Klinische Neurophysiologie 2012; 43(04): 258
DOI: 10.1055/s-0032-1304657
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Humor in der Psychiatrie und Psychotherapie; Neurobiologie, Methoden, Praxis

Contributor(s):
Zedler Markus
1   Hannover
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Publication Date:
20 December 2012 (online)

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[1] Wie im Geleitwort des Psychiaters und Psychoanalytikers Otto Kernberg bereits auf den Punkt gebracht, bietet dieses Buch dem Leser „eine selbstreflexive Befreiung, […] die Konventionen unserer sozialen und kulturellen Welt infrage zu stellen und den Gefahren und Befürchtungen der Kindheit und Erwachsenenrealität entgegenzutreten“. Die Berührungsängste mit diesem Buch lohnt es sich zu überwinden. Ja, es ist ein wirklich witziges Buch, aber: Hier wird kein artifizieller ­Frohsinn trainiert, keine positivistischen Floskeln eines Verkaufstrainings. Die Ernsthaftigkeit der psychischen Erkrankungen wird hier nicht infrage gestellt. So wie in Umberto Ecos Roman „Der Name der Rose“ William von Baskerville dem Humorfeind und mysteriösen alten verbitterten Seher Jorge von Burgos mit einem Zitat von Hildebert von Lavardin entgegnet: Admittenda tibi joca sunt post seria quaedam, sed tamen et dignis ipsa gerenda modis. Lachen ist kein Zeichen von Dummheit. Humor wird nicht mit Beliebigkeit oder Unbekümmertheit verwechselt. Der Leser findet die Legitimation des Komischen in der therapeutischen Beziehungsgestaltung. Er kann sich über neurobiologische Hintergründe seines und des Pa­tienten guten Gefühls im Lachen überzeugen und sich mit In­spiration, Witz und Handwerkszeug versorgen in 19 angewandten Kapiteln namhafter Autoren überwiegend aus dem deutschsprachigen Bereich, die übrigens auf den Portraits im Autorenverzeichnis fast ausnahmslos freundlich lachen.

Humor ist ansteckend, erläutern Gerhard und Stefan Buchkremer im Kapitel „Humor in der Verhaltenstherapie“, zitieren Groucho Marx: „A clown is like aspirin, only he works twice as fast“. Im Kapitel „Das Glück des Stolperns“ greift Christel Ruckgaber das Thema auf und schreibt über professionelle Clowns und Humor in Kinderkliniken und Pflegeheimen. Dieses Buch ist keine publizistische Affekthascherei. 21 Autoren führen in die jeweilige Anwendung von Humor in den vielschichtigsten therapeutischen Arbeitsbereichen ein und vermitteln dem Anwender neben der neuen Freiheit in der therapeutischen Beziehung auch hilfreiche Hinweise zu Indikation, Wirkungsweise, Nebenwirkungen und Kontraindikationen, wohingegen für die Erforschung der Wechselwirkungen des Humors mit den fest etablierten Verfahren noch hinreichend Fragen an die Psychotherapieforschung offen bleiben.