Pneumologie 2012; 66(04): 201
DOI: 10.1055/s-0032-1311734
Pneumo-Fokus
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Nikotinabusus – Lungenemphysem trotz normaler Spirometrie

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Publication Date:
11 April 2012 (online)

 
 

Mit einer immunologischen Methode kann bei Rauchern mit normaler klinischer Lungenfunktion eine latente Schädigung des pulmonal-kapillären Epithels belegt werden. Diese ist vermutlich mit dem beginnenden Emphysemumbau assoziiert. Der Nachweis entsprechender Zellfragmente im peripheren Blut gelang der Arbeitsgruppe um C. Gordon in New York.
Am J Respir Crit Care Med 2011; 184: 224–232

In der Literatur wird vermutet, dass bei Rauchern die Schädigung des pulmonalkapillären Epithels entscheidend zur Ausbildung des Lungenemphysems beiträgt. Da in der frühen Phase der Krankheit die Parameter der klinischen Lungenfunktion meist normal sind, fehlt bisher ein Indikator, der den beginnenden Emphysemumbau anzeigt. Mit immunologischen Verfahren ist es jetzt möglich, absterbende pulmonal-kapilläre Epithelzellen im peripheren Blut nachzuweisen. Dieser Parameter könnte sich als frühes Warnsignal für Lungenschädigung bei Rauchern eignen.

Mittels DLco-Wert werden Raucher differenziert

Die 60 rauchenden Studienteilnehmer (19–34 Packungsjahre) hatten keine pulmonale Erkrankung in der Anamnese. 32 lungengesunde Nichtraucher dienten als Kontrollgruppe. Die typische klinische Spirometrie war bei allen Studienteilnehmern, auch in der Rauchergruppe, unauffällig. Zusätzlich wurde mit der CO-Diffusionskapazität (DLco) ein aufwendiger Parameter erhoben, der einen Emphysemumbau objektiviert. Die Raucher wurden anhand des DLco-Werts in 2 Untergruppen differenziert: Raucher mit einem Ergebnis, das für einen beginnenden Emphysemumbau sprach und Raucher mit unauffälligem DLco-Wert. Immunologisch quantifizierten die Autoren bei allen Teilnehmern im peripheren Blut das Vorkommen von Partikeln aus absterbenden pulmonal-kapillären Epithelzellen. Die Partikelmessungen aus der Nichtrauchergruppe bildeten den Schwellenwert.


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Hinweis auf latente Schädigung der Lunge

Der entscheidende Befund der Studie war, dass bei 50 % der Raucher trotz unauffälligem DLco-Wert eine erhöhte Anzahl von Zellfragmenten aus dem pulmonal-kapillaren Gefäßbett vorlag. Ihr Wert korrelierte mit den Packungsjahren. Die Autoren werten dies als klaren Indikator einer latenten Schädigung der Lunge, die bisher nicht nachweisbar war. In der Gruppe der Raucher mit auffälligen DLco-Werten gelang bei 95 % der Nachweis vermehrter Zellfragmente im Blut. Die unerwartet hohe Rate der Raucher mit pulmonal-kapillärer Schädigung ohne sonstigen Befund interpretieren die Studienautoren als Hinweis darauf, dass die abususbedingte Alterierung der Lunge schon wesentlich früher einsetzt, als bisher vermutet wird.

Fazit

Bei Rauchern beginnt bereits in der Frühphase des Abusus, trotz normaler Spirometrie und unauffälligem DLco-Wert, der Emphysemumbau der Lunge. Der Nachweis der hierfür typischen Zellfragmente im peripheren Blut könnte sich, so die Autoren, als wichtiger präventiver Laborparameter etablieren. Er könnte ein frühes Warnsignal für Raucher sein, das sie für die Schädigung ihrer Lunge sensibilisiert und entsprechende medizinische Interventionsmaßnahmen besser begründet.

Dr. Horst Gross, Berlin


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