Diabetes aktuell 2012; 10(02): 90
DOI: 10.1055/s-0032-1313298
Forum der Industrie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

1. DiaTec-Kongress für die "Medical Community Germany" – Bessere Lebensqualität durch moderne Diabetes-Technologien

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Publication Date:
03 May 2012 (online)

 

Bei kaum einer anderen Erkrankung spielt die Integration von Technik in das therapeutische Konzept eine so große Rolle wie beim Diabetes. Um die Stoffwechselkontrolle zu optimieren und damit den Alltag des Patienten sicherer zu machen, wird viel in Diabetes-Technologie investiert. Sind jedoch alle technischen Innovationen sinnvoll? Wer trägt die Kosten? Die kritische Auseinandersetzung mit diesen und vielen anderen Fragen zum Thema Diabetes-Technologie war der Ansatz für den 1. DiaTec-Kongress in Berlin.

Das neue Fortbildungsformat soll allen am Diabetes-Management Beteiligten den praktischen Einsatz von Diabetes-Technologie näherbringen. Außerdem wurde versucht, für Diabetiker, Ärzte, Kassen, Verbände und gesundheitspolitische Kritiker einen gemeinsamen Nenner bei kontroversen Fragen zu finden. Ein wichtiges Anliegen der DiaTec-Veranstalter war, den intensiven Erfahrungsaustausch aller Teilnehmer zu ermöglichen – als Grundstein für den Aufbau einer "Medical Community Germany". Gleichzeitig sollte eine offene und kritische Kosten-Nutzen-Abwägung beim Umgang mit den technischen Optionen angeregt werden.

"Technische Heilung" in Sicht?

Insbesondere für Typ-1-Diabetiker, die bei Diagnose fast immer sehr jung sind, ist es eine tägliche Herausforderung, die chronische Erkrankung in ihr Leben zu integrieren. Das heißt, in der Ausbildung, im Berufsalltag, beim Sport und in der Freizeit mit dem Diabetes umzugehen. Moderne Diabetes-Technologie trägt mittlerweile erheblich dazu bei, den Patienten diesen Umgang zu erleichtern und ihnen ein sicheres und aktives Leben zu ermöglichen. Es geht dabei vorrangig darum, die Störung der Energieregulation im Körper des Diabetikers auszugleichen, d. h. krisenhafte Entgleisungen des Blutzuckers zu vermeiden, wie Prof. Dr. Morten Schütt, Lübeck, erläuterte. Der Möglichkeiten gibt es viele: Von der täglichen Blutzuckermessung über die kontinuierliche Aufzeichnung der gemessenen Werte, die Nutzung von Insulinpens und -pumpen bis hin zur Internetkommunikation zwischen Patient und Arzt. Die Vision ist, in absehbarer Zeit durch die Kombination von kontinuierlicher Glukosemessung (CGM) mit einer Insulinpumpe die "technische Heilung" bei Diabetes zu erreichen.

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(Bild: LifeScan)

Beim praktischen Einsatz der vielfältigen technologischen Optionen, d. h. vor allem auch beim Daten-Management, bestehe aber durchaus noch Informations- und Kommunikationsbedarf, konstatierte Prof. Dr. Lutz Heinemann, Tagungsleiter und Initiator des erstmalig in Deutschland durchgeführten Kongresses.

"Seit die kontinuierliche Glukosemessung zur Verfügung steht, hat diese eine neue Qualität und Quantität an Messwerten gebracht und allein die schiere Masse an anfallenden Daten ruft nach adäquater Hilfe bei der Datenbewertung", so Dr. Matthias Kaltheuner, Leverkusen, Vertreter der diabetologischen Schwerpunktpraxen.

Neben der Diskussion zum Daten-Management wurde die Differenzierung der verschiedenen CGM-Systeme und der gezielte Einsatz bei unterschiedlichen Patientengruppen ebenso erörtert wie die Möglichkeiten der Optimierung der Patientenbetreuung anhand von CGM-Profilen, die Bedeutung von Bolus-Kalkulatoren in Insulinpumpen/Blutzuckermessgeräten und die A-/B-Klassifikation bei den Blutzuckermessgeräten. Außerdem wurden intelligente Insulin-Applikationsmethoden wie innovative Pens, Pumpen und Patchpumps vorgestellt. Bezüglich neuer Entwicklungen und des Einsatzspektrums verschiedener Technologien immer auf dem Laufenden zu sein ist für Therapeuten essenziell. Denn das Wissen darum ist die Voraussetzung dafür, um den Patienten individuell zu schulen und die richtigen Argumente bei den Kostenträgern parat zu haben.

"Wie bekommen wir es gemeinsam hin, unsere Patienten so zu schulen, dass der sinnvolle Einsatz der Diabetes-Technologie die Physiologie der gesunden Bauchspeicheldrüse optimal imitiert", formulierte Ulrike Thurm, Vertreterin der Schulungsberufe, Berlin, die zentrale Frage für die Diabetes-Betreuer. Es gehe beispielsweise darum, das Prinzip der Insulinpumpentherapie zu erläutern, um es dafür zu nutzen, die Wünsche der Patienten zu realisieren. Jeder Patient sollte das Recht und die Möglichkeit haben, moderne Therapieformen kennen zu lernen und die Diabetes-Technologie bedarfsgerecht zu nutzen. "Die kontinuierliche Glukosemessung hat die Diabetes-Therapie revolutioniert, denn niemals zuvor war es Diabetikern möglich, das eigene Stoffwechsel-Geschehen in ihrem Alltag hautnah zu verfolgen und die Therapie systematisch anzupassen", so Thurm.


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Segeln statt "Achterbahn fahren"

Die Stabilität der Blutzuckerwerte wird insbesondere bei Typ-1-Diabetikern durch diverse alltägliche Faktoren attackiert. Neben körperlicher Aktivität, Nahrungsaufnahme, Stress, Schichtdienst und Folgeerkrankungen, spielt vor allem die "Steuerbarkeit" der Insulinwirkung eine große Rolle. Die Herausforderung der modernen Diabetes-Therapie besteht im bestmöglichen Schutz vor "Achterbahnfahrten" des Stoffwechsels, so Schütt. Dazu gehören Messsysteme, die vorausschauend Höhen und Tiefen des Blutzuckers erkennen, um den Betroffenen frühzeitig zu warnen. Dass es möglich ist, nicht nur alltägliche, sondern ausgerüstet mit der richtigen Diabetes-Technologie auch Extremsituationen zu meistern, bewies Bastian Hauck, 33, der seit 14 Jahren Typ-1-Diabetes hat und 2010 das Kap Hoorn umrundete und von Neuseeland über den Südpazifik und Atlantik zurück nach Hamburg segelte – ohne eine einzige Unterzuckerung. "Ich möchte anderen Betroffenen Mut machen und beweisen, dass es sich auch mit Diabetes frei und unabhängig leben – und segeln! – lässt", so Hauck.

Elke Klug, Berlin

Quelle: Pressekonferenz "Die Bedeutung von Technologie in der modernen Diabetes-Therapie" im Rahmen des 1. DiaTec-Kongresses in Deutschland, 23. März 2012 in Berlin


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(Bild: LifeScan)