Zusammenfassung
„Je länger, desto besser…“ entspricht einem verbreiteten Vorurteil, dass Psychoanalytiker
ihren Patienten vor allem lange, hochfrequente Psychoanalysen auf der Couch anbieten.
Doch stammt der Slogan nicht von Psychoanalytikern, sondern von Patienten des Consumer
Reports von Seligman (1995). Daher wird zuerst ein Einblick in die Häufigkeiten von
Kurz- und Langzeitbehandlungen in psychoanalytischen Praxen geboten, um daraufhin
einige Argumente zu entwickeln, welche Patientengruppen kaum erfolgreich mit Kurztherapien
zu behandeln sind und daher längere Verfahren braucht. Ein Fallbeispiel einer schwer
traumatisierten Patientin soll die Langzeitfolgen einer nicht rechtzeitig erfolgten
psychotherapeutischen Behandlung illustrieren. Abschließend wird ein Plädoyer für
eine differenzielle Indikation zu Kurz- bzw. Langzeitpsychotherapie sowie für Angebote
verschiedener therapeutischer Richtungen formuliert.
Schlüsselwörter
differenzielle Indikation - psychoanalytische Kurz- und Langzeittherapie - Fokaltherapie
- Krisenintervention
Literatur
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1 In dieser Hinsicht ist das Fallbeispiel typisch. Bekanntlich werden die meisten sexuellen
Übergriffe nicht von Familienmitgliedern (z. B. den Vätern) selbst vollzogen, sondern
von Personen im näheren familiären Umfeld (Onkel, Cousins, Nachbarn). Kommt es zu
einem Inzest mit dem Vater, geschieht dies allerdings meist jahrelang mit zunehmender
Gewalt.
Prof. Dr. Marianne Leuzinger-Bohleber
Direktorin Sigmund-Freud-Institut
c / o Goethe-Universität Frankfurt
Mertonstraße 17
60325 Frankfurt/Main
Email: m.leuzinger-bohleber@sigmund-freud-institut.de