einen positiven Effekt auf die Nierenfunktion, welche sich nachhaltig und signifikant bessern kann.

? Bei Organtransplantationen verläuft die Wundheilung deutlich langsamer als normal. Warum?

Nashan: Wir setzen Proliferationsinhibitoren der Purinbiosynthese (IMPDH-Inhibitoren) wie Mycophenolatmofetil bzw. Mycophenolsäure oder mTOR-Inhibitoren (mTOR: "mammalian Target Of Rapamycin") wie Sirolimus und Everolimus ein, um gemeinsam mit Calcineurininhibitoren wirksam die Proliferation der Immunzellen zu hemmen. Diese Substanzen hemmen aber auch die Proliferation anderer Zellen, etwa von Fibroblasten, Endothelzellen etc., und zwar dosisabhängig. Bei einer niedrigen Dosis gibt es wenige oder keine Probleme. Wird die Dosis erhöht, kann es zu Wundheilungs-problemen kommen. Das gilt sowohl für die IMPDH-Inhibitoren als auch für die mTOR-Inhibitoren. Für letztere sollten die Talspiegel deshalb 8 ng/ml nicht überschreiten. Anzustreben ist ein Bereich von um die 5 ng/ml, in Kombination mit niedrigen CNI Spiegeln.

? Beeinflussen die genannten Immunsuppressiva die Wundheilung nach Nierentransplantation unterschiedlich?

Nashan: Nach den Daten der CALLISTO-Studie [ 1 ] gibt es beim De-novo-Einsatz nach Nierentransplantation von entweder Mycophenolsäure oder Everolimus keinen Unterschied in Bezug auf die Wirksamkeit oder die Wundheilung.

? Welche Faktoren sind noch für die Entstehung von Wundheilungsstörungen relevant?

Nashan: Risikofaktoren für Wundheilungsstörungen nach Nierentransplantation in unseren Patientenkollektiven sind identisch mit denen in der Allgemeinchirurgie. So spielt ganz klar das Alter eine Rolle: Je älter der Transplantatempfänger, umso beeinträchtigter ist die Regenerationsfähigkeit des Gewebes. Hinzu kommen immer häufiger Patienten mit Adipositas, welche ebenfalls einen negativen Einfluss auf die Wundheilung hat. Und schließlich spielen Begleiterkrankungen wie Diabetes mellitus und hierdurch bedingte Gefäßerkrankungen eine Rolle bei der Wundheilung.

? Was bestimmt Ihre Wahl der Immunsuppression?

Nashan: Die Art der Immunsuppression wählt man natürlich in erster Linie im Hinblick auf das immunologische Risiko. An zweiter Stelle berücksichtigen wir Komorbiditäten wie Diabetes, Hypertonus oder Hyperlipidämien. So würde man einen Patienten mit Diabetes eher nicht mit niedrig dosierten CNI behandeln. Patienten, die ein hohes CMV-Risiko haben, sollte man beispielsweise nach der aktuellen Datenlage präferenziell eher mit einem mTOR-Inhibitor de novo behandeln, da hier konsistent geringe CMV-Infektionsraten in allen Studien beobachtet wurden.

? Was muss man beim De-novo-Einsatz von Everolimus beachten?

Nashan: Entscheidend sind die Talspiegel, die unter 8 ng/ml gehalten werden sollten. In den Studien wirkte eine Tagesdosis von 1,5 mg bei Talspiegeln unter 8 ng/ml in Kombination mit minimalen initialen Mengen eines CNI am besten.

? Muss bei einer anstehenden elektiven Operation unter Langzeitimmunsuppression mit Everolimus etwas beachtet werden?

Nashan: Wenn man sich innerhalb der genannten Spiegelbereiche bewegt, ist das Risiko nicht höher als bei der Therapie mit IMPDH-Inhibitoren. Es liegt letztlich in der Einzelfallentscheidung, ob man den mTOR-Inhibitor absetzt, reduziert oder nicht verändert. Einzelbeobachtungen zeigen, dass eine kontinuierliche Gabe keinen Einfluss auf das Operationsergebnis hat. Man sollte aber natürlich immer individuell entscheiden, evidenzbasierte Literatur hierzu gibt es derzeit nicht. Im eigenen Kollektiv haben wir von Fall zu Fall entschieden und auch mit Eingriffen unter mTOR-Gabe gute Erfahrungen gemacht.

? Vielen Dank für das Gespräch, Herr Prof. Nashan.

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Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der Novartis Pharma GmbH, Nürnberg.
Das Interview führte die freie Journalistin Friederike Klein, München.


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  • Literatur

  • 1 Albano L, Berthoux F, Moal MC et al. Incidence of delayed graft function and wound healing complications after deceased-donor kidney transplantation is not affected by de novo everolimus. Transplantation 2009; 98: 69-76

  • Literatur

  • 1 Albano L, Berthoux F, Moal MC et al. Incidence of delayed graft function and wound healing complications after deceased-donor kidney transplantation is not affected by de novo everolimus. Transplantation 2009; 98: 69-76

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