Die Chance, einen Schlaganfall ohne anschließende Behinderungen zu überleben, ist
deutlich höher, wenn an der Klinik bestimmte Behandlungsstandards gelten. Sie steigt,
wenn Ärzte Begleitsymptome wie hohen Blutzucker, Fieber und Schluckstörungen bereits
früh behandeln. Die konsequente Behandlung dieser 3 Symptome ist neben der Thrombolyse
von entscheidender Bedeutung für den anschließenden Grad der Behinderung, erklären
die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) und die Deutsche Gesellschaft für Neurologie
(DGN) anlässlich einer neuen Studie aus Australien.
Im Zentrum der akuten Schlaganfallbehandlung steht die Thrombolyse. "Je früher diese
Therapie verabreicht wird, desto höher ist der Nutzen", erläutert Prof. Matthias Endres,
1. Vorsitzender der DSG. "Bei vielen Schlaganfallpatienten kann dadurch das Ausmaß
der Behinderungen nachweislich verringert werden", so Endres. Die Therapie auf den
Stroke Units darf sich aber nicht allein auf die Thrombolyse beschränken. Ebenso wichtig
ist die Behandlung von Komplikationen des Schlaganfalls. Dazu gehören laut Endres
u. a. ein Anstieg der Körpertemperatur, hohe Blutzuckerwerte und Schluckstörungen.
Eine Studie von Schlaganfallexperten in Australien [Lancet 2011; 378: 1699–1706] hat
gezeigt, dass die konsequente Behandlung dieser 3 Symptome die Behandlungsergebnisse
deutlich verbessert. Die Forscher verglichen 2 Gruppen von Stroke Units. In einer
Gruppe erhielt das Behandlungsteam eine spezielle Schulung. Dabei wurde angewiesen,
bei allen Schlaganfallpatienten alle 4 Stunden die Körpertemperatur zu messen und
Fieber konsequent mit Paracetamol zu behandeln und den Blutzucker zu senken. Das Pflegepersonal
lernte außerdem, Schluckstörungen bei ihren Patienten frühzeitig zu erkennen. Das
Behandlungsteam in der Vergleichsgruppe blieb ungeschult. Dort kam es bei 58 % der
Schlaganfallpatienten zu schweren Behinderungen oder zum Tod. In den Kliniken, in
denen die Behandlungsstandards eingehalten worden waren, sank diese Rate auf 42 %.
Bei den Überlebenden verbesserte sich die Lebensqualität deutlich. "Neben dem Effekt,
dass die Sterberate etwas gesenkt werden konnte, zeigt diese Arbeit die große Bedeutung
der Symptombehandlung und ihrer Standardisierung", sagt Prof. Wolfgang H. Oertel,
1. Vorsitzender der DGN.
"Die Studie verdeutlicht, wie wichtig die Umsetzung aller Standards ist, die auch
in Deutschland in den Leitlinien gefordert werden", sagt DSG-Vorstandsmitglied Prof.
Martin Grond. "Die Behandlung von Schlaganfall-Patienten darf sich nicht auf eine
Thrombolyse beschränken. Ärzte und Pflegepersonal müssen schon sehr früh auch begleitende
Symptome der Patienten beachten." Die Schulung des Personals ist eine sinnvolle Investition.
Auf den zertifizierten Stroke Units in Deutschland ist dies bereits gängige Praxis.
Pressemitteilung Deutsche Gesellschaft für Neurologie, 7.2.2012