Einleitung
Die Pityriasis rubra pilaris ist eine seltene, meist chronisch verlaufende Erkrankung
unklarer Ätiologie [6]
[9], welche durch palmoplantare Hyperkeratosen und follikuläre Keratosen gekennzeichnet
ist und sich häufig in Form einer (Sub-)Erythrodermie präsentiert [1]
[13].
Betroffen sind die Streckseiten der Extremitäten, das Capillitium, das Gesicht und
der Rumpf sowie auch Handinnenflächen und Fußsohlen. Die wichtigsten Differenzialdiagnosen
sind die klinisch oft nur sehr schwer abgrenzbaren kutanen Lymphome, Ekzeme und Psoriasis
[2].
Bei der Acanthosis nigricans handelt es sich um eine Hyperpigmentierung und Papillomatose
in den großen Körperfalten. Man unterscheidet dabei grundsätzlich zwischen einer paraneoplastischen
Form („Acanthosis nigricans maligna“), besonders häufig assoziiert mit Adenokarzinomen
des Magens [8] und verschiedenen nicht-paraneoplastischen Formen („Pseudoacanthosis nigricans“).
Kasuistik
Ein 53-jähriger Patient (170 cm, 85 kg) stellte sich mit einer „seit mehr als 12 Jahren
bekannten Psoriasis“ vor, welche bisher äußerlich mit Vitamin-D3-Analoga sowie kurzzeitig
mit UV-Therapie behandelt worden sei. Seit etwa einem Jahr sei es zu einer deutlichen
Verschlechterung gekommen. Die Infektanamnese war leer, Gelenkbeschwerden verneinte
er. Als Vorerkrankungen gab er einen Apoplex im Jahre 2005 an. An Medikamenten nahm
er Bisoprolol, ASS, Valsartan sowie ein Kombinationspräparat aus Simvastatin und Ezetimib
ein.
Es zeigte sich eine Suberythrodermie mit landkartenartigen randbetonten Plaques mit
leichter Schuppung betont an Stamm und Extremitäten mit dazwischen liegenden Arealen
gesunder Haut ([Abb. 1] und [Abb. 2]). Daneben auch mäßig ausgeprägte Kopfschuppung. Darüber hinaus war im Nacken, an
der Halspartie, axillär sowie inguinal mit Perianalbereich eine Vergröberung des Hautreliefs
mit fibrinösen Papeln und schwarzer Hyperpigmentierung zu sehen ([Abb. 3]).
Abb.1 Suberythrodermie mit anulären Herden und Nappes claires bei Pityriasis rubra pilaris.
Abb. 2 Pityriasis rubra pilaris und Akanthosis nigricans.
Abb. 3 Akanthosis nigricans mit Hyperpigmentierung, Lichenifikation und kleinen Papeln.
Das Labor ergab neben leichtgradig erhöhten Leberwerten ein geringfügig erniedrigtes
Kalium, welches daraufhin substituiert wurde. Daneben zeigte sich ein diskret erhöhter
HbA1c von 6,1 %. Das übrige Labor, einschließlich Blutfette, Serumelektrophorese sowie
sämtlicher üblicher Tumormarker war komplett normwertig.
Die bildgebenden Untersuchungen, Röntgen-Thorax, Abdomensonografie sowie Koloskopie
blieben unauffällig/ohne Hinweise auf Malignität.
Wir entnahmen zwei Gewebeproben. Probe 1 ([Abb. 4]), welche am oberen Rücken entnommen wurde, zeigte histopathologisch eine follikuläre
Hyperkeratose, eine ausgeprägte Schulterparakeratose (ohne Munro-Mikroabszesse), im
Bereich des Epithels eine psoriasiforme Akanthose sowie subepithelial entzündliche
Veränderungen mit lympho-histiozytärem Infiltrat.
Abb. 4 Pityriasis rubra pilaris: psoriasiforme Akanthose, follikuläre Hyperkeratose und
„Schulterparakeratosen“.
Probe 2 hingegen ([Abb. 5]), Entnahmestelle axillär, war durch eine mächtige Orthohyperkeratose mit angedeuteten
Pseudohornzysten sowie durch eine gleichmäßige Akanthose mit basaler Hyperpigmentierung
gekennzeichnet, subepithelial kaum Entzündung.
Abb. 5 (Pseudo-)Akanthosis nigricans. Orthohyperkeratose mit kleinen Pseudohornzysten, schmalzapfige
Akanthose, basale Hyperpigmentierung, wenig Entzündung.
Unter der klinischen Verdachtsdiagnose einer Pityriasis rubra pilaris, welche im Verlauf
des stationären Aufenthalts histopathologisch bestätigt wurde, starteten wir bereits
am Aufnahmetag mit der Gabe von Methotrexat 7,5 mg mit tags darauf folgender Folsäuresubstitution
von 5 mg. Danach regelmäßige Gabe von Methotrexat 15 mg immer am Samstag sowie 5 mg
Folsäure immer sonntags. Als Lichttherapie führten wir 4-mal in der Woche eine Bade-PUVA-Therapie
durch. Als Lokaltherapie erhielt der Patient für Rumpf und Extremitäten morgens Betamethason
0,1 % in Kühlsalbe, mittags Chinosol 2 % in Kühlsalbe, abends harnstoffhaltige Kerasal-Basis-Salbe.
Im Bereich von Gesicht, Ohren und Hals morgens und mittags Schwefel-Zink-Paste sowie
abends Ketoconazol-Creme. Für den Kopfbereich schließlich morgens Volon-A-Tinktur
(Triamcinolon) und Celestan-V-Creme (Betamethason), mittags Ketoconazol-Creme, zusätzlich
Lichttherapie mit UV-Kamm.
Darunter kam es zu einer langsam schleppenden, jedoch nachhaltigen Besserung, die
Herde blassten ab. Von einer rein symptomatischen Behandlung der ebenfalls histopathologisch
nachgewiesenen Acanthosis nigricans sahen wir bei fehlendem subjektiven Leidensdruck
des Patienten ab.
Diskussion
Die Pityriasis rubra pilaris ist eine seltene, meist chronisch verlaufende Erkrankung
unklarer Ätiologie [6]
[9], welche durch eine Palmoplantarhyperkeratose und follikuläre Keratosen gekennzeichnet
ist sowie nicht selten mit einer Erythrodermie einhergeht [1]
[13]. Erstmanifestationen treten in jedem Lebensalter [3], insbesondere jedoch in der ersten und fünften Lebensdekade auf [1]
[6]. Betroffen sind, insbesondere in der Initialphase, die Extremitätenstreckseiten
sowie im weiteren Verlauf vor allem das Capillitium, das Gesicht und der Rumpf, jedoch
auch Handinnenflächen und Fußsohlen. Sie ist gekennzeichnet durch ein typisches Reibeisengefühl,
einen orange-roten bis lachsfarbenen Farbton sowie charakteristische Aussparungen
befallener Haut, auch bei großflächigem Befall, den sogenannten „nappes claires“ [1]. Histopathologisch zeigen sich eine kräftige Hyperkeratose mit der charakteristischen
perifollikulären Schulterparakeratose, im Bereich des Epithels eine psoriasiforme
Akanthose sowie in der Dermis ein lympho-histiozytäres Infiltrat. Die wichtigsten
Differenzialdiagnosen sind die Psoriasis, Ekzeme sowie kutane Lymphome, wobei insbesondere
die Unterscheidung zur Psoriasis oft diffizil ist [2]. Die Therapie dieser Erkrankung gestaltet sich grundsätzlich schwierig, mühsam und
langwierig und stellt somit nicht selten eine große Herausforderung dar [1]
[3]
[12]
[13]. Topisch kommen kurzfristig Kortikosteroide, langfristig keratolytische und rehydratisierende
Externa zum Einsatz. Als Lichttherapie wird die PUVA-Therapie angewandt. Als systemische
Optionen stehen systemische Retinoide [1]
[12], Ciclosporin sowie insbesondere bei schweren Verlaufsformen Methotrexat zur Verfügung
[6]. In Einzelfällen wurde auch schon über die sehr erfolgreiche Gabe von Fumaraten
und TNF-alpha-blockierenden Biologika berichtet [2]
[3]
[10]
[12], die uns aber nicht in jedem Fall notwendig erscheinen. Systemische Kortikosteroide
erwiesen sich hingegen als ineffektiv [3]. Kürzlich konnten für die familiäre Variante der PRP Mutationen im Gen für CARD
14 nachgewiesen werden. Dieses Protein ist für die NF-kappa-B vermittelte Regulation
des epidermalen Epithels wichtig und Polymorphismen dieses Gens konnten auch bei Psoriasispatienten
gefunden werden [14].
Bei der Acanthosis nigricans handelt es sich um eine Hyperpigmentierung und Papillomatose
in den großen Körperfalten. Man unterscheidet dabei grundsätzlich zwischen einer paraneoplastischen
Form („Acanthosis nigricans maligna“) und verschiedenen nicht-paraneoplastischen Formen
(„Pseudoacanthosis nigricans“). Die paraneoplastische Form, welche etwa 25 % aller
Fälle ausmacht, zeichnet sich durch ein rasches Auftreten mit starker Ausprägung und
häufig auch dem Befall der Mundschleimhaut aus [4]
[8]. Die mit Abstand häufigsten assoziierten Malignome sind intraabdominelle Tumoren,
davon wiederum am häufigsten Adenokarzinome des Magens [8]. Die nicht-paraneoplastischen Formen beruhen meist auf endokrinologischen Störungen,
vor allem auf Insulin-resistenten Formen des Diabetes mellitus [4]
[11] und, besonders häufig, Bestehen einer Adipositas [4]
[7]
[11]. Sie können aber auch hereditär bedingt oder Medikamenten-induziert [4] sein. Schließlich treten auch idiopathische Varianten auf. Die Aktivierung von epidermalen
Keratinozyten und dermalen Fibroblasten durch Wachstumsfaktoren wird als wichtige
Komponente in der Pathogenese der Erkrankung angesehen [4]. Histopathologisch zeigen sich eine Orthohyperkeratose, teilweise Pseudohornzysten,
die an eine seborrhoische Keratose erinnern, sowie eine Akanthose, basale Hyperpigmentierung
sowie nur geringes entzündliches Infiltrat in der Dermis, wobei die paraneoplastische
und nicht-paraneoplastische Form keine histologischen Unterschiede aufweisen. Besonders
wichtig bei diesem dermatologischen Erscheinungsbild ist eine genaue Ursachenabklärung,
insbesondere müssen Malignome konsequent ausgeschlossen werden. Die Therapie besteht
primär aus der Beseitigung einer möglichen Ursache. Daneben stehen rein symptomatische
Maßnahmen wie konsequente Hygiene der Intertrigines, austrocknende und keratolytische
Externa sowie in schweren Fällen ggf. systemische Retinoide sowie operative Optionen
[5] zur Verfügung.
Bei unserem Patienten wurde initial die Diagnose „Psoriasis“ gestellt, was bei der
Pityriasis rubra pilaris nicht selten vorkommt [12]; entsprechend wurde er jahrelang auf eine Psoriasis behandelt. Unter dem schweren
Krankheitsbild, das der Patient bei Aufnahme präsentierte, starteten wir neben einer
Bade-PUVA-Therapie auch eine systemische Methotrexattherapie, welche ihre volle Wirksamkeit
oft erst nach Monaten entfaltet. Dementsprechend empfahlen wir die konsequente langfristige
Fortführung beider Therapien im ambulanten Bereich. Die Acanthosis nigricans war dem
Patienten bis zum Aufnahmezeitpunkt nicht auffällig. Diesbezüglich war uns neben der
histopathologischen Diagnosesicherung vor allem eine gründliche Tumorsuche zum Ausschluss
einer paraneoplastischen Form wichtig. Dabei traten weder laborchemisch noch bildmorphologisch
Malignom-verdächtige Befunde zutage, eine bereits ambulant durchgeführte Gastroskopie
war ebenfalls unauffällig. Wir empfahlen dem Patienten dringend, auch ambulant regelmäßige
Tumorkontrollen durchführen zu lassen. Eine wahrscheinliche Ursache der Erkrankung
liegt in dem deutlichen Übergewicht des Patienten, das ja auch mit einem leicht erhöhten
HbA1c von 6,1 % verknüpft war. Entsprechend sollte der Patient ambulante Maßnahmen
zur Gewichtsreduktion ergreifen.
Eine Beschreibung dieser Kombination der beiden Erkrankungen konnten wir trotz intensiver
Recherche nicht finden, sodass unser Patient eine Erstbeschreibung darstellt. Wir
sehen aber keinen inhaltlichen Zusammenhang zwischen beiden Erkrankungen.