Der Klinikarzt 2012; 41(01): 56
DOI: 10.1055/s-0031-1301153
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

10 Jahre Voriconazol – Standardtherapie mit dem breitesten antimykotischen Wirkspektrum

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Publication Date:
01 February 2012 (online)

 
 
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    Die Einführung von Voriconazol sorgte vor 10 Jahren für Aufwind in der antimykotischen Therapie. Das Antimykotikum mit breitem Wirkspektrum und guter Verträglichkeit avancierte rasch zur Standardtherapie bei Aspergillus-Infektionen. Bis heute stellt die Substanz eine Bereicherung in der Therapie dar. Sie hat aber auch für mehr Aufmerksamkeit hinsichtlich der Gefahr von Mykosen gesorgt und für Vertrauen in die antimyktische Therapie. Als ehemaliger Vorsitzender und jetziger Fortbildungsbeauftragter der Deutschsprachigen Mykologischen Gesellschaft sowie Beiratsvorsitzender der Scientia Akademie erläutert Prof. Dr. med. Herbert Hof die Entwicklung und Veränderungen seit 2002.

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    ? Mit der Einführung von Voriconazol 2002 waren für die antimykotische Therapie viele Hoffnungen und Erwartungen verbunden. Wo lagen damals die Herausforderungen?

    Hof: Es gab damals nur 4 antimykotisch wirksame Substanzen – Amphotericin B (AmB), Fluconazol, Itraconazol und die neuen Echinocandine. Fluconazol galt als Standard, weil AmB nicht gut verträglich war. Damals war aber schon klar, dass dieses Azol Grenzen hat, z.B. bei den Sprosspilzen, wo zunehmend Non-albicans-Stämme auftauchten, die deutlich weniger empfindlich gegenüber Fluconazol und teilweise sogar resistent sind. Nach wie vor sind Candida albicans-Stämme zu 98% Fluconazol-empfindlich. C. glabrata, C. krusei und C. rugosa haben an Häufigkeit zugenommen, wobei beobachtet wurde, dass die Fluconazol-Therapie bei diesen Sprosspilzen versagte. Gegen Schimmelpilze wie Aspergillus war das Azol von jeher unwirksam. Aber genau dies war die Herausforderung für Hämato/Onkologen, die trotz erfolgreicher Antitumortherapie Patienten an einer Schimmelpilzinfektion verloren haben. In dieser Situation war Voriconazol das geeignete Antimykotikum, um der Gefahr von Aspergillus-Infektionen mit überzeugender Wirksamkeit entgegentreten zu können. Voriconazol hat 2 große Vorteile: Es wirkt gegen eine Vielzahl von Schimmelpilzen und insbesondere gegen A. fumigatus; dem häufigsten und wichtigsten Schimmelpilz und hat eine gute Wirkung bei Fluconazol-resistenten Non-albicans-Stämmen. Mit diesem Spektrum war Voriconazol, das oral und parenteral verabreicht werden kann, unbestritten ein Durchbruch.

    ? Welche Erwartungen wurden erfüllt?

    Hof: Nun ein Instrument zu haben, das es ermöglicht, lebensbedrohliche Pilzinfektionen wirksam und verträglich zu bekämpfen. Die Heilungsrate bei Mykosen beträgt mittlerweile rund 70 %. Das ist ein deutlicher Fortschritt und noch bessere Ergebnisse wären wünschenswert. Zu bedenken ist dabei aber die Veränderung der Patientenstruktur im Krankenhaus. Es gibt zunehmend alte Menschen und Patienten, die iatrogen immungeschwächt sind. Z. B. Leukämiepatienten, Organ-Transplantierte, Patienten mit Autoimmunkrankheiten, die mit monoklonalen Antikörpern behandelt werden, ebenso wie Rheumapatienten, die aufgrund ihrer Therapie besonders anfällig für Mykosen sind. Eine weitere große Risikogruppe sind COPD-Patienten. Zur Therapie der Lungenaspergillose ist Voriconazol das Mittel der Wahl. Auch für die seltenen Fälle von Schimmelpilzinfektionen im HNO-Bereich mit dramatischen Verläufen, die junge Menschen ohne Grunderkrankung treffen können, ist Voriconazol eine wichtige Therapieoption.

    ? Voriconazol hat sich rasch zum Goldstandard in der Therapie der Aspergillose entwickelt. Was bedeutet dies für betroffene Patienten?

    Hof: Gerade für Patienten mit schweren Grunderkrankungen, die sich aufwendigen Therapiemaßnahmen unterziehen müssen, stellen opportunistische Infektionen eine lebensbedrohliche Gefahr dar. Mit Voriconazol ist diese Bedrohung beherrschbarer geworden und die Überlebenschancen sind deutlich gestiegen.

    ? Gibt es diagnostische Methoden zur Früherkennung von Mykosen? Welche Möglichkeiten bietet die Mikrobiologie?

    Hof: Für die gesamte antimikrobielle Chemotherapie gilt – je früher, desto besser (Hit hard and early!). Mikrobiologisch-kulturell ist eine frühzeitige Diagnostik allerdings nur selten möglich. Zur Frühdiagnostik stehen aber das CT zur Erkennung u. a. des "Halo-Zeichens" bzw. serologische Methoden (v.a. der Galactomannan-Test aus Serum oder BAL) zur Verfügung. Wichtig ist die dadurch unterstützte klinische Diagnose und eine frühzeitige Therapie. Es sollte keinesfalls auf ein klares mikrobiobiologisches Ergebnis gewartet werden und auch nicht auf ein Antimykogramm. Im Verdachtsfall muss immer an eine Pilzinfektion gedacht werden und dann ist sofortiges Handeln nötig. Wenn keine klare Diagnose vorliegt und der schwer kranke Patient ein hohes Risiko trägt, ist das Antimykotikum mit dem breitesten Wirkspektrum die richtige Wahl.

    ? Am 16./17. März 2012 findet zum 18. Mal das von Ihnen geleitete und sehr gefragte Seminar "Systemische Pilzinfektionen" in Berlin statt. Es beinhaltet Themenbereiche wie Biologie, Erkrankung, Diagnostik (mit Praktikum) und Therapie. Haben sich die Fragestellungen vor dem Hintergrund der Entwicklung neuer Antimykotika geändert?

    Hof: Wir vermitteln aktuelles Basiswissen, das sich im Laufe der Jahre natürlich verändert hat. Und es geht um die verschiedenen Antimykotika, deren Wirkweise und Einsatzmöglichkeiten. Ein wichtiger Teil ist auch die Resistenzentwicklung und der entsprechende Umgang damit.

    Herzlichen Dank für das Gespräch!

    Das Interview führte
    Gabriele Henning-Wrobel, Erwitte

    Antimykotische Therapie

    TIPPS – AUF EINEN BLICK

    • Bei Risikopatienten an Mykosen denken

    • Wichtig sind Diagnostik und frühzeitige Therapie

    • Häufige Ursache für Therapieversagen:
      Zu später Therapiebeginn

    10. Workshop CONSILIUM MYCOLOGICUM

    24./25.2.2012. Medizinhistorisches Museum, Berlin
    Thema: "Gezielte Diagnostik – bestmögliche Therapieerfolge – Antimykotikatestung und Therapieleitlinien auf dem Prüfstand."
    Information und Anmeldung: presse@dmykg.de, www.dmykg.de


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