Dtsch Med Wochenschr 2012; 137(25/26): 1343-1348
DOI: 10.1055/s-0032-1305045
Originalarbeit | Original article
Allgemeinmedizin
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Versorgung von Menschen am Lebensende

Erfahrungen und Erwartungen von hinterbliebenen AngehörigenEnd-of-life care: experiences and expectations of bereaved relatives
J. Bleidorn
2   Institut für Allgemeinmedizin, Medizinische Hochschule Hannover
,
H. Pahlow
1   Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Medizinische Hochschule Hannover
,
K. Klindtworth
1   Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Medizinische Hochschule Hannover
,
N. Schneider
1   Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Medizinische Hochschule Hannover
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Publication History

12 September 2011

26 January 2012

Publication Date:
12 June 2012 (online)

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Zusammenfassung

Hintergrund und Fragestellung: In der Versorgung von Menschen am Lebensende spielen die Angehörigen der Betroffenen eine entscheidende Rolle. Ziel dieser Studie war es, die unmittelbaren Erfahrungen von Angehörigen verstorbener Patienten mit der stattgefundenen Versorgung in den letzten Lebenstagen und -wochen zu explorieren und Implikationen für patienten- und angehörigennahe Verbesserungsansätze herauszuarbeiten.

Patienten und Methodik: Es wurden 19 leitfadengestützte qualitative Interviews mit hinterbliebenen Angehörigen durchgeführt. Der Interviewleitfaden adressierte v. a. die Inanspruchnahme von und die Zufriedenheit mit Versorgungsangeboten sowie die Themenbereiche Kommunikation und Information. Die Interviews wurden vollständig transkribiert und qualitativ-inhaltsanalytisch ausgewertet.

Ergebnisse: Aus dem Interviewmaterial wurden drei Hauptkategorien mit mehreren Unterkategorien generiert: (1) Erleben der Versorgungssituation, z. B. gute und schlechte Erfahrungen mit Kommunikation und Information; (2) Erwartungen und Wünsche, z. B. nach Optimierung des Übergangs von der stationären zur ambulanten Versorgung; (3) der Angehörige und der Sterbende, z. B. Einstellungen zu Tod und Sterben sowie persönliche Grenzen und Ressourcen. Insgesamt bestehen aus Sicht von hinterbliebenen Angehörigen Defizite hinsichtlich der Versorgungskoordination und der Kommunikationskultur.

Folgerungen: Verbesserte Koordination der Versorgung vor allem an der Schnittstelle ambulant-stationär, vorausschauende Versorgungsplanung und eine stärkere Akzentuierung „sprechender Medizin“ können dazu beitragen, die Versorgung schwerstkranker und sterbender Menschen und ihrer Angehörigen zu optimieren.

Abstract

Background and aim: Within end-of-life care concepts, relatives of patients suffering from incurable illness are an important target group. This study aims to explore the experiences of relatives of deceased patients regarding health care delivery within the last days and weeks of life, and to work out implications for patient and relatives oriented improvement strategies.

Patients and methods: We conducted 19 qualitative interviews with bereaved relatives addressing the patient’s use of health care services and satisfaction with the services, as well as communication and information. Interviews were transcribed verbatim and analyzed using qualitative content analysis.

Results: Three main categories were developed: (1) present health care delivery, e. g. positive and negative experiences concerning communication and information; (2) expectations and wishes, e. g. better support and coordination concerning discharge from hospital; (3) the relative and the dying patient, e. g. attitudes towards death and dying as well as individual limitations and resources. Overall, from the perspective of the bereaved relatives there are deficits concerning coordination of health care delivery and communication.

Conclusion: Improving coordination of health care in particular with regard to the interfaces of outpatient and inpatient care, advanced care planning and strengthening “talking medicine” may contribute to optimize health care delivery for severely ill and dying patients and their relatives.