manuelletherapie 2012; 16(02): 56-57
DOI: 10.1055/s-0032-1314421
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Leserbriefantwort

Markus Erhard
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Publication Date:
23 May 2012 (online)

Leserbriefantwort

Seit ich 2006 das Anatomy Trains Konzept von Thomas Myers kennengelernt habe, beschäftige ich mich sehr intensiv mit Faszien und der Entwicklung myofaszialer Therapiekonzepte. In den letzten Jahren wurde immer mehr Forschung über Faszien betrieben, deren Ergebnisse deutlich darstellen, dass sie eine viel bedeutendere Rolle spielen als früher vermutet wurde.

Faszien sind für mich ein Schlüsselbaustein für die Physiotherapie und Manuelle Therapie bzw. Therapie an sich, um sehr effektiv Schmerzen zu lindern, die Körperhaltung, Bewegung, Kraftübertragung und Propriozeption zu verbessern, Dysfunktionen zu beseitigen und die sportliche Leistung zu steigern. Durch die neueren Ergebnisse der Faszien-Forschung vermutete ich damals, dass es für einen ausreichenden Einfluss und eine effektive Wirkung auf die Myofaszien anderer Techniken und Vorgehensweisen bedarf als die bekannten Techniken aus dem Kinesiologischen Taping, welche wir schon lange zuvor in Weiterbildungskursen geschult hatten. Dies motivierte mich, die Taping-Techniken so zu verändern, dass die lokalen und globalen Aspekte der Faszie – d. h. die verschiedenen Rezeptoren sowie mechanischen und elastischen Eigenschaften der Faszie – differenziert beeinflusst werden und dadurch therapeutisch als auch präventiv behandeln zu können. Durch den Fokus auf die Eigenschaften der Myofaszie und ihrem Netzwerk entstand der Name Myofasziales Taping .

Verwendet wird zwar ein ähnliches Tape, viel wichtiger ist jedoch zu wissen, dass sich Myofasziales Taping bezüglich Ansatz, Philosophie, Wirkungsmechanismen und letztlich den Taping-Techniken und deren Effekten grundsätzlich vom Kinesio-Taping bzw. kinesiologischen Taping und deren Ableger unterscheidet, auch wenn dies auf den ersten Blick nicht erkennbar ist.

Die Metaanalyse aus der Sports Medicine [7] zur Effektivität von Kinesio-Taping bei Sportverletzungen als Argument anzuführen, zeigt auf, dass es nicht sehr viele Studien gibt, die bisherigen Fallstudien und Erfahrungswerte aber weitere Studien rechtfertigen würden. Diese sollten jedoch – und da stimme ich hundertprozentig zu – gut durchdacht und durchgeführt sein, um sichergehen zu können, dass sie auch von therapeutischem Nutzen sind und nicht nur Mittel, um etwas zu vermarkten.

Genau an dieser Stelle möchte ich den Profi-Tipp rechtfertigen. Seit mehreren Jahren arbeiten wir mit Leuten aus der Faszien-Forschung zusammen, die ebenso wie wir, die Physio Training Academy , Pionierarbeit leisten.

Die Literaturangabe beinhaltet nur ein Manuskript (von mehreren), die wir für die Ausbildung in Myofaszialem Taping verwenden. In verschiedenen Master-, Bachelor- und Diplomarbeiten wurde diverse Taping-Techniken jedoch schon empirisch und auch mit sehr vielen positiven bzw. signifikanten und hoch signifikanten Ergebnissen untersucht [1], [2], [3], [4], [5], [6].

Dieser Leserbrief gab mir den Anlass, einen neuen Überblick über unsere Forschungsarbeit zu schaffen. In den letzten 5 Jahren habe ich persönlich 20 mittlerweile abgeschlossene Studien betreut. Unter diesen waren 3 Master-, 3 Bachelor- und 4 Diplomarbeiten, die von den Professoren ausnahmslos mit gut bis sehr gut bewertet wurden. Die restlichen 10 Studien sind Pilotstudien, die uns zum Großteil zu „großen“ Studien motivieren.

Die stetig steigende Anzahl von Studien und die sehr positiven Ergebnisse des Myofaszialen Tapings aus therapeutischer, präventiver und auch sportlicher Sicht, haben uns dazu bewegt, wissenschaftliche Mitarbeiter einzustellen, die eine Forschungsabteilung bilden. Aktuell betreuen wir 29 Studien, davon 6 Bachelor-, 3 Diplom- und 1 Doktorarbeit sowie 19 Pilotstudien. Mit dem Wissen aus diesen bald veröffentlichten Studien und Forschungsarbeiten kann der Thieme Verlag diese Rubrik meiner Meinung nach sehr gut verantworten.

Wir sind nun in der Bringschuld, und ich freue mich sehr, unsere Studien bald zu publizieren, um die Forschung und Pionierarbeit der Myofaszialen-Taping-Methode zugänglich zu machen und mit empirischen Ergebnissen zu untermauern.

 
  • Literatur

  • 1 Bauer R. Kann myofasziales Taping die Sprintleistung verbessern?. (unveröffentl.)
  • 2 Braun J. Schmerzlinderung bei Patienten mit subacromialem Impingement-Syndrom durch Myofasziales Taping. (unveröffentl.)
  • 3 Egly L. Erhöhung der isometrischen Maximalkraft durch Myofasziales Taping. (unveröffentl.)
  • 4 Erhard M. Verbesserung der Propriozeption und des Gleichgewichts durch Myofasziales Taping. (unveröffentl.)
  • 5 Friedrich M. Wirkung von Myofaszialem Taping auf die isometrische Maximalkraft des Rückens (LWS). (unveröffentl.)
  • 6 Rieflin R. Analyse kinematischer Parameter beim Schlagwurf – Eine Untersuchung zur Auswirkung von Myofaszialem Taping auf die Wurfgeschwindigkeit. (unveröffentl.)
  • 7 Williams S, Whatman C, Hume PA et al. Kinesio taping in treatment and prevention of sports injuries: a meta-analysis of the evidence for its effectiveness. Sports Med 2012; 42: 153-164