Der Klinikarzt 2012; 41(02): 102
DOI: 10.1055/s-0031-1307013
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Perioperative Hypothermie – Präoperative Erwärmung mindert Hypothermien und postoperative Komplikationen

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Publication Date:
01 March 2012 (online)

 
 

    In deutschen Kliniken erleiden zwischen 40 und 70 % aller operierten Patienten eine Hypothermie. Obwohl das Risiko grundsätzlich für alle anästhesierten Patienten unabhängig von der Dauer des Eingriffes besteht, wird nur bei jedem 5. überhaupt die Temperatur gemessen. Das bemängelte Prof. Matthias Menzel, Wolfsburg, und hob hervor, dass "Shivering" (Kältezittern) aus Patientensicht häufig als belastender empfunden wird als postoperativer Wundschmerz. Darüber hinaus gebe es klinisch relevante Auswirkungen einer Hypothermie, wie erhöhten Blutverlust während der OP, verzögerte Anästhesieerholungszeit und erhöhtes Risiko einer Wundinfektion. Diese Komplikationen ließen sich insbesondere durch präoperative Erwärmung der Patienten deutlich mindern, betonte Menzel.

    Wichtige Risikofaktoren für eine perioperative Hypothermie, die als Absinken der Körperkerntemperatur unter 36 °C definiert ist, sind nach Menzel:

    • Reduzierter Metabolismus

    • Niedrige präoperative Körpertemperatur

    • Ausmaß des operativen Eingriffes

    • Postoperativer Krankheitsschweregrad

    • Intraoperativer Flüssigkeitsumsatz

    • Exposition in kalte Umgebung und vor allem

    • Anwendung von Anästhetika.

    Die Anästhesie greift grundlegend in die physiologische Thermoregulation ein, erklärt Menzel. Während der menschliche Körper unter normalen Bedingungen sehr empfindlich auf Temperaturschwankungen reagiert und mit Vasokonstriktion oder Vasodilatation sowie Zittern und Schwitzen einen Grenzwert von lediglich 0,2 °C als Abweichung von der Normtemperatur 37 °C zulässt, steigt die Toleranz unter Narkose um das 20fache auf 4,0 °C an. Das bedeutet, dass die körpereigene Temperaturregulation erst oberhalb von 38 und unterhalb von 34 °C einsetzt. Da die Anästhesie zugleich aber auch Vasodilatation verursacht, fließt in der Zwischenzeit vermehrt warmes Blut vom Körperkern in die kältere Peripherie. Das dort abgekühlte Blut fließt wiederum zum Körperkern zurück und führt dort zu einem Temperatursturz von 1,0 bis 1,5 °C. Dieses als "Redistribution" bekannte Phänomen findet bereits in der frühen Phase der Narkose statt, weshalb eine Hypothermie häufig schon nach einer Stunde festgestellt werden kann. "Erst ab 34 °C wacht der Hypothalamus wieder auf und steuert gegen", erläuterte der Anästhesist. Die Vasokonstriktion kommt seinen Ausführungen zufolge dann aber zu spät und erschwert zudem die Bemühungen, von außen Wärme an den abgekühlten Körper zuzuführen. Während intraoperative Wärmetherapien aus diesem Grund keine zufriedenstellenden Ergebnisse bringen konnten, plädierte Menzel für eine aktive präoperative Erwärmung in Kombination mit intraoperativer Hauterwärmung. Hierzu hielt er insbesondere Wärmedecken wie Bair Hugger™ aufgrund ihrer spezifischen Luftströmung für geeignet.

    Martin Wiehl, Königstein-Falkenstein

    Quelle: "Auf Hypothermien verzichten! Perioperative Patientenerwärmung bei chirurgischen Eingriffen" am 28. November 2011 in Frankfurt am Main. Veranstalter: 3M Deutschland


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