Der Klinikarzt 2012; 41(03): 155
DOI: 10.1055/s-0032-1310353
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Seltene Gerinnungsstörungen – Trotz vieler Fortschritte noch immer eine große Herausforderung

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Publication Date:
23 March 2012 (online)

 
 

Bei der 56. Jahrestagung der Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung (GTH) in St. Gallen, Schweiz, plädierten die Experten für mehr Registerdaten zur Klärung offener Fragen bei seltenen Gerinnungsfaktor-Defekten. Mit epidemiologischen Daten, geeigneten Tests für Diagnostik und Monitoring sowie adäquaten Behandlungsoptionen könnte man den betroffenen Patienten noch besser gerecht werden.

Registerdaten können bei differenzierter Therapie helfen

In Europa leiden schätzungsweise 30 Millionen Menschen an einer seltenen Krankheit, darunter etwa 65 000 Patienten mit angeborenen Defekten der Blutgerinnung. Dazu zählen Defekte bei Fibrinogen, Faktor (F) II, FV, FV + FVIII, FVII, FX, FXI und FXIII. Diese seltenen Gerinnungsstörungen repräsentieren nur 3–5 % aller angeborenen Blutungserkrankungen, wie Dr. Flora Peyvandi, Mailand, Italien, erläuterte. Sie appellierte an ihre Kollegen, Behandlungsdaten zu diesen Erkrankungen im Register der EN-RBD (European Network of Rare Bleeding Disorders, www.enrbd.eu) zu sammeln. Solche Registerdaten können dazu beitragen, zwischen Patienten zu unterscheiden, die nur bei chirurgischen Eingriffen eine spezielle Behandlung benötigen, und solchen mit Risiko für schwerere spontane Blutungen, die eine prophylaktische Behandlung brauchen.

In der Diagnostik besteht laut Prof. Hans-Peter Kohler, Bern, Schweiz, allgemeiner Konsens, dass bei Verdacht auf eine Gerinnungsstörung zunächst Routinelaboruntersuchungen wie Thrombozytenzahl, Thromboplastinzeit (TPZ, Quick-Wert), aktivierte partielle Thromboplastinzeit (aPTT) und eine Fibrinogen-Bestimmung durchgeführt werden sollten. Im nächsten Schritt folgen differenziertere spezifische Untersuchungen, die Vorhandensein und Aktivität bestimmter Gerinnungsfaktoren messen. "Bei diesem etablierten und nach wie vor zweckmäßigen Vorgehen ist die Diagnostik seltener Gerinnungsstörungen im Allgemeinen eindeutig", so Kohler.


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FVII-Mangel: die häufigste der seltenen Gerinnungsstörungen

Der angeborene FVII-Mangel ist mit einer Prävalenz von 1:500000 die häufigste, autosomal-rezessiv vererbte seltene Gerinnungsstörung, wie Dr. Günter Auerswald, Bremen, erläuterte. Das klinische Bild reicht von asymptomatischen Fällen mit erhöhter Blutungsneigung nach chirurgischen Eingriffen und Verletzungen bis hin zu spontanen, schweren und sogar lebensbedrohlichen Blutungen. Bei Patienten mit leichter bis mittelschwerer Blutungsneigung treten zumeist Schleimhautblutungen auf, die meist mit Antifibrinolytika behandelt werden können. Therapieoptionen bei schwerer Blutungsneigung sind aus Plasma gewonnene FVII-Konzentrate, Prothrombin-Komplex-Konzentrate und rekombinanter aktivierter FVII.

Martina Freyer, München

Quelle: Symposium "Unmet needs in the management of rare bleeding disorders" im Rahmen der 56. Jahrestagung der Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung e.V. (GTH) am 2.2.2012 in St. Gallen. Veranstalter: Novo Nordisk


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