Epidemiologie
Das Basalzellkarzinom (BZK) ist der häufigste Hautkrebs und die häufigste Krebsart
des Menschen überhaupt, seine Inzidenz beträgt in Deutschland ca. 170 Fälle pro 100 000
Einwohner im Jahr [1]
[2] und steigt weltweit kontinuierlich an [3], Australien weist die weltweit höchste Inzidenz auf mit ca. 1350 neuen BZK pro 100 000
Einwohner im Jahr [4]. Die Erfassung der BZK-Fälle in den klinischen und epidemiologischen Krebsregistern
erfolgt in Deutschland, wie auch international, nicht systematisch [5].
Das Durchschnittsalter bei Erstdiagnose beträgt etwa 60 Jahre, wobei das Risiko ab
etwa dem 40. Lebensjahr deutlich, parallel mit dem Lebensalter, ansteigt. Männer und
Frauen sind gleich häufig betroffen [6].
Ätiologie und Risikofaktoren
Ätiologie und Risikofaktoren
In aller Regel entstehen BZK de novo auf unveränderter Haut ohne klinisch sichtbare
Vorläuferläsionen, in seltenen Fällen aber auch auf Grundlage einer Narbe oder eines
Naevus sebaceus [6]. Das BZK verdankt seinen Namen der früheren Annahme der Basalzelle der Epidermis
als Ursprungszelle für das Tumorwachstum. Inzwischen werden epidermale Stammzellen
aus der oberen äußeren Haarwurzelscheide als Ursprungszelle angenommen, dies erklärt
auch, warum das BZK nicht an unbehaarten Stellen, wie z. B. palmoplantar, vorkommt
[7]
[8].
Bei der Ätiologie des BZK handelt es sich um ein multifaktorielles Geschehen mit genetischen,
phänotypischen und Umwelt-Einflüssen:
UV-Strahlung ist der wesentlichste extrinsische Faktor [9], wobei eine intermittierende Sonnenexposition (z. B. bei Sport oder im Urlaub) und
eine frühe UV-Strahlenbelastung mit Sonnenbränden in der Kindheit und Jugend eine
wesentlichere Rolle spielen als die dauerhafte gleichmäßige Sonnenexposition (z. B.
beruflich) oder die kumulative UV-Gesamtdosis [10]
[11].
Weitere Risikofaktoren sind die Nutzung von Sonnenbänken, Phototherapie, Strahlentherapie,
Arsen-Exposition [12] und die Einnahme von Immunsuppressiva, z. B. nach Organtransplantation, wobei das
relative Risiko mit der Dauer der Einnahme bis zu 10- bis 100-fach ansteigt [13]. Menschen mit geringer Hautpigmentierung (Hauttypen I und II nach Fitzpatrick) sind
ebenfalls häufiger von BZK betroffen [13].
Beim autosomal-dominant vererbten Gorlin-Goltz-Syndrom (Basalzellnävussyndrom, siehe
[Abb. 1]), welches bereits im jungen Lebensalter mit multiplen BZK einhergeht, konnte eine
Mutation im Patched-Gen (PTCH) nachgewiesen werden, welches auf Chromosom 9q22 lokalisiert
ist [14]
[15]. Patched wirkt unter Einfluss des Liganden Hedgehog als Bremse im Hedgehog-Signaltransduktionsweg und damit als Tumorsuppressor. Inaktivierende
Mutationen von Patched führen über die fehlende Inhibierung von Smoothened und weitere Zwischenschritte zur Aktivierung von Transskriptionsfaktoren, zur Zellzyklusprogression
und Zellproliferation und damit in der Folge zur BZK-Entstehung (vgl. [Abb. 2]). Nicht nur beim Gorlin-Goltz-Syndrom, sondern auch beim sporadischen BZK liegen
in den allermeisten Fällen inaktivierende Mutationen von Patched, in seltenen Fällen auch aktivierende Mutationen von Smoothened vor, diese Mutationen sind überwiegend sonnenlichtassoziiert als sog. UV-Signaturmutationen
[16].
Abb. 1 Pat. mit Gorlin-Goltz-Syndrom, Z. n. Exenteratio orbitae rechts, aktuell großes solid-knotiges
BZK der Glabella, multiple weitere kleine BZK.
Abb. 2 Hedgehog-Pathway. Der membranständige Rezeptor Patched (PTCH) fungiert physiologisch
als Tumorsuppressor, indem er das ebenfalls membranständige Protein Smoothened (SMO)
hemmt. Durch Bindung des extrazellulären Hedgehog-Proteins (HH) an PTCH wird diese
Hemmung aufgehoben. SMO aktiviert über weitere Zwischenschritte Transskriptionsfaktoren
der GLI-Familie (glioma-associated oncogene), welche im Zellkern zur Expression verschiedener
Zielgene und zur Zellproliferation führen. Mutationen von PTCH oder SMO (wie beim
sporadischen BZK) oder Verlust von PTCH (wie beim Gorlin-Goltz-Syndrom) führen zur
ungebremsten Aktivierung von SMO mit der Folge einer dauerhaften Zellproliferation
und Tumorentstehung. Hedgehog-Inhibitoren blockieren den pathologisch überaktivierten
Signalweg an verschiedenen Stellen, insbesondere Antagonisten von SMO befinden sich
in der klinischen Entwicklung, allen voran Vismodegib (GDC-0449). (Grafik: Kirsten
Bochmann)
Hintergrund: Ursprünglich wurde das Hedgehog-Gen 1980 von Nüsslein-Volhard und Wieschaus in der
Fruchtfliege (Drosophila melanogaster) identifiziert und als eines der wesentlichen
Gene für die Embryonalentwicklung beschrieben [17]. Für ihre Entdeckung bekamen die Forscher 1995 den Nobelpreis für Medizin. Mutationen
im Hedgehog-Gen führen bei Drosophila melanogaster zu einem „igelartigen“ Erscheinungsbild
der Fliegenlarven, so entstand die Bezeichnung „Hedgehog“ (engl. für Igel).
Mutationen im Tumorsuppressorgen p53, die über Apoptoseresistenz das BZK-Wachstum
begünstigen können, liegen in etwa der Hälfte der Fälle vor [18], insbesondere auch beim pigmentierten BZK [14]
[19]. Sie sind zu 72 % UV-assoziiert [16].
Verschiedene weitere genetische Veränderungen können mit dem Auftreten von BZK assoziiert
sein, u. a. Polymorphismen von Cytochrom P 450 (CYP2D6) und der Glutathion-S-Transferase
(GSTM1 u. a.) [20]. Neben dem Gorlin-Goltz-Syndrom führen andere genetische Störungen wie das Xeroderma
pigmentosum oder Albinismus ebenfalls zur Entstehung von BZK [6]. Risikofaktoren für eine (äußerst seltene) Metastasierung sind jahrelanges Wachstum,
perineurale und perivaskuläre Infiltration, Größe über 10 cm² sowie sklerodermiforme
und metatypische Subtypen [21].
Diagnostik
In der Regel wird die Diagnose des BZK klinisch gestellt, evtl. mit Hilfe der Dermatoskopie,
im Zweifelsfall histologisch durch Biopsie.
Eine weitere elegante, relativ neue Möglichkeit der In-vivo-Diagnostik bietet die
konfokale Laserscanmikroskopie, die bislang keinen Eingang in die diagnostische Routine
gefunden hat. In der aktuellen Leitlinie zur konfokalen Lasermikroskopie in der Dermatologie
[22] werden für BZK fünf charakteristische Veränderungen genannt, nämlich elongierte,
monomorphe Zellkerne, Polarisierung dieser Zellen entlang einer Achse, ausgeprägtes
Entzündungsinfiltrat, vermehrte sowie dilatierte Gefäße und Verlust der epidermalen
Honigwabenstruktur. Von Nori et al. [23] wird bei Vorhandensein von zwei oder mehr dieser fünf Kriterien eine Sensitivität
von 100 % angegeben, bei Vorliegen von mindestens vier der Kriterien eine Spezifität
von 95,7 % und eine Sensitivität von 82,9 % mit geringer Variabilität zwischen den
unterschiedlichen BZK-Subtypen. „Zudem können meist in der Dermis Inseln von Tumorzellen
mit peripherer Palisadenstellung identifiziert werden, die sich von der Dermis durch
einen dunklen Spalt abgrenzen. Diese optische Spaltbildung entspricht histologisch
der Ansammlung von Muzin [22].“
Diverse klinische Erscheinungsformen sind bekannt, insbesondere der solidknotige (vgl.
[Abb. 3 a, b]), der superfizielle ([Abb. 4 a, b]) und der sklerodermiforme Typ. 80 % der sporadischen BZK entstehen in sonnenexponierten
Arealen wie Kopf und Nacken [24]. Das superfizielle BZK wird mit intermittierender UV-Belastung an üblicherweise
nicht lichtexponierter Haut assoziiert und kommt überwiegend am Stamm vor [10], worauf der synonyme Begriff „Rumpfhautbasaliom“ hinweist. Das pigmentierte BZK
kann klinisch schwierig vom Melanom zu unterscheiden sein.
Abb. 3 a Solidknotiges BZK an der Stirn-Haar-Grenze links. b Solidknotiges BZK rechtes Unterlid/Wange mit beginnendem Ektropium.
Abb. 4 a Superfizielles BZK („Rumpfhautbasaliom“) links supraklavikulär. b Großes superfizielles BZK rechter Oberbauch, zentral solidknotig.
Erstmals von Jacob 1824 beschrieben [25], handelt es sich beim BZK um einen langsam wachsenden, semimalignen Tumor, der lokal
destruierend fortschreitet, aber äußerst selten metastasiert [26]. Insbesondere das knotige BZK ulzeriert bei fortschreitendem Wachstum und tritt
dann als Ulcus rodens in Erscheinung, bei weiterem Wachstum können in Form eines sog.
Ulcus terebrans auch knorpelige oder knöcherne Strukturen wie z. B. Nase, Ohr oder
Schädelknochen zerstört werden ([Abb. 5]).
Abb. 5 Pat. mit fortgeschrittenem BZK; Z. n. Exenteratio orbitae links; klinisch sklerodermiforme
und solidknotige Tumoranteile; histologisch auch metatypische Tumoranteile
Therapie
Operative Therapie
Die chirurgische Entfernung des BZK ist in den meisten Fällen die Therapie der Wahl,
insbesondere bei umschriebenen und knotigen Subtypen. Bei ausgedehnten oder Rezidiv-Tumoren,
bei schwierigen Lokalisationen mit geringen Hautreserven sowie bei sklerodermiformen
Subtypen empfiehlt sich ein zweizeitiges Vorgehen mit histologischer Schnittrandkontrolle
vor dem operativen Verschluss. Nach dem Motto „so viel wie nötig, so wenig wie möglich
schneiden“ kann so der Anspruch an ein kosmetisch ansprechendes Ergebnis als auch
an die Sicherheit der vollständigen Tumorentfernung erfüllt werden.
Der in Europa übliche histologische Standard ist die Aufarbeitung des Exzisates durch
parallele Serienschnitte. Dies ist in der Regel ausreichend für umschriebene knotige
BZK, eine Exzision mit 3 mm Resektionsabstand zum klinisch sichtbaren Tumor ist in
der Regel kurativ. Allerdings können bei dieser Technik kleine Tumorausläufer zwischen
den Schnittebenen übersehen werden, was zu fälschlichen histologischen In-sano-Befunden
führt und die Gefahr von Rezidiven in sich birgt. In einer prospektiv randomisierten
Studie [27] zum Vergleich zwischen konventioneller und mikrografischer Chirurgie (nach Mohs,
s. u.) von BZK im Gesicht wurden für die konventionelle Chirurgie 18 % inkomplette
Primärexzisionen berichtet, sodass Nachexzisionen notwendig waren. Dabei waren aggressive
histologische Tumorsubtypen signifikant häufiger betroffen. Die Gesamtrezidivrate
betrug 4,1 % nach fünfjähriger Nachsorge.
Mikrografische Chirurgie
Die von Mohs im Jahr 1941 publizierte [28] und nach ihm benannte klassische Mohs Surgery beschreibt die Exzision des Tumors
nach Gewebefixierung in situ (durch Zinkchlorid-Ätzung) mit anschließender Aufarbeitung
in horizontalen Schichten derart, dass alle Tumorränder noch intraoperativ kontrolliert
werden und ggf. Nachexzisionen an den erforderlichen Stellen erfolgen können. Daran
schloss sich in der Regel eine sekundäre Wundheilung an. Heutzutage wird unter dem
Begriff der Mohs Chirurgie dagegen die Beurteilung des Kryostat-Gewebes ohne vorherige
schmerzhafte In-situ-Fixierung verstanden, für die Beurteilung von Paraffin-Schnitten
wurde der Begriff „slow-Mohs“ geprägt. In Europa wird überwiegend die histografisch
kontrollierte Chirurgie (3D-Histologie) am Paraffinschnitt nach vollständiger Exzision
des Tumors sowie nach Faden- oder Farbmarkierung durchgeführt [29], wobei verschiedene Schnitttechniken zur Anwendung kommen, wie z. B. die „Tübinger
Torte“ oder die sog. „Brotlaibtechnik“, bei der das gesamte Exzisat durch Stufenschnitte
aufgearbeitet wird [30]
[31]
[32].
In der bereits erwähnten Studie von Smeets et al. [27] betrug die Gesamt-Rezidivrate nach 5 Jahren Nachsorge nach Mohs Chirurgie nur 2,1 %,
allerdings war dies im Vergleich zur Standard-Exzision (4,1 %) nicht signifikant.
Auch zeigte sich kein signifikanter Unterschied in der Patientenwahrnehmung des kosmetischen
Ergebnisses. Allerdings war die 5-Jahres-Rezivrate nach Mohs Chirurgie von Rezidivtumoren
des Gesichtes mit 2,4 % signifikant niedriger als die nach Standardexzision (12,1 %).
Bei der Standardexzision von Rezidivtumoren des Gesichtes waren 30 % nicht im Gesunden
entfernt und erforderten eine Nachexzision. Zusammenfassend ergibt sich somit die
Empfehlung, die mikrografisch kontrollierte Chirurgie bei Rezidivtumoren, besonders
aggressiven BZK und in besonderen Lokalisationen anzuwenden.
Strahlentherapie
Die Strahlentherapie von BZK kommt für inoperable Tumoren aufgrund der Ausdehnung
oder der heiklen Lokalisation (z. B. Lidrand) in Betracht, sowohl für primäre als
auch für Rezidivtumoren. Die Strahlentherapie spielt auch neoadjuvant (präoperativ)
oder adjuvant (postoperativ) bei fortgeschrittenen BZK eine Rolle [33]. Sie eignet sich insbesondere auch für ältere oder inoperable Patienten, allerdings
sind in der Regel mehrere Sitzungen notwendig. Die fraktionierte Bestrahlung erbringt
bessere kosmetische Ergebnisse als Einzelbestrahlungen [12]. Dabei kommen Grenzstrahlen (12 kV) eher für oberflächliche Läsionen, Röntgenweichstrahlen
(ab 20 kV) für knotige, evtl. tiefreichende Tumoren in Betracht [34]. Die Strahlentherapie ist kontraindiziert bei BZK auf der Grundlage bereits bestehender
Strahlenschäden der Haut, bei Patienten mit immunsuppressiver Therapie und bei Syndromen
mit der Neigung zu BZK wie Gorlin-Goltz-Syndrom und Xeroderma pigmentosum aufgrund
der Gefahr eines zusätzlichen strahlenbedingten Tumorwachstums sowie bei jungen Patienten
[3]
[33]. Im Vergleich zwischen Strahlen- und operativer Therapie zeigte sich die Strahlentherapie
signifikant unterlegen hinsichtlich der Rezidivrate von 7,3 % vs. 0,7 % nach 4 Jahren
[35] und hinsichtlich des kosmetischen Ergebnisses mit einer Patientenzufriedenheit von
69 % vs. 87 % [36].
Kürettage und Elektrokaustik
Der Tumor wird durch Kürettage abgetragen und der Wundgrund mit dem Kauter verödet.
Die 5-Jahres-Rezidivrate wird mit 6 – 19 % berichtet. Besonders hoch ist die Rezidivrate
im Mittelgesicht [37]. Insbesondere kleinere solide Tumoren erscheinen für diese Technik geeignet.
Kryotherapie
Die Kryochirurgie mit flüssigem Stickstoff oder durch Elektrokryotherapie ist ein
schnelles und preiswertes Verfahren, das sich für einzelne, umschriebene oder oberflächliche
Tumoren eignet. In einer Vergleichsstudie zwischen Kryotherapie mit zwei Gefrier-/Auftau-Zyklen
von je 20/60 Sekunden gegenüber Exzision bei superfiziellen und soliden BZK bis zu
2 cm Größe an Kopf und Hals zeigte sich kein Unterschied in der Rezidivrate nach einem
Jahr, allerdings ein signifikant besseres kosmetisches Ergebnis nach Exzision [38].
Photodynamische Therapie
Die Photodynamische Therapie (PDT) wird zunehmend auch bei BZK eingesetzt, sie wirkt
tumorselektiv und ist für Tumoren bis 2 mm Tiefeninfiltration, auch für ausgedehnte,
flächige Tumoren geeignet. Dabei wird als photosensibilisierende Substanz 5-Aminolävulinsäure
oder deren Methylester auf dem Tumorareal appliziert und nach drei bis vier Stunden
Einwirkzeit eine Bestrahlung mit rotem Licht (570 – 670 nm) durchgeführt. Die Prozedur
wird in der Regel nach einer Woche wiederholt. Für superfizielle BZK konnten Abheilungsraten
von 87 % gezeigt werden, für noduläre BZK von nur 53 %, in einer anderen Studie wurde
durch vorherige Kürettage der nodulären BZK und anschließende PDT jedoch eine Abheilungsrate
von 93 % erreicht [39].
Eine prospektive Multizenter-Studie zeigte eine Heilungsrate fünf Jahre nach Behandlung
nodulärer BZK von 76 % nach PDT vs. 96 % nach operativer Therapie, allerdings war
das kosmetische Ergebnis der PDT deutlich besser (87 vs. 54 %) [40]. Verglichen mit der Kryotherapie zeigte die PDT bei superfiziellen BZK eine ähnliche
Effektivität nach drei Monaten (komplette Abheilung in 97 bzw. 95 %), eine deutliche
kosmetische Überlegenheit (87 vs. 49 % sehr gutes oder gutes Ergebnis) und eine ähnliche
Rezidivrate nach 5 Jahren (22 bzw. 20 %) [41].
Immuntherapie
Nach topischer Anwendung von Imiquimod an fünf Tagen pro Woche für sechs Wochen bei
superfiziellen BZK zeigte sich zwölf Wochen nach Beendigung der Therapie bei 89,6 %
der Patienten klinisch eine Abheilung (10,4 % Rezidiv), nach fünf Jahren waren noch
77,9 % der Patienten klinisch tumorfrei, alle Rezidive der Nachbeobachtungsphase (weitere
11,7 %) traten innerhalb eines Jahres nach Therapieende in Erscheinung [42]. Eine flächige Entzündung jenseits der sichtbaren Tumorgrenzen offenbart subklinische
Präkanzerosen in meist lichtexponierten Arealen im Sinne einer Feldkanzerisierung.
Chemotherapie
Bei multiplen superfiziellen BZK, z. B. beim Gorlin-Goltz-Syndrom, kommt als Therapiealternative
das topisch zu applizierende Zytostatikum 5-Fluorouracil in Betracht. Die induzierte
Zellschädigung und Entzündungsreaktion mit Erosionen und Krusten sind weitgehend tumorselektiv,
können jedoch die Compliance des Patienten beeinträchtigen.
Eine systemische Chemotherapie mit 5-Fluorouracil oder Cisplatin bleibt den seltenen
metastasierten Fällen vorbehalten [6].
Hedgehog-Inhibition
Aufgrund seiner Toxizität ist der als erster entdeckte Hedgehog-Inhibitor, das natürlich
vorkommende Cyclopamin, nicht zur therapeutischen Anwendung geeignet.
Hintergrund: Der bereits beschriebene Hedgehog-Signaltransduktionsweg spielt in der Embryonalentwicklung
von Mensch und Säugetieren eine wichtige Rolle und ist hier noch physiologisch aktiviert.
Eine Hemmung führt zu schweren Missbildungen, z. B. zu Zyklopie mit der Anlage nur
eines Auges in der Mitte der Stirn. Durch Verzehr von Kalifornischem Germer (Veratrum
californicum) durch trächtige Schafe, Rinder oder Pferde kommt es zu diesen Missbildungen,
da die Pflanze einen natürlichen Hedgehog-Inhibitor enthält, das Alkaloid Cyclopamin
[43]
[44].
Andere Hedgehog-Inhibitoren wurden in den letzten Jahren entwickelt, die an verschiedenen
Stellen des Hedgehog-Pathways angreifen. Es handelt sich dabei um eine targeted therapy,
die selektiv im Tumor wirkt, da der Hedgehog-Pathway bei Erwachsenen inaktiviert und
nur im Tumor reaktiviert ist. So wird Smoothened durch GDC-0449 (Vismodegib, Roche) und LDE225 (Erismodegib, Novartis) blockiert.
GDC-0449 konnte in einer Phase-II-Studie eine gute Wirksamkeit und Verträglichkeit
zeigen [45], es brachte bei 43 Prozent der Patienten mit lokal fortgeschrittenem Basalzellkarzinom
und bei 30 Prozent der Patienten mit metastasierendem Basalzellkarzinom die Tumoren
zur Regression bzw. zur Abheilung. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Muskelkrämpfe,
Haarausfall, Geschmacksstörungen, Gewichtsabnahme, Fatigue, Übelkeit, Appetitlosigkeit
und Diarrhoe. Seit September 2011 ist Vismodegib in Deutschland im Rahmen eines Early-Access-Programms
verfügbar [46], im Januar 2012 erfolgte die Zulassung unter dem Handelsnamen Erivedge™ in den USA.
Für LDE225 liegen vielversprechende vorläufige Phase-I-Daten vor [47], aktuell läuft eine Phase-II-Studie, die sog. BOLT-Studie [48]. Weitere in der Entwicklung befindliche Hedgehog-Inhibitoren sind IPI-926 (Infinity/Mundipharma),
XL139/BMS-833923 (Exelixis/Bristol-Myers Squibb), PF-04449913 (Pfizer), LEQ 506 (Novartis)
sowie TAK 441 (Millennium Pharmaceuticals).
Prävention und Nachsorge
Primärprävention (Vermeidung)
Durch regelmäßigen Gebrauch von topischen Sonnenschutzmitteln als Teil eines konsequenten
UV-Schutzes konnte bei organtransplantierten Patienten die Entwicklung von BZK verringert
werden, wenn auch nicht im gleichen Ausmaß wie von aktinischen Keratosen und Plattenepithelkarzinomen
[49]. Bei Immunkompetenten wurde durch Gebrauch von Sonnenschutzmitteln das Risiko der
BZK-Entstehung (Ersttumor) nicht reduziert, das Risiko der Entstehung von Folgetumoren
zwar reduziert, aber nicht signifikant [50]
[51].
Wenngleich Sonnenschutzmittel keinen eindeutigen Effekt auf eine Reduktion von BZK
zeigen konnten, besteht dennoch die Hoffnung, dass ihr frühzeitiger Gebrauch bereits
in der Kindheit eine spätere BZK-Entstehung vermindern könnte. Gerade für Personen
mit intermittierender UV-Belastung ist für die Phasen der Sonnenexposition (Sport,
Urlaub) ein konsequenter Sonnenschutz zu empfehlen. Dieser umfasst neben der Verwendung
von Sonnenschutzmitteln insbesondere auch textilen Lichtschutz bzw. die Meidung der
direkten Sonne.
Eine Alternative zur Verwendung von Sonnenschutzmitteln auf der Haut könnte für Risikogruppen
der „Lichtschutz von innen“ durch α-MSH (Melanozyten-stimulierendes Hormon) darstellen.
Dieses führt zu einer Bräunung der Haut durch Steigerung der Melaninproduktion und
damit zu verstärktem UV-Schutz der Haut. Afamelanotide (SCENESSE®, Clinuvel Pharmaceuticals) befindet sich als synthetisiertes α-MSH derzeit in der
klinischen Erprobung, u. a. im prophylaktischen Ansatz zur Vermeidung der Hautkrebsentstehung
bei Organtransplantierten in einer Phase-II-Studie. Es kann bislang nur subkutan implantiert
werden und wird in der Studie alle 60 Tage erneuert [52].
Systemische Retinoide (Acitretin 0,5 bis 1 mg/kg) haben zwar eine Wirksamkeit gegen
die Entwicklung von BZK bei Patienten mit Gorlin-Goltz-Syndrom und mit Xeroderma pigmentosum
gezeigt, jedoch nicht bei Patienten mit hohem Risiko zur Entwicklung sporadischer
BZK [53]. Auch ist die Anwendung aufgrund der Nebenwirkungen kaum praktikabel [6].
Sekundärprävention (Früherkennung)
Die möglichst frühzeitige Erkennung und Entfernung maligner Hauttumoren ist Ziel und
Inhalt der seit 2008 in der gesetzlichen Krankenversicherung verankerten Hautkrebs-Screening-Untersuchungen.
Wenngleich für das BZK keine klinischen Vorstufen existieren, sichert die frühe Diagnose
eine Entfernung mit geringstmöglichem Aufwand und geringer Rezidivgefahr.
Nachsorge
Neben der Anweisung zur regelmäßigen Selbstuntersuchung sollte eine klinische Nachsorge
in jährlichen Abständen zumindest für drei, besser für fünf Jahre durchgeführt werden,
bei Rezidiv-BZK für bis zu 10 Jahre, bei erhöhtem individuellen Risiko für die Entwicklung
von BZK auch halbjährlich für einen längeren Zeitraum, ggf. lebenslang. Beim Gorlin-Goltz-Syndrom
sind klinische Kontrollen alle drei bis sechs Monate anzustreben, um neue BZK frühestmöglich
zu erkennen und deren Behandlung einzuleiten [2]
[27].
Ausblick
Innerhalb der letzten Jahre haben die Kenntnisse um die molekulare Pathogenese von
BZK so weit zugenommen, dass die Entwicklung einer zielgerichteten Therapie durch
Hedgehog-Inhibitoren möglich wurde. Diese können in Zukunft die bereits gut etablierten
Behandlungsmodalitäten ergänzen, insbesondere bei lokal fortgeschrittenen oder metastasierten
BZK, aber auch bei Patienten bei schwieriger Lokalisation des Tumors oder mit multiplen
Tumoren, mit genetischer Prädisposition zur BZK-Entwicklung sowie bei nicht OP-fähigen
Patienten.
Eine weitere Indikation für Hedgehog-Inhibitoren könnte der neoadjuvante Einsatz sein
zur präoperativen Verkleinerung des Tumors.
Goldstandard der BZK-Therapie ist zunächst weiterhin die operative Entfernung.
Es besteht die Aussicht, dass das Verständnis für den Zusammenhang zwischen dem vorliegenden
Genotyp und dem phänotypischen klinischen Erscheinungsbild des BZK weiter zunehmen
wird und, verbunden mit einem zunehmenden Verständnis über epigenetische Faktoren
und Umwelteinflüsse, weitere zielgerichtete Therapieoptionen ermöglicht.