Hintergrund In vielen Studien wurde eine Assoziation der obstruktiven Schlafapnoe (OSA) mit einer
erhöhten Prävalenz des metabolischen Syndroms (MetS) nachgewiesen. Beim MetS handelt
es sich um ein Cluster von kardiovaskulären Risikofaktoren wie abdomineller Adipositas,
Hypertonie, Dyslipidämie und Insulinresistenz. In kleineren Untersuchungen konnte
gezeigt werden, dass sich eine effektive Behandlung der schlafbezogenen Atmungsstörungen
positiv auf die verschiedenen Komponenten auswirkt.
Methodik In der vorliegenden Studie wurden 86 Patienten randomisiert, crossover über 3 Monate
mit positiver Überdruckatmung (CPAP: Continuous Positive Airway Pressure) und nach
einem Auslassversuch von einem Monat mit Sham-CPAP (Schein-CPAP) behandelt. Die Patienten
litten mit einem Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) von im Durchschnitt 47,9 +/- 19,6 an einer
mittel- bis schwergradigen Schlafapnoe. Die Tagesschläfrigkeit lag nach der Epworth-Schläfrigkeit-Skala
bei über 14. Obesitas wurde diagnostiziert, wenn der Taillenumfang bei Männern > 90
cm, bei Frauen > 80 cm war oder der Body-Mass-Index (BMI) über 30 lag. Weiterhin wurden
der Nüchternblutzucker, HbA1, Triglyzeride, High Density Lipoprotein (HDL), Low Density
Lipoprotein (LDL) und die Insulinresistenz nach dem Homöostasemodell bestimmt. Gemäß
der Kriterien für ein MetS wurde anhand des Adult-Treatment-Panel-III ein Symptom-Score
errechnet. Lag dieser über 3,0 wurde von einem MetS ausgegangen. Schließlich wurde
mittels Ultraschallmessung die Intima-Media-Dicke der Aorta carotis (CIMT) als weiterer
Parameter zur Beurteilung der Reversibilität der endothelialen Schädigung im Rahmen
der OSA und des MetS bestimmt.
Ergebnisse Der Symptom-Score des MetS fiel von 3,27 +/- 0,93 auf 2,94 +/- 0,89. In der Kontrollgruppe
kam es mit 3,34 +/- 0,97 auf 3,21 +/- 0,88 zu keiner statistisch signifikanten Veränderung.
In der Behandlungsgruppen verschwand das MetS bei 11 von 86 Patienten (13 %), in der
Kontrollgruppe nur bei einem Patienten. Im Vergleich zur Kontrollgruppe fiel der BMI
um 0,29. Das subkutane Fettgewebe wurde unter CPAP um 0,89 cm² reduziert, ebenso das
viszerale Fett um 1,06 cm². Die Triglyzeride und das Gesamtcholesterin sanken um 18,65
bzw. 13,26 mg %. Der systolische Blutdruck fiel gegenüber der Kontrolle um 3,86 mm
Hg, der diastolische Blutdruck um 2,49 mm Hg ab. Erwartungsgemäß verbesserte sich
der Score für Tagesschläfrigkeit gegenüber der Kontrollgruppe um 4,7. Die CIMT wurde
durch die Therapie nur tendenziell reduziert, die Differenz zur Kontrolle war aber
bei Patienten mit höherer Compliance deutlich.
Sharma SK, Agrawal S, Damodaran D et al. CPAP for the metabolic syndrome in patients
with obstructive sleep apnea. N Engl J Med 2011; 365: 2277–2286.
Kommentar
In den letzten Jahren konnte überzeugend nachgewiesen werden, dass die Lebenserwartung
bei Patienten mit OSA deutlich reduziert ist. Als Todesursache wurde ein erhöhtes
kardiovaskuläres Risiko identifiziert. Mehrere Studien zeigten, dass durch CPAP die
Lebenserwartung verbessert wird. Die meisten OSA-Patienten sind übergewichtig, sodass
unklar ist, ob auch die Obesitas allein das MetS auslöst. Es stellte sich deshalb
die Frage, ob OSA einen von der Obesitas unabhängigen zusätzlichen Faktor bei der
Genese des kardiovaskulären Risikos darstellt. Neuere Studien weisen darauf hin, dass
bei zusätzlichem Bestehen von OSA das kardiovaskuläre Risiko weiter erhöht wird. OSA
erhöhte die korrigierte odds ratio für ein MetS bei Patienten mit erheblichem Übergewicht
auf rund das 3-fache [1]. Eine CPAP-Indikation wird v. a. dann gestellt, wenn eine
erhebliche Tagesschläfrigkeit vorliegt. Aufgrund der epidemiologische Daten, die eine
Verbesserung der Lebenserwartung beweisen, wird allerdings bei einem höheren AHI unabhängig
von der Symptomatik eine CPAP BehandTherapie empfohlen. Verschiedene Studien zu dieser
Problematik wurden in den letzten Jahren durchgeführt. Eine randomisiert Crossover-Studie
bei 34 OSA-Patienten und einer Therapie mit CPAP über 6 Wochen fand zwar eine Reduktion
des arteriellen Blutdrucks, aber keine Veränderung der Anzahl von Patienten mit MetS
[2] Eine neuere Untersuchung [3] verglich den Effekt von 8 Wochen CPAP bei Patienten
mit guter und schlechter Compliance. In der Gruppe mit ausreichender Adhärenz (> 5
Stunden pro Nacht) fiel das mit einem Score bestimmte kardiovaskuläre Risiko von 18,8
auf 13,9 %. Eine andere Studie fand unter CPAP nach 6 Monaten Therapie eine Reduktion
des Prozentsatzes von Patienten mit MetS von 63,5 auf 47,3 %. [4].
Die Studie von Sharma et al. zeichnet sich v. a. dadurch aus, dass alle zur Beurteilung
des metabolischen Syndroms entscheidenden Parameter bestimmt und die Effekte von CPAP
randomisiert, crossover mit Sham-CPAP überprüft wurden. Im Gegensatz zu den früheren
Studien wurde auch auf eine ausreichend lange CPAP-Behandlungsphase von 3 Monaten
geachtet. Die Adipositas wurde nicht nur mittels BMI sowie Hüft- und Taillenumfang
charakterisiert, sondern auch durch eine CT-Untersuchung des abdominellen Fettgewebes,
sodass viszerales und subkutanes Fett vor und nach der Therapie beurteilt werden konnten.
Die CPAP-Therapie führte bei dieser Gruppe mit mittel-bis schwergradigem OSA zu einer
Reduktion des systolischen und diastolischen Blutdrucks, des Lipidspiegels, von HbA1c
sowie des BMI und damit zu einer besseren Blutdruckkontrolle und einer Verbesserung
der metabolischen Störungen. Die hier vorgestellte Arbeit stellt insofern einen Meilenstein
dar, als aufgrund der neuen Erkenntnisse die positive Überdruckatmung (CPAP) auch
zur Behandlung des OSA mit assoziiertem MetS empfohlen werden kann.
Prof. K.-H. Rühle, Dr. G. Nilius, Hagen
Literatur beim Autor